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Von jetzt auf gleich

Von jetzt auf gleich

Titel: Von jetzt auf gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caprice Crane
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unbeholfenen Lächeln in mein Büro. Ich war es nicht gewohnt, dass sie mich anlächelte, deshalb machte mich das nervös. Sie sah sich in meinem Büro um, so als würde sie sich plötzlich für mein Leben interessieren. Sie nahm ein Bild von Todd und mir in die Hand und sah es sich an. Das Bild hatte schon zwei Jahre lang auf dem Schreibtisch in meiner Arbeitsnische außerhalb von ihrem Büro gestanden. Sie hatte ihm nicht die geringste Beachtung geschenkt. Ich vermutete, dass sie mir Fragen darüber stellen wollte. Sie fragte sich wohl, ob das mein Freund sei. Ich hätte sie verscheißern und ihr erzählen können, das sei mein Ehemann, was ja eigentlich auch stimmte, aber ich wollte sie überhaupt nicht länger als nötig in meinem Büro haben.
    »Hi, Jordan. Wie geht es dir?«, zwitscherte sie.
    »Gut.« Was zum Teufel willst du? »Und selbst?«
    »Großartig. Hattest du ein schönes Wochenende?«
    »Ja, das hatte ich. Was kann ich für dich tun, Lydia?« Ich wusste nicht, was sie beschäftigte, aber ich wollte, dass sie auf den Punkt kommt.
    »Na ja, wir haben doch so gut zusammengearbeitet, weißt du. Und ich weiß nicht, warum das aufhören soll, nur weil du jetzt deine eigenen Projekte hast. Ich meine, wir sind alle ein großes Team hier in der Agentur.«
    »Hurra«, sagte ich mit so viel Sarkasmus, wie ich aufbringen konnte. »Los, Team!«
    Sie blickte wieder auf das Bild von Todd und mir. Dann atmete sie tief ein.
    »Ich sitze an dieser Brezel-Kampagne, und die bringt mich um.«
    »Sie macht dich fertig?«, warf ich halbwegs zufrieden ein.
    »Ja. Ich frage mich, ob du nicht vielleicht ein paar Ideen dafür hast. Vielleicht kannst du darüber nachdenken, und wir können uns später zu einem Brainstorming treffen?«
    »Lass mich mal auf meinen Zeitplan gucken. Mittagessen. Meeting von zwei bis drei.« Ich machte eine effektvolle Pause. »Nein, ich glaube nicht, dass ich heute Zeit dafür habe … Das tut mir leid.«
    »Komm schon, Jordan!«, erwiderte sie gereizt, fasste sich dann aber wieder. »Ich könnte deine Hilfe wirklich gebrauchen.«
    »Da bin ich sicher. Aber mal ehrlich, Lydia, ich denke, du hast mich bereits genug benutzt.« Dann änderte ich die Tonlage und fragte in meiner besten gekünstelten netten Art: »War sonst noch was?« Sie ging einfach aus meinem Büro.
    Etwa eine Stunde später sah ich mir das Bild von Todd und mir zum ungefähr zehnten Mal an. Irgendetwas war definitiv mit ihm los. Er verhielt sich so dermaßen sonderbar, dass ich wirklich beunruhigt war. Ich rief ihn an und schlug vor, mich nach der Arbeit bei Cozy’s mit ihm zu treffen. Dort gab es die beste Erbsensuppe in ganz Manhattan, und ich hatte sie schon lange nicht mehr gegessen. Außerdem musste ich wegen meiner vorgetäuschten Amnesie ständig vorgeben, ich wüsste nicht, welche Dinge ich mochte, und konsequenterweise Lieblingsgerichte und -produkte meiden, wenn ich in Begleitung meiner besorgten Mitmenschen war. Mit Todd konnte ich in die behagliche Art meines Selbst zurückfallen. Dazu kam noch, dass Erbsensuppe ihn jedes Mal anekelte, und ich genoss es, wenn Todd über meine Essgewohnheiten schockiert war. Todd gab sich unnahbar. Er sagte, er sei an den nächsten zwei Abenden beschäftigt, könnte aber den Abend danach. Also verabredeten wir uns und legten auf – sicher keine normale Todd-und-Jordan-Interaktion. Ich freute mich darauf, herauszufinden, was mit ihm los war.
    ***
    Auf dem Weg zu meinem Treffen mit Todd lief ich der lyrischen Lady über den Weg. Sie zog eine Augenbraue hoch, als sie mich sah, und schniefte. »If you see my reflection in the snow-covered hills …«
    Ich blieb stehen. Sie war wahrscheinlich die Letzte, die sich dafür interessierte, ob ich mich an etwas erinnerte oder nicht. Dennoch glaubte ich nicht, dass es eine gute Idee war, ihr gegenüber zu erkennen zu geben, dass ich das »Landslide«-Gedicht erkannt hatte oder wusste, dass ich antworten sollte. Es fiel mir nicht leicht, sie zu ignorieren, denn mal ehrlich, welchen Einfluss konnte sie schon auf mein Leben haben? Aber ich hatte trotzdem das Gefühl, ich müsste meine fehlende Identität schützen. Also eilte ich an ihr vorbei und ging weiter.
    »Hm«, murmelte sie. Es tat mir leid, sie hängen zu lassen, aber ich hielt die Antwort zurück,
The landslide will bring it down
. »Ich weiß …«, rief sie mir hinterher. Zumindest dachte ich, dass es das war, was sie gesagt hatte, aber ich war nicht sicher, und ich wollte es auch

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