Von jetzt auf gleich
menschlichen Bedürfnissen sprichst … Ich hab nun schon eine ganze Weile darauf gewartet, das zu tun …« Er beugte sich zu mir herüber … und gerade als unsere Lippen kurz davor waren, sich zu berühren, legte das ohrenbetäubendste Nebelhorn der Ostküste los. Ich rede von einem gehörzerreißenden, die Erde erschütternden Horn, das genau in dieser Sekunde losheulte. Wir fingen beide an zu lachen. »Das war ganz sicher nicht das, was ich geplant hatte«, sagte er.
Ich sah zu ihm auf, biss mir auf die Unterlippe und wartete, was als Nächstes passieren würde. »Ich habe fast Angst, es noch einmal zu versuchen.«
»Musst du nicht«, sagte ich, doch es hörte sich mehr wie ein Flüstern an. Er beugte sich herüber und unsere Lippen berührten sich. Das Nebelhorn, das mein Innenleben sprengte, übertraf bei weitem das, was wir wenige Augenblicke zuvor gehört hatten. In der Tat hätten alle Nebelhörner auf der ganzen Welt in dieser Sekunde ertönen können – ich glaube nicht, dass wir es wahrgenommen hätten.
Wir beendeten unseren Kuss und lächelten.
»So, jetzt kommt die unausweichliche Frage«, sagte ich. »Wie ist es möglich, dass du keine Freundin hast?« Er schaute gedankenverloren und lächelte dann, bevor er antwortete.
»Ich glaube, ich habe eine. Ich hoffe, ich habe eine«, sagte er mit einem schüchternen Lächeln. Das war die so was von richtige Antwort. Aber nicht das, was ich eigentlich gemeint hatte. Ich grinste trotzdem.
»Du weißt, was ich gemeint habe.«
»Ich könnte dich dasselbe fragen«, sagte er.
»Ich bin dir zuvorgekommen.«
»Ich hatte einige Beziehungen … aber ich habe niemanden gefunden, mit dem ich mich wirklich wohlgefühlt habe. Oder als ich dachte, ich hätte … stellte sich heraus … verstehst du? Und das ist wirklich wichtig für mich. Ich muss einfach total ich selbst sein können und wissen, dass diese Person mich in- und auswendig kennt, mit all meinen Schwächen, und mich trotzdem liebt.«
»Ich bin sicher, das ist nicht allzu schwer.«
»Du wärst überrascht«, sagte er, und ich spürte, dass er auf etwas anspielte. Er war gekränkt worden. Und das war das erste Mal, dass ein bisschen was von seiner Vergangenheit durchschimmerte.
Ich hatte keinen Zweifel: Je besser ich Travis kennenlernte, umso mehr würde ich mich in ihn verknallen. Ich wollte wissen, woran ich bei ihm war. »Mit mir fühlst du dich also wohl? Ich meine, wir kennen uns noch nicht so gut, aber …«
»Ja, das tue ich. Das wird sich jetzt lustig anhören, aber ich fühlte mich von dem Moment an wohl, als du zum ersten Mal den Mund aufgemacht hast. Als du nach dem Unfall auf der Straße gelegen hast und mitten in all dem diesen Witz gemacht hast … Ich schwöre, ich fühlte etwas. So als wäre ich dazu bestimmt gewesen, dir zu begegnen.«
»Na ja, du hättest dich mir auch einfach vorstellen können«, stichelte ich.
»Aber wo bleibt da der Spaß? Ich mag es, meine Frauen vom Bürgersteig abzukratzen.«
»Nett.«
»Du hast mich an diesem Tag so richtig zum Lachen gebracht«, sagte er. »Du bringst mich immer zum Lachen. Versteh mich nicht falsch, ich finde, du bist der Hit, und Anziehung ist wichtig, aber genau so wichtig ist es, Kumpel sein zu können. Und das empfinde ich bei dir.« Er war für eine Minute still. Dann wandte er sich wieder an mich. »Warum hast du keinen Freund?« Hallo, Realitätskontrolle: Ich habe einen Freund. Doch ich sagte mir selbst, dass Dirk an diesem Punkt eine reine Formsache war und ich das bald erledigen würde.
»Tja, ich erinnere mich nicht wirklich. Verstehst du …« Mein angenehmer neuer Rückfall. »Aber ich denke, es wäre wirklich wichtig, dass mich jemand bekommt.«
»Ich glaube, ich bekomme dich«, sagte er.
»Oh, du hast mich bereits bekommen«, erwiderte ich. Er strahlte von einem Ohr zum anderen und zeigte dann auf den Picknickkorb.
»Hungrig?«
»Und wie.«
***
Travis war im richtigen Moment gekommen. Es war perfektes Timing. Ich meine nicht so »gekommen«, wie man jetzt vielleicht denken könnte, obwohl auch das zu gegebener Zeit passiert ist (drei Wochen später, nach unserem fünften Date, bei leicht gekipptem Fenster, um frische Luft hereinzulassen, und laufendem Heizgerät, um die Geräusche unserer glühenden Leidenschaft zu übertönen). Ich meine, er war genau in dem Augenblick in mein Leben gekommen, als ich an einem absoluten Tiefpunkt angelangt war und allen Glauben an die Liebe verloren hatte. Deshalb wäre
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