Von Flammen verzehrt
nicht – außer ein Rubinpfeil durchbohrt uns. Frauen, die nicht bluten …“
„Ahhh, okay, ich verstehe“, unterbrach Fay seinen Versuch, ihr die Fruchtbarkeit der Frau zu erklären, als Cruz mit einem Mal eine Vollbremsung hinlegte.
„Verdammt! Cruz! Was soll das? Warum hältst du an?“, rief Julien und rieb sich den Kopf, den er sich bei dem Manöver gestoßen hatte.
Cruz drehte sich zu ihnen um und hob wie ein Lehrer den Zeigefinger.
„Als wir Alessa befreit hatten, trafen wir mit Marzia so etwas wie ein Abkommen. Wir versprachen, die Wahrheit und das Geheimnis der Kirche zu hüten, solange sie keinen weiteren Krieg im Namen des Glaubens führen würde. Dafür versprach sie uns Alessas Sicherheit, bestand aber darauf, Gabriels Tochter müsse in Rom bleiben … als Faustpfand sozusagen. Erinnerst du dich noch, Julien, als Alessa sagte, das sei für sie in Ordnung, denn die anderen Seherinnen blieben ja auch für immer in Rom?“
Julien rieb sich die Schläfen.
„Richtig! Sie meinte aber doch keine wirklichen Personen, sondern die Sibyllen in der Sixtinischen Kapelle.“
„Guter Gott, wovon zum Teufel sprecht ihr jetzt wieder?“, rief Fay fassungslos.
Julien stieg aus dem Auto und zog sie hinter sich her.
„Cruz hat recht! Die Sibyllen waren Prophetinnen … Seherinnen, genau wie Alessa. Vielleicht könnte man sie daher als ihre Schwestern bezeichnen. Und wir vermuten, dass sie alle aus der Blutlinie von Unsterblichen stammen. Sieben von ihnen hat Michelangelo im Deckenfresko der Sixtinischen Kapelle verewigt! – Ich glaube, wir müssen doch nicht zu Alessa, sondern dorthin.“
„ Das Wort ihrer Schwestern … denkst du, wir finden es in der Kapelle?“
Julien nickte und küsste Fay auf die Lippen. Er fuhr ihr durchs Haar, und es fühlte sich an, als verleihe ihm dieser Moment der Zweisamkeit neue Kraft.
„Das müssen wir, denn uns läuft die Zeit davon!“, murmelte er und sah ihr in die Augen.
„Kannst du so weit laufen? Mit dem Auto brauchen wir zu lange. Außerdem will ich, dass Cruz zu Alessa fährt, für den Fall, dass wir einer falschen Spur folgen.“
Sie nickte. Obwohl Cruz ihnen vom Wagen aus zusah, küsste er sie erneut.
„Dann los!“
Fay beeilte sich, mit Julien Schritt zu halten. Ihre Schussverletzung war zwar dabei, gut zu verheilen, aber jede Bewegung fühlte sich an, als stieße ihr jemand ein Messer in die Rippen. Die Sonne brannte auf ihre Schultern, das Shirt unter ihrer Bluse klebte ihr feucht am Rücken, und sie begann, sich den verregneten Pariser Sommer herbeizusehnen. Die Luft, die sie atmete, war warm und feucht und schien kaum Sauerstoff zu enthalten. Je näher sie dem Petersplatz kamen, umso mehr Touristen drängten sich auf den Gehwegen und Straßen und behinderten die beiden in ihrem Vorankommen.
„Julien!“, keuchte Fay. „Warte, ich kann nicht so schnell!“
Ihre Seite stach bei jedem Atemzug, und ihre Raucherlunge schien zu bersten.
„Wir sind gleich da“, versuchte er, sie zu beruhigen und fasste nach ihrer Hand, während er sie schnellen Schrittes weiterzog. „Es ist nicht mehr weit.“
„Ich halte dich nur auf! Du hättest mich bei Cruz lassen sollen, denn ich werd dir ohnehin keine Hilfe sein. Ich kann doch dieses beschissene Rätsel nicht lösen ... ich kenn mich mit diesem Sibyllen-Zeug nicht aus.“
Julien drehte sich zu ihr um und fasste sie an den Schultern. Sein Blick war ernst, als er ihr in die Augen sah.
„Du hältst mich nicht auf, Fay! Ich könnte keinen klaren Gedanken fassen, wenn du nicht an meiner Seite wärst, denn die Sorge, dir könnte etwas zustoßen, würde mich lähmen. In all den Jahrhunderten, Fay, habe ich noch nie einen Kampf allein ausgetragen. Meine Männer – und allen voran Gabriel – waren immer an meiner Seite. Dass du heute bei mir bist, macht es für mich weniger schmerzhaft. Ich …“
Er schüttelte den Kopf, und Fay ahnte seine innere Zerrissenheit.
„Du bist wundervoll, Fay, und ich wünschte … ich wünschte, die Dinge zwischen uns könnten anders sein.“
Er fuhr ihr mit der Hand in den Nacken und zog sie zu einem Kuss zu sich heran. Sein Daumen streichelte ihr Kinn, und seine Bartstoppeln kratzten angenehm auf ihrer Haut. Zögernd löste er seine Lippen von ihren, und wieder bemerkte Fay, dass ihm der Abstand zu ihr nicht leicht fiel. Bedauern lag in seinem Blick, als er zurücktrat und an den Säulen des Peterplatzes vorbei zeigte.
„Wir müssen dort entlang.“
Fay schluckte ihre
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