Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Von jetzt auf gleich

Von jetzt auf gleich

Titel: Von jetzt auf gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caprice Crane
Vom Netzwerk:
Boa-Constrictor-Angriff. »Aber ich checke doch nie meine E-Mails. Das weißt du seit zwei Jahren, Jordan!« Jetzt schrie sie. Jeder im Raum fühlte sich unbehaglich. Außer mir. Ich genoss es.
    »Das tut mir sehr leid«, sagte ich mit weit aufgerissenen Augen und einer zuckersüßen, unschuldigen Stimme. »Daran habe ich mich nicht erinnert. Ich bin davon ausgegangen, dass du es lesen würdest. Das tut mir so leid.« Ich war die Ruhe selbst. Lydia sah aus, als würde sie jeden Moment explodieren.
    »Gut, das ist kein Problem, wir sind fast durch, also setz dich, dann können wir weitermachen«, sagte Mr Billingsly und versetzte ihr einen letzten Stoß: »Aber ich glaube, ich habe die Nachricht gesehen. Also lassen Sie uns weitermachen.« Ha! Nimm dies, du Schlange! Dann sagte Mr Billingsly etwas, das in meinen Ohren wie süße, süße Musik klang. »Jordan, bitte fahren Sie fort.«
    Ich schüttelte den Lydia-Auftritt ab und machte weiter. »Okay. Wir bleiben bei demselben Thema und zeigen auf der einen Seite eine biedere Geschäftsfrau. Und dann sehen wir die Rockstar-Version von ihr. Keine totale 180°-Drehung und nicht lächerlich, aber eine deutliche Veränderung, wobei wir ihre strahlenden Augen hervorheben. Sie geht angemessen gekleidet hinein und kommt völlig verändert – und glücklicher – wieder heraus. ›VibraLens … erfinde dich neu!‹«
    Lydia sah aus, als würde sie jeden Moment einen hysterischen Anfall bekommen.
    »Das ist nicht meine Idee!«, sagte sie laut genug, sodass es jeder hören konnte. Sie strengte sich mächtig an, höflich zu bleiben, versagte aber völlig. Sie sah so aus, als wäre sie am Rande eines totalen Zusammenbruchs. Kurz bevor sie durchdrehte, klatschte der stellvertretende Marketingchef in die Hände.
    »Gut, so sollte es sein«, sagte Mr Billingsly. »Es ist großartig!«
    »Wirklich?«, fragte ich.
    »Ich liebe es!«, ergriff der VibraLens-Typ das Wort. »Erfinde dich neu! Jordan …«
    »Ja.«
    »Das ist interessant. Nein, es ist wunderbar. Das ist genau das, was wir brauchen. Lustig, hip. Mir gefällt sogar die Rockstar-Geschichte. Gibt’s noch mehr?« Er lächelte und lehnte sich nach vorne.
    »Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Großteil der Zurückhaltung Ihrem Produkt gegenüber auf der Tatsache beruht, dass farbige Kontaktlinsen so auffällig sind. Mit ColorSense können Sie sie abtönen, damit sie mehr nach echter Augenfarbe aussehen und somit nicht mehr so unnatürlich wirken. An manchen Orten hat man nichts gegen Leute, die etwas vorspielen – die Leute machen ein Vermögen damit. Aber wir werfen unser Netz weiter aus. Nach jedem, der schon einmal davon geträumt hat, seine Augenfarbe mit Kontaktlinsen zu verändern.« Ich stellte meinen letzten Entwurf vor. Eine Frau schaut verführerisch in die Kamera. »So dezent – niemand sonst kann sie durchschauen.« Der Raum applaudierte. Mr Billingsly lächelte und tat so, als ob er das schon lange gewusst hätte. Die Wahrheit über Jordan …
    »Jordan war immer schon unser roher Diamant. Ich denke, sie beginnt endlich zu strahlen.« Meinte er das ernst?
    Lydia war beleidigt – was mich ohne Ende freute. Als alle aufstanden, um zu gehen, legte mir Mr Billingsly überschwänglich den Arm um die Schultern (wie immer nach einem erfolgreichen Meeting war er total euphorisch) und sagte: »Na Jordan, was halten Sie davon, wenn Sie heute Nachmittag in meinem Büro vorbeikommen. Ich denke, es ist an der Zeit, über Ihre Zukunft bei uns zu reden.«
    »Das mach ich – danke!«, sagte ich und murmelte dann laut: »An meine Vergangenheit kann ich mich eh nicht erinnern.« Und er lachte tatsächlich lange und ausgiebig über meinen Satz. Ich war auf dem besten Weg anders zu sehen und ganz anders gesehen zu werden.

17. Neugierige Jordan
    Dirk hatte wieder angerufen. Nachdem er eine große Portion von der neuen, gleichgültigen und ganz offensichtlich weniger sklavischen Jordan erlebt hatte, rief er an, mit einer Angeber-Stimme und – da bin ich sicher – mit einem Flimmern in den Augen. Ganz genau wissen konnte ich das allerdings nicht, da er erst mal nur eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen hatte (Es war köstlich, ihn sagen zu hören: »Dirk. Erinnerst du dich? Dirk.«). Er wollte mich sehen. Das bestätigte die einfachste Lektion über Romantik – zumindest, wenn einer der beiden ein Holzkopf ist: Verlangen steht in direktem Zusammenhang mit Desinteresse. Wenn du willst, dass er

Weitere Kostenlose Bücher