Von jetzt auf gleich
gute Ideen. Es wird in deinem Leben einige dicke Veränderungen geben. Das fühle ich.«
Cat konnte immer ›Dinge fühlen‹. Sie ›sah‹ auch Dinge. Nicht irgendwelche Dinge in der Zukunft, sondern Dinge, die nicht da waren. Leute, um etwas präziser zu sein. Cat sah ungefähr fünfmal am Tag Filmstars und TV -Persönlichkeiten. Wir gingen die Straße entlang, und sie bestand darauf, dass wir gerade an Jon Bon Jovi vorbeigegangen waren.
»Das war eine Frau«, sagte ich.
»Oh.«
So aufgeregt sie auch über diese Entdeckungen war, so spielend wurde sie damit fertig, wenn ich ihr mitteilte, dass es nicht Elvis gewesen sein konnte, der uns über den Weg gelaufen war. Ich weiß nicht, warum sie so verzweifelt versuchte, Prominente auszumachen, vielleicht war es so eine Art Gegenmittel zu ihrem Beruf als Therapeutin, in dem sie sich ständig mit den irdischen Problemen ihrer Patienten beschäftigte. Cat und ihr Ehemann Billy hatten ein reizendes Appartement in Soho. Beruflich war sie ein Wunder mit dem Spezialgebiet angewandte Psychologie und einem Büro im Erdgeschoss ihres Hauses.
»Nicht schlappmachen«, sagte Cat, während sie ihr Tempo auf dem Laufband auf 7,5 steigerte, eine Geschwindigkeit, von der ich nur in Fitness-Magazinen gelesen hatte.
»Wenn ich befördert werde, kann ich dann mit dem Fitnesstraining aufhören?«
»Nein«, feuerte sie mich an, »du wirst dadurch gestärkt.«
Ich wurde auf meinem Laufband langsamer.
»Mach das nicht«, warnte Cat. »Lass uns ein Rollenspiel machen, das wird lustig.«
»Oh nein«, sagte ich, »bitte kein Psychodrama, nein, nein, nein.«
Sie war eine großartige Lehrerin, aber ich war ein schrecklicher Schüler. Auch wenn sie noch so professionell vorging, war ich nicht in der Lage, jemand anderes zu sein, ohne dass es mir total peinlich gewesen wäre. Zum einen, weil es Cat war und wir uns in- und auswendig kannten. Zum anderen, weil ich einfach nicht aus mir herauskonnte. Offenbar war ich dazu bestimmt, als Jordan Landau durchs Leben zu stolpern, die unfähig war, mehr aus sich zu machen.
»Sie werden dich befördern. Du bist vertrauenswürdig und erfolgreich …«, setzte sie fort.
»Fünf Komma zwei«, sagte ich, als ich weiter verlangsamte. »Vier eins. Drei sieben.«
»Alles okay, Jordy?«
»Keine Rollenspiel-Übung, überhaupt keine praktischen Übungen mehr – allerdings … ich werde von meinem Recht Gebrauch machen, zu gehen, um mir ein paar Ben & Jerry’s zu holen.«
Cat sah enttäuscht aus. Aber irgendwie schaffte ich es. Ich hatte es verdient.
Das war keine Mitleids-Eiscreme … das war Fest-Eiscreme. Ich hatte diese Spur eines Lächelns auf Lydias bösem Gesicht gesehen, auch wenn sie mich siebzehn Sekunden später abgebürstet hatte. Ich wusste, dass ihr diese Ideen gefallen hatten. Ich hatte also einen kleinen Sieg im Job errungen. Das war Sieges-Eiscreme!
Als ich rauskam, sah ich Cat durchs Fenster und sie sah mich. Sie beobachtete mich, wie ich vergeblich versuchte, ein Taxi heranzuwinken. Und als ich gerade eins hatte, das aufblinkte, um mir zu signalisieren, dass es frei war, rannte ein Mädchen an mir vorbei und schnappte es mir vor der Nase weg. Cat und mich verband eine lange Geschichte von Taxi-Debakeln, und ich konnte fühlen, wie sie sich wünschte, dass ich es mir zurückeroberte, um durchsetzungsfähiger zu werden. Es war aber nicht meine Art zurückzuschlagen, wenn jemand mir ein Taxi stahl. Zum einen wegen meiner eingestandenen Abneigung gegen Auseinandersetzungen; der andere Grund war, dass das Leben zu kurz ist, um sich über solche Dinge aufzuregen. Leute wollen dir ein Taxi klauen, und wenn das alles ist, dann kannst du dich glücklich schätzen.
Ich beschloss, meine Zeit nicht damit zu verschwenden, ein Taxi zu rufen, also nahm ich den M15-Bus, der die St. Marks hinunterfuhr, und stieg an dem Feinkostladen am Astor Place aus, um ihr Eis-Angebot genau unter die Lupe zu nehmen, das echt mangelhaft war. Ich schwankte zwischen Brownie Batter, das ist Schokolade mit Brownie-Stückchen, und guter alter purer Vanille. Was ich wirklich wollte, war Vanille mit den Brownie-Stückchen drin. Die Schokolade mit der Schokolade war zu viel. Vanille mit Brownies wäre einfach perfekt gewesen.
Ich schrieb eines Tages sogar einen Brief an Ben & Jerry’s, in dem ich vorschlug, diese Sorte herzustellen. Kostenlos. Ich wollte keine Tantiemen, keine Belohnung oder sonst was. Es wäre für mich Belohnung genug gewesen, wenn meine Sorte
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