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Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Titel: Von Lichtwiese nach Dunkelstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivar Leon Menger , John Beckmann
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balancieren. Als ich das Ende erreicht hatte, schirmte ich meine Augen ab und sah mich um.
    „Und?“, rief Tante Hablieblieb.
    „Ja …“, sagte ich. Und: „Tja …“
    Die Wüste war, wie Wüsten nun einmal sind. Sandig, kahl und unendlich. Zumindest hatte es von hier oben den Anschein.
    „Kannst du irgendwas erkennen?“
    Ich schüttelte den Kopf und bereute es sogleich. Meine Wangen brannten, als hätte ich Tabasco-Sauce als Aftershave benutzt. „Nein … nichts“, sagte ich und presste meine Handflächen gegen die Wangen, was jedoch auch nicht half.
    „Dann komm wieder runter, mein Junge“, sagte Omi. „Sonst fällst du nachher noch und brichst dir was.“
    Ermutigt von Omis Worten, machte ich mich an den Abstieg. Als ich wieder Sand unter den Schuhen hatte, durchsuchten wir das Wrack. Tante Hablieblieb verglich die Außen- und Innenlänge des U-Boots und kam zu dem Ergebnis, dass es am Bug einen weiteren Raum geben müsste. Ich tastete jede Kontur und Vertiefung der Wand ab, bis sich, von einem Zischen begleitet, eine kleine Kammer öffnete, in der wir fünf große Flaschen Brause und etwa einhundert Tüten Popcorn fanden. Omi beschwerte sich kurz, dass es nur süßes Popcorn gab, aber davon abgesehen, waren wir alle sehr glücklich darüber, mindestens noch einen Tag länger leben zu dürfen. Wir aßen und tranken. Der Zucker machte uns unruhig und aufgekratzt, und obwohl keiner von uns so recht wusste, in welche Richtung wir gehen sollten, wären wir wahrscheinlich bald aufgebrochen, wenn nicht plötzlich die Dämmerung eingesetzt hätte.
    Die Sonne sank schnell. Mit dem Licht verschwand auch die Wärme. Die Erleichterung darüber hielt jedoch nur so lange, bis die Temperaturen den Gefrierpunkt unterschritten. Zitternd drängten wir uns im Bauch des Wracks zusammen, während draußen der Wind heulte. Aber da waren noch andere Geräusche. Ein Schnappen, ein Klacken, ein Flappen.
    „Heute Nacht bleiben wir hier“, sagte Tante Hablieblieb. „Und sobald es hell ist, gehen wir in die Richtung, aus der wir gekommen sind. Dorthin, wo das U-Boot das Wasser verlassen hat. Vielleicht gibt es dort eine Stadt. Zumindest irgendwelche Behausungen.“
    „Sie werden uns wieder einsperren“, bibberte Omi.
    Tante Hablieblieb hauchte in ihre Hände, und ich wunderte mich, dass Statuen frieren konnten. „Besser, als hier zu sterben.“
    Dagegen gab es nichts einzuwenden.
    Irgendwann schlief ich ein.
    „Dodo! Wach auf!“ Omi kniete vor mir und rüttelte aufgeregt an meinen Schultern. „Schnell, wach auf! Dodo!“
    Meine Zunge löste sich von meinem Gaumen mit einem trockenen Schmatzen. „Was … was ist los?“
    „Tante Hablieblieb!“, rief Omi viel zu laut. „Tante Hablieblieb ist weg! Sie haben sie geholt!“
    „Was? Wer?“ Ich riss die Augen auf. Draußen war es bereits hell. Ich fühlte mich wie im Backofen. „Wer hat Tante Hablieblieb geholt?“
    „Dieses Wesen!“ In Omis Gesicht spiegelte sich nackte Angst. „Da war dieses Wesen!“
    „Ganz ruhig, Omi.“ Ich setzte mich auf und griff nach ihren Händen, die noch immer auf meinen Schultern lagen. „Was genau ist passiert?“
    Omi fixierte einen Punkt unterhalb meines Kinns. Sie zitterte. „Wir waren schon wach. Und es … es war so heiß hier drinnen. Also sind wir hinausgegangen. Wir wollten uns nur ein wenig umsehen.“
    „Warum habt ihr mich nicht geweckt?“
    „Ich …“ Omi bewegte langsam ihren Kopf hin und her. „Ich dachte, es wäre besser, dich noch etwas schlafen zu lassen. Es ist so viel passiert.“ Sie sah mich an. Ihre Augen glänzten. „Wir sind ja auch gar nicht weit weg gegangen! Nur bis zur nächsten Düne!“
    „Und dann?“
    „Tante Hablieblieb schlug vor, auf die Düne zu klettern, um sich noch einmal umzusehen, bevor wir uns auf den Weg machen. Und dann … dann war da dieses seltsame Geräusch. Ein tiefes Brummen, als wenn ein Schwertransporter vorm Haus vorbeifährt. Wir haben uns noch gefragt, was das sein könnte. Das Brummen wurde immer lauter, und dann war auf einmal klar, dass es von unten kam. Dass sich unter uns im Sand etwas bewegte. Es waren Tentakel. Lange, pelzbedeckte Tentakel. Sie schossen plötzlich aus dem Boden heraus.“ Omi stockte. Eine Träne verließ ihr Auge und verschwand gleich darauf in einer tiefen Falte. „Zwei von ihnen haben Tante Habliebliebs Bein erwischt und sie hinuntergezogen. Hinunter in den Sand. Es gab nichts, was ich tun konnte. Ich bin einfach weggelaufen.“
    „Und das

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