Von jetzt auf gleich
Late-Night-Coffee mit mir zu treffen.
Meine Beziehung zu Kaffee war wie keine andere. Genau wie meine Beziehung zu Todd. Beide pushten mich auf, wenn ich down war, halfen mir weiterzumachen, wenn ich mich antriebslos fühlte, und sorgten dafür, dass ich permanent pinkeln musste. Einen Freund zu haben, der einen ständig zum Lachen bringt, hat also auch eine Kehrseite. Todd hat sich prima entwickelt. Er war dünn, aber nicht so klapperdürr. Mehr einer von diesen coolen Dünnen. Er lief in T-Shirts von Bands herum, von denen normale Menschen noch nie etwas gehört hatten, in Jeans und Turnschuhen. Er arbeitete als Graphikdesigner in einer anderen Werbeagentur, und auch wenn seine eine richtige Agentur war, die nicht mit Bekloppten bevölkert war, stimmte er mit ein, wenn ich mich über den Scheiß beschwerte, mit dem ich mich rumschlagen musste.
Als wir überlegten, wo wir uns treffen sollten, bemerkte ich, wie eine große Kakerlake hochdreist an meiner Wand hochkrabbelte. Ich erkannte sie. Ich hatte sie vorher schon gesehen und sie nach einer Schnellstraße hier in New York ›Major Deegan‹ genannt. Major Deegan hielt kurz an, als sie mich sah, und wir starrten uns an. Eine mexikanische Pattsituation mit ›La Cucaracha‹. Ich und die Schabe. Jede von uns forderte ihr rechtmäßiges Territorium ein.
Das war schließlich New York, und jeder weiß, dass ein Appartement für unter 1200 Dollar in New York Kakerlaken enthält. In jedem anderen Teil dieses Landes würde man für 1200 Dollar ein nettes, ordentliches Plätzchen mieten können. In New York bekommt man dafür ein schuhkartongroßes Appartement mit Dutzenden von sechsbeinigen Zimmergenossen, die sich nicht an der Miete beteiligen, sich aber trotzdem die Freiheit herausnehmen, überall ihren Shit zu hinterlassen.
Ich war so auf die Kakerlake fixiert, dass ich gar nicht mehr hörte, wie Todd mit mir sprach. Schließlich wurde der Kakerlake langweilig, und sie setzte ihren Weg die Wand hoch fort. Ich kehrte wieder zu unserer Konversation zurück, während der wir uns darauf einigten, uns bei Cozy’s Soup ’n Burger zu treffen.
»Bis in fünfzehn Minuten«, sagte er. Ich zog ein trockenes Sweatshirt an, stürzte aus der Tür und wusste sehr genau, dass ich mich wesentlich besser fühlen würde, wenn ich mich vor Todd erst einmal ausgeheult hätte. Und Major Deegan würde glücklich sein, die Wohnung für sich alleine zu haben.
Auf meinem Weg zu unserem Treffpunkt kam ich an meiner poetischen Gammlerin vorbei, und sie hielt an, um mich von oben bis unten anzusehen. Dann sagte sie: »Now there is trouble, bussin’ from outer state …«, sie riss den Kopf hoch und schaute mich mit einem Auge an.
»And the D.A. can’t get no relief«, antwortete ich, beide Augen auf sie gerichtet und den Kopf ein wenig geneigt. Sie akzeptierte meine Antwort mit etwas, das aussah wie ein listiges Augenzwinkern, sich aber letztendlich als ein beginnendes Niesen herausstellte. Springsteen. Ich konnte mir das nicht entgehen lassen. Als wir beide in unsere jeweilige Richtung weitergingen, fragte ich mich, ob sie dauernd an mich dachte und versuchte, sich ein Zitat einfallen zu lassen, mit dem sie mich überrumpeln konnte.
Als ich bei Cozy’s, unserem Lieblings-24-Stunden-Imbiss ankam, saß Todd schon an unserem Tisch und hatte uns jedem einen Kaffee und ein Stück Kuchen besorgt. Todd war der perfekte schwule beste Freund, abgesehen davon, dass er nicht schwul war. Tatsächlich hatte er mehr Miezen als irgendein Typ, den ich kannte – all die schürzenjagenden Gesetzes-Kumpel von Dirk eingeschlossen. Es gab etwas an Todd, das einen an Woody Allen erinnerte – allerdings nur was seine Neurosen und seine Brillanz anging, nicht das Aussehen. Er hatte das angesagt-coole Etwas, auf das die Frauen in New York abzufahren schienen.
Todd hasste Dirk.
»Du musst, musst, musst aufhören, dich mit ihm zu treffen«, redete er auf mich ein.
»So schlecht ist er auch wieder nicht.«
»Nein, du hast recht.« Wir beide wussten, dass er recht hatte und dass ich mit Dirk Schluss machen musste und dass ich nicht den Mut dazu hatte.
»Er hat deinen Geburtstag vergessen«, begann er.
»Ich hasse Geburtstage sowieso.«
»Niemand hasst Geburtstage«, sagte er abschätzig. »Leute hassen es, älter zu werden, aber sie lieben Geburtstage.«
»Nein, ich hasse Geburtstage wirklich«, konterte ich standhaft.
Das stimmte. Es begann an meinem sechsten Geburtstag, als ich mir sicher war,
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