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Von jetzt auf gleich

Von jetzt auf gleich

Titel: Von jetzt auf gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caprice Crane
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Tisch für morgen Abend mitgebracht.« Morgen Abend? Dann erinnerte ich mich. Es war Thanksgiving.
    »Klopf, klopf«, sagte Dirk und steckte seinen Kopf in den Raum. »Deine Mom hat mich hereingelassen.«
    »Dirk«, sagte Sam. »Schön. Auch mal wieder auf Long Island?«
    »Ich wollte nach J. sehen«, sagte er. Er hatte mich nie J. genannt.
    »Danke, D.«, sagte ich mit einem breiten Grinsen. Er drehte sein Gesicht fast unmerklich – wenn er anfängt, neue Spitznamen zu erfinden, tue ich das auch.
    »Ich nehme an, dass ich am Truthahn-Tag bei meiner Familie bin, da wollte ich vor dem ganzen Trubel nochmal vorbeikommen«, sagte er. »Erinnerst du dich schon an irgendwas?«
    Ich blickte auf und sah, dass er seine Aufmerksamkeit wieder dem Fernseher gewidmet hatte, bevor ich überhaupt antworten konnte. Um genau zu sein, galt sein Interesse der
Xbox
.
    Sam hatte das auch bemerkt. »Lust auf ’ne Runde?«, sagte sie zu Dirk. Der saß bereits auf dem Boden, die Beine gekreuzt und die Fernbedienung in der Hand, bevor er antwortete.
    »Au, ja!«, sagte er.
    »Nein«, sagte ich, obwohl mir niemand zuhörte. »Ich habe meine Erinnerung nicht zurück.«
    Dirk konzentrierte sich intensiv auf das Spiel. »Was?«, fragte er nach ein paar Sekunden.
    »Ich habe gesagt, dass du genau wie Zack aussiehst«, sagte ich, »der acht Jahre alte Junge von der Straße, der mit Sam immer
Xbox
spielt.« Warum war er überhaupt gekommen? Sam kicherte, und Dirk ließ sich eine Sekunde von seinem Joystick ablenken, um sie anzulächeln. Großartig – die zwei waren ein reizendes Paar, sie verdienten sich gegenseitig.

13. Thanksgiving schneit herein
    Am nächsten Morgen ging ich hinunter und sah meine Mutter, die schon schwer im Stress war und die arme Carmelita herumkommandierte.
    »Kann ich helfen?«, fragte ich.
    »Nein, das wünsche ich nicht …«, antwortete meine Mom.
    »Nun? Das musst du nicht wünschen. Ich bin hier, um zu helfen. Ich möchte helfen.«
    »Ich weiß, dass du das willst, Süße. Aber – wenn du vielleicht einfach aus dem Weg gehst. Ich sage dir was, gehe in den Keller und hole mir eine neue Flasche Wein, genau wie diese hier«, sagte sie und drückte mir eine Flasche in die Hand.
    »Okay, aber ich würde wirklich gerne beim Kochen helfen«, sagte ich.
    »Du kochst nicht, Jordan.« Das stimmte nicht. Ich konnte kochen. Ich
kochte
. Aber meine Mutter war so ein Kontrollfreak, sie würde mich nichts anfassen lassen, Gott bewahre, ich hatte einmal die Süßkartoffeln zu sehr zerstampft.
    Ich nahm die Flasche mit in den Keller und fand eine entsprechende. Das Vergleichen der Etiketten erinnerte mich an einige der mentalen Spielchen, die sie im Krankenhaus mit mir gespielt hatten. Das war sicher alles, was meine Mom mich zum Abendessen beitragen ließ. Statt das Chaos oben mit anzusehen, ging ich durch die Kellertür hinaus in den herrlichen Herbstnachmittag, der mit dem Duft von Grün und Rasen erfüllt war. In der Stadt stellen die Menschen eine Art Landschaft dar, und was man dort wahrnimmt, ist hier und da ein Baum. In den Vororten ist es genau umgekehrt: An einem Tag wie diesem hebt sich ein Mensch klar von der Landschaft ab. Besonders ein Fremder. Ich schaute über die Straße und sah jemanden bei einem Auto stehen. Ich erkannte ihn sofort, wusste aber nicht so genau, wo ich ihn hinstecken sollte. Dann traf es mich – der Engel. Es war dasselbe Gesicht, das ich gesehen hatte, als ich die Augen öffnete, nachdem ich himmelwärts und dann Richtung Hölle von meinem Rad geflogen war.
    »Hallo?«, rief ich.
    »Jordan Landau?«, sagte er, wobei er den Kopf auf eine Seite legte.
    »Ja …?«
    »Hi«, sagte er und kam mit ein paar Schritten in die Mitte der Straße. »Sorry … ich bin Travis, Travis Andrews.«
    »Oh«, sagte ich. »Der Name auf den Karten.«
    »Die Karten …«, sagte er.
    Ich lächelte ihn an. »Die Blumen. Die Schokolade …« Es war keine große Gedächtnisleistung, sich an all die Dinge zu erinnern, mit denen er sich entschuldigt und mir alles Gute gewünscht hatte. Deshalb fühlte ich mich zum ersten Mal, seit ich auf Long Island war, so richtig wohl. »Danke. Das war wirklich total nett, aber du hättest das alles nicht machen müssen.«
    »Ich fühle mich schrecklich. Es tut mir so leid, dass das passiert ist.«
    »Ich fühle mich schlechter wegen der Größe meines Arsches«, sagte ich, und als ich es tat, drehte auch er sich um und schaute über seine Schulter, um einen Blick auf seinen

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