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Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Titel: Von Lichtwiese nach Dunkelstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivar Leon Menger , John Beckmann
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Wasser in die Nase. Ich würgte, schluckte und prustete.
    „Wir schwimmen zum anderen Ende“, verkündete Tante Hablieblieb. „Dort muss es einen Ausgang geben!“
    „Ich weiß nicht, ob ich das schaffe“, sagte ich.
    „Halt dich an mir fest“, entgegnete Tante Hablieblieb. „Ich zieh dich.“
    „Wartet!“, rief Omi plötzlich. „Da im Wasser … da ist etwas! Ein Schatten. Ein großer, dunkler Schatten.“
    „Wo denn?“, fragte ich und starrte an meinen Nasenflügeln vorbei auf die Wasseroberfläche. Alles dort war ein großer, dunkler Schatten.
    „Da ist etwas“, beharrte Omi. „Ich spüre es.“
    „Ich tauch mal unter“, sagte Tante Hablieblieb.
    Ein Platschen folgte ihrer Ankündigung.
    „Was soll da denn sein?“, fragte ich Omi. „Im Fahrstuhl war doch niemand außer uns.“
    Sie antwortete nicht. Sie schwamm auf der Stelle, eine Hand noch immer unter meine Achsel geklemmt, und starrte in die Dunkelheit. Sie schwamm erstaunlich gut für ihr Alter. Meine Beine brannten.
    Tante Hablieblieb tauchte wieder auf und schnappte nach Luft.
    „Es ist ein Fisch!“, stieß sie hervor. „Eine riesige Muräne! Ihr Kopf ist so breit wie der Aufzug! Wir sind verloren!“
    „Aber das kann doch gar nicht sein“, hielt ich dagegen und versuchte mich an den Biologie-Unterricht zu erinnern. „Was hat denn eine Muräne in einem Aufzug verloren? Das ist gar nicht ihr natürlicher Lebensraum!“
    Doch die Realität ließ sich nicht wegdiskutieren. Zumindest nicht dieses Mal. Kalte, tote Augen blitzten auf. Ein langgezogenes Maul schälte sich vor uns aus der Dunkelheit. Es war groß wie ein Scheunentor. Es öffnete sich und präsentierter zwei Reihen scharfer Zähne. Jeder von ihnen so groß wie mein Unterarm. Ich trat hektisch ins Wasser, bis mein Rücken gegen die Wand stieß. In wilder Panik hämmerte ich gegen die Platten und schrie um Hilfe. Die Muräne kam näher. Omi trieb noch immer an derselben Stelle. Der riesige Kopf war jetzt direkt vor ihr.
    „Omi!“, schrie ich. „Pass auf!“
    Es war zu spät. Etwas zog Omi unter Wasser, und dann war sie einfach verschwunden. Auch Tante Hablieblieb war nirgends zu sehen. Ich hörte auf zu treten, hörte auf zu hämmern. Plötzlich war ich ganz ruhig. Ein Sog erfasste meine Beine und ich schloss die Augen.

Sightseeing-Tour der besonderen Art

    Als ich wieder zu mir kam, lag ich zusammengerollt auf kaltem Metall. Meine Kleidung klammerte sich frierend an meinen Körper. Das Wasser war verschwunden. Vorsichtig tastete ich meine Gliedmaßen ab. Es schien noch alles dran zu sein. Kein Arm oder Bein war den scharfen Muränenzähnen zum Opfer gefallen. Ich schlug die Augen auf. Es machte keinen Unterscheid. Die Schwärze hinter meine Augen tauschte lediglich mit der davor. Es war so dunkel, dass ich meine Hand nicht sehen konnte, sogar als ich sie mir gegen die Nase presste. Irgendwo in der Finsternis hustete und keuchte jemand.
    „Omi?“, fragte ich aufgeregt. „Omi, bist du das?“
    „Nein“, sagte Tante Hablieblieb und hustete. „Ich bin‘s.“
    „Ist Omi irgendwo bei dir?“
    „Ich … ich bin hier“, sagte Omi schwach.
    Auf allen Vieren krabbelte ich in die Richtung, aus der ihre Stimme gekommen war. Meine Finger ertasteten den rauen Saum einer Küchenschürze. „Omi! Geht es dir gut?“
    „Ja, Dodo, es geht schon.“ Sie wollte mir tröstend über den Kopf streichen, setzte jedoch zu tief an und patschte mir stattdessen ihre Handfläche ins Gesicht. „Mach dir keine Sorgen.“
    „Wo sind wir?“, fragte ich und rieb meine Wange.
    „Es gibt eigentlich nur zwei Orte, an denen wir uns befinden können“, sagte Tante Hablieblieb. „Entweder auf den ewigen Wasserrutschen – oder im Bauch der Muräne.“
    „Wenn ich korrigieren dürfte ...“, meldete sich plötzlich eine Stimme.
    Meine Überraschung hielt sich in Grenzen. Wenn ständig von irgendwoher seltsame Stimmen erklingen, gewöhnt man sich früher oder später daran. Anscheinend wartete die Stimme auf eine Antwort, also sagte ich: „Ja … klar …“
    „Sie befinden sich nicht auf den ewigen Wasserrutschen“, stellte sie im sachlichen Ton fest. „Und ich bin keine Muräne.“
    „Was … was bist du dann?“
    „Ein Tierisch-Gesteuertes-Cyber-U-Boot. Kurz: TGC-U-Boot. Willkommen in Dunkelstadt! Willkommen an Bord, die Herrschaften!“ Es klang so, als könnten wir von Glück reden, gefressen worden zu sein. „Wir beginnen jetzt mit der Sightseeing-Tour. Licht an!“
    Mit einem

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