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Von jetzt auf gleich

Von jetzt auf gleich

Titel: Von jetzt auf gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caprice Crane
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kannst sie haben. Aber ich erinnere mich nicht mehr, ob es die von
Valentino
oder die von
Cloé
war. Welche war’s denn nochmal?«
    Ich antwortete verschlafen: »Es war … der Milchkaffee … du musst der dunkelste Barista sein, den ich …« Dann tat ich so, als würde ich einschlafen. Sie stand auf und stürmte hinaus, dabei achtete sie sorgfältig darauf, dass sie die Tür laut genug zuschlug, um mich auf jeden Fall zu wecken, wäre ich tatsächlich eingeschlafen.
    ***
    Eine weitere Idee meiner Mutter war es, mich zu einem Naturheilkundigen zu bringen, da sie wahrscheinlich glaubte, Homöopathie wäre das Heilmittel für meine Amnesie. Durch Chinatown zu fahren war für meine Mom und mich kein leichtes Unterfangen. Erstens war das »Büro« des Typen in den oberen Etagen eines abgelegenen Gebäudes versteckt, das so eng war, dass ich dachte, wir müssten durch den Briefkastenschlitz und nicht durch die Tür hineingehen. Aber das größere Hindernis war der Imitationsfaktor. Der Versuch, an der Imitation einer Hermès-Tasche vorbeizugehen, war für meine Mutter ungefähr so, als würde ein Schwuler die Vorabkopie des neuesten Madonna-Albums eine Woche vor dem Erscheinungsdatum ignorieren. Nicht nur, dass sie das Modell hatten, auf das sie schon so lange scharf war, sie hatten es in jeder Farbe und für ein Fünftel des regulären Preises.
    »Das merkt doch keiner«, wiederholte sie immer wieder, mehr in dem Versuch sich selbst als jeden anderen zu überzeugen. Letzten Endes kaufte sie drei Taschen in drei verschiedenen Farben, chinesische Pantoffeln (»weil sie auf Long Island der letzte Schrei waren«) und einen Stift mit einem Pin-up im Fünfzigerjahre-Stil, dessen Rock hochgeht, wenn man ihn zum Schreiben umdreht. Der war für Walter. Ich machte den Fehler zu fragen, warum sie ihn für ihn kaufte.
    »Weil ich gerade ›den Wechsel‹ durchmache und er nicht jederzeit schnell unter meinen Rock kommt«, sagte sie. »Das hier ist eine nette Art, ihm klarzumachen, dass er noch ein bisschen aushalten muss und dann alles wieder beim Alten ist.«
    Sie über ihren »Wechsel« und meinen Stiefvater unter ihrem Rock reden zu hören war alles andere als nett – eigentlich war es ekelerregend.
    Dann fügte sie hinzu: »Ich fühle mich in der letzten Zeit einfach nicht sinnlich.«
    Das war einer dieser Momente, wo meine Mutter versuchte, sich wie meine große Schwester zu verhalten. Ich hatte einmal mit Cat darüber gesprochen, und sie riet mir, meiner Mutter zu sagen, sie würde »Generationsgrenzen überschreiten«, wenn das wieder passierte. Da es mir aber nicht erlaubt war, irgendeine Erinnerung an Cat zu haben oder an die Beziehung, die meine Mutter und ich normalerweise hatten, war ich wohl gezwungen, ganz einfach den Mund zu halten.
    Ich muss krank ausgesehen haben, die Übelkeit arbeitete zu meinen Gunsten, denn Mom dachte, das käme von dem Unfall und konzentrierte sich schließlich wieder darauf, mich zu diesem chinesischen Kräuterkenner zu bringen.
    Als wir an seine Tür klopften, brauchte er fünf Minuten, um zu reagieren. Das war schon seltsam, denn als wir erst mal drin waren, erwies sich der Raum als so klein, dass ich mir vorkam wie in einem Kleiderschrank mit Gewürzregalen.
    Dieser kleine Guru-Typ sah genauso aus, wie man es von einem 127 Jahre alten Mann erwartet hätte. Langer weißer Bart. Shogun-Bart. Gewand. Pantoffeln. Eine Karikatur seiner selbst. Und dünn. Der Pantoffelguru hatte mich und mein Problem offensichtlich erwartet – ohne mir auch nur eine einzige Frage zu stellen, fing er direkt an, irgendein seltsames Gebräu zusammenzumixen, das er mir dann in die Hand drückte.
    »Sie nehmen alle diese Kräuter. Sie bringen Erinnerung zurück. Sie werden sich sogar daran erinnern, wie Sie zum ersten Mal an der Brust Ihrer Mutter gesaugt haben!«
    »Hmm«, sagte ich. »Ich möchte gar nicht sooo weit zurückgehen.« Das Letzte, woran ich denken wollte, war das Nuckeln an der Brust meiner Mutter. Da war wieder diese Übelkeit. Und als ich das Elixier hinunterkippte, schmeckte es, wie die Straße unten roch, nach verfaultem Gemüse.
    Sie sahen mich an, und ich blickte zurück. Er ahnte, worauf meine Mutter wartete, und lachte leise. »Nicht jetzt. Nicht wie …« Er verschluckte das Wort, dann verflocht er seine Finger und ließ sie mit einem donnernden Soundeffekt wieder auseinanderfliegen. Doch ich, die ich das Zeug getrunken hatte, wollte ihn korrigieren. In mir drin
fühlte es
sich an,

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