Von jetzt auf gleich
-Kampagne«, strahlte ich.
Die Unterbrechung brachte sie ein bisschen durcheinander, aber trotz ihres coolen Äußeren konnte ich sehen, dass sie innerlich aufgeregt war. Das erkannte ich daran, dass sie demjenigen, mit dem sie gerade telefonierte, sagte, sie würde zurückrufen. Sie hatte noch nie ein Telefongespräch meinetwegen beendet. Sie verhielt sich genervt und verärgert, aber ich wusste, sie war so ungeduldig wie eine Jungfrau beim Abschlussball, mein Konzept zu hören.
»Was hast du?«
Das war meine Chance. Ich war im Begriff, sie mit meinen Ideen zu begeistern, und würde endlich anfangen können, Werbetexte zu schreiben. Ich würde eine brillante Werbetexterin sein. Ich atmete tief durch.
»Okay, ich habe ein paar Ideen … einige für dieselbe Variante. Ein Sitzungssaal mit einem Haufen Kinder in Erwachsenenklamotten, die sich über Marketingstrategien unterhalten. Das ist ein niedliches Bild und spricht für sich selbst. Dann sagt die Stimme aus dem Off: ›Bei KidCo ist Ihr Fünfjähriger der Boss.‹«
Lydia saß nur da und schaute mich an. Sie warf den Kopf zurück. Ich fragte mich, was wohl in ihrem Kopf vorging. Sie gab mir keinerlei Hinweis, also stellte ich ihr meine nächste Idee vor.
»Okay, visueller Effekt: Ein Kind malt ein fallendes Kind, das sich in ein echtes Kind verwandelt, das in ein Bällebad fällt. Die aufspritzenden Bälle landen in den Händen eines Jongleurs, dessen Füße sich in die Füße eines neuen Kindes verwandeln, das mit einem Lehrer tanzt. Der zeigt auf etwas im Hintergrund, das sich in eine Tafel verwandelt, an der ein Kind Aufgaben löst, dann klatschend in einen Kreis mit anderen singenden Kindern tritt und anfängt zu lachen. Und die Offstimme: ›Kommt zum Lernen. Kommt zum Spielen. Kommt heute.‹«
Sie reagierte noch immer nicht, aber sie machte sich Notizen.
»Mach weiter«, sagte sie.
»Ein Entwurf für eine Broadway-Show: Aus der Dunkelheit eines Zuschauerraums heraus schauen wir auf die Kandidaten auf der Bühne – KidCo-Animateure, Lehrer und Helfer. Wir hören die Stimme eines Kindes: ›Okay. Was ich über Kunst gesehen habe, fand ich toll; der Tanzunterricht: hervorragend; Turnen sehr gut; Musik, Sprachen, Lesen, Snack-Time – ihr seid alle definitiv dabei.‹ Und am Ende der Reihe sehen wir einen Pechvogel in einem Anzug mit hängenden Schultern. Die Stimme flötet wieder: ›Oh, Langeweile? Danke, dass du gekommen bist. Wir rufen dich an.‹ Und dann der Kommentar: ›KidCo. Tägliche Matineen. Viel Spaß bei der Vorstellung.‹«
Lydia schrieb sich noch etwas auf. Ich konnte nicht ganz einschätzen, wie sie es fand, aber da sie sich Notizen machte, musste ich annehmen, dass ihr meine Ideen wenigstens ein bisschen gefielen. Ich machte also weiter.
»Jetzt eine neue optische Idee: Stell dir ein Fließband mit großen Kartons vor. In jedem der vorbeikommenden Kartons sitzt ein Kind. Die Stimme sagt: ›Bei KidCo machen wir keine Kinder …‹ Und dann wechselt das Bild und man sieht ein Kind, das eine Rutsche herunterrutscht und in einem Bad aus bunten Bällen landet. ›Wir machen Kinder nur glücklich.‹«
Da lachte Lydia – möglicherweise seit Wochen – zum ersten Mal. Ich dachte natürlich, das wäre ein Zeichen dafür, dass sie meine Ideen mochte. Dass sie mich mochte! Ich wäre fast geplatzt. Aber dann wurde ihr Lachen spöttisch. Fast mitleidig.
»Gut«, sagte sie, »es ist gut, dass du aktiv bist. Es ist vermutlich zu spät für deine Vorschläge, aber wir werden sehen … Frickel ruhig weiter rum, man weiß ja nie …«
»Okay.« Ich stand da und war irgendwie verstört.
»Du kannst jetzt gehen.«
Sie hatte mich abgelehnt. Aber das war in Ordnung, weil ich tief in meinem Inneren wusste, dass sie beeindruckt war. Das musste der Beginn meiner neuen Karriere sein.
***
Nach der Arbeit traf ich Cat im Fitnessstudio für unsere zweimal wöchentlich stattfindende Tortur auf dem Laufband. Da Cat eine viel bessere Kondition hatte als ich, war es aus Motivationsgründen nur gut, dass sie neben mir lief. Cat war meine älteste Freundin. Sie war viel mehr meine Schwester, als meine Schwester es war. Das ist allerdings auch nicht schwer, wenn man eine Schwester hat, die einem den Finger in heißes Wasser steckt, nur damit man ins Bett pinkelt. Ich erzählte Cat, was sich heute auf der Arbeit abgespielt hatte.
»Das ist stark! Ich sehe eine Beförderung in der nahen Zukunft.«
»Glaubst du?«
»Ja sicher! Das sind richtig
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