Von Lichtwiese nach Dunkelstadt
Omi.
„Direkt vor ihnen.“
Nach einiger Zeit des ergebnislosen Suchens kam ich zu dem Ergebnis, dass die Gartenanlagen entweder sehr klein waren oder sie direkt hinter einer grauen Felswand lagen, aus deren Spalten und Löchern schwarzes, klebriges Glibberzeug quoll.
„Unter romantisch stelle ich mir aber etwas anderes vor“, sagte Omi.
„Das ist Schwer-Öl-Paste“, verkündete das U-Boot, als handele es sich dabei um eine allgemein anerkannte Köstlichkeit. „Sie ist schwerer als Wasser. Deshalb fließt die so verführerisch das Metall-Gestein hinab.“
„Wo genau bringst du uns eigentlich hin?“, schaltete sich Tante Hablieblieb ein.
„Diese Frage kann ich Ihnen leider nicht beantworten.“
„Weil es ein Geheimnis ist?“, fragte ich.
„Nein. Weil ich so nicht programmiert wurde. Meine Bewegungen sind durchgängig instinktgesteuert.“
„Aber … du bist doch ein Computer.“
„Ich bin ein TGC-U-Boot“, berichtigte das U-Boot und war wieder voll in seinem Element. „Ein Tierisch-Gesteuertes-Cyber-U-Boot. Programmiert auf tierische Verhaltensweisen. Ich schwimme. Ich sehe. Ich fresse. Ich fresse, was ich sehe, wenn ich schwimme.“
„Ich verstehe“, sagte ich, obwohl das genaue Gegenteil der Fall war, seitdem ich das letzte Mal das Bewusstsein verloren hatte. Trotzdem kam mir eine Idee. „Sag mal, U-Boot, kannst du uns eigentlich noch mehr zeigen? Noch mehr … romantische Plätze?“
„Selbstverständlich. Ich kann euch alles zeigen. Ich kann euch an jeden Ort bringen.“
„Auch einen Ort außerhalb von Dunkelstadt?“, fragte ich vorsichtig.
„Selbstverständlich, der Herr“, bestätigte das U-Boot und ergänzte dann: „Aber leider nur auf dem Luftweg.“
„Wie praktisch, dass wir in einem U-Boot sitzen“, seufzte Omi und wandte sich ab. Eigentlich war sie keine zynische Person. Wahrscheinlich tat ihr der Kopf weh.
„Also kannst du uns doch nicht aus Dunkelstadt herausbringen?“, fragte ich.
„Korrigiere“, entgegnete das U-Boot. „Ich kann euch an jeden beliebigen Ort bringen.“
Ich dachte einen Moment lang nach, gab es dann auf und sagte: „Hä?“
„Wie kannst du uns hier rausbringen?“, versuchte Tante Hablieblieb ihr Glück.
„Ich kann fliegen“, verkündete das U-Boot nicht ohne Stolz.
„Aber du bist ein Boot“, stellte Tante Hablieblieb fest. „Ein Unterwasserboot.“
„Ich kann fliegen“, beharrte das U-Boot.
„Du kannst wirklich, also richtig durch die Luft, fliegen?“, fragte ich, um jeglichen Missverständnissen vorzubeugen.
„Korrekt, der Herr.“
„Ja, gut.“ Ein kurzes Lachen sprudelte in mir empor. „Dann flieg uns mal hier raus, du fliegendes U-Boot!“
„Gerne, die Herrschaften. Bitte schnallen Sie sich an. Zehn Sekunden bis zum Countdown.“
„Warte doch mal“, sagte ich. „Nicht so schnell!“
„Neun“, entgegnete das U-Boot.
„Wir haben dir doch noch gar nicht gesagt, wo wir genau hinwollen.“
„Acht“, erwiderte das U-Boot ungerührt.
Wir beeilten uns, auf der Sitzreihe Platz zu nehmen.
„Wo ist denn der Gurt?“ Hektisch untersuchte Omi die Armlehnen.
Ich griff unter meinen Sitz und tastete umher, fand jedoch nichts.
„Wie sollen wir uns denn anschnallen?“, fragte Omi. Ein Anflug von Panik lag in ihrer Stimme.
„Das brauchen wir doch gar nicht“, sagte ich, kniete mich auf den Boden und spähte unter die Sitzreihe.
„Sieben“, sagte das U-Boot.
„Entschuldigung“, meldete sich Tante Hablieblieb zu Wort. „Wo genau befinden sich denn die Sicherheitsgurte?“
„Fünf“, antwortete das U-Boot.
Ich sah auf. „Fünf?“
„Drei“, erwiderte das U-Boot.
„Brechen Sie den Countdown ab!“, rief Tante Hablieblieb.
„Zwei.“
„Schnell, Dodo! Setz dich hin!“ Omi zog mich zurück auf den Sitz.
„Eins.“
Mit beiden Händen umklammerte ich meine Armlehnen und überlegte fieberhaft, ob die bei Notlandungen empfohlene Sitzposition nicht vielleicht auch bei überraschenden U-Boot-Starts hilfreich sein könnte.
„Null.“
Es entstand eine lange Pause.
„Die zehn Sekunden bis zum Countdown sind rum“, verkündete das U-Boot schließlich. „Nun folgt der Countdown.“
Ich atmete erleichtert auf und versuchte, meinen Körper zu entkrampfen,
„Ich dachte, wir starten schon …“, stöhnte Tante Hablieblieb.
„Ich auch …“, sagte Omi und sackte merklich in sich zusammen. „Also, wo sind denn jetzt die Sicherheitsgurte?“
Anstelle einer Antwort zählte das U-Boot zügig
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