Von Lichtwiese nach Dunkelstadt
untergegangen“, protestierte ich. „Und auch nur ganz kurz.“
Strom-Tom blieb bei seiner Version der Geschichte. „Den halben Tunnel hast du leergesoffen! Und irgendwann war dein Bauch dann voll, und ich wurde hinausgespült.“
„Und ich aus Omis“, ergänzte Strom-Klaus und rülpste. „Die hatte nämlich ebenfalls jede Menge Wasser geschluckt – obwohl sie eine sehr, sehr gute Schwimmerin ist.“
„Siehst du?“, fragte ich trotzig, ohne jedoch genau zu wissen, was es denn da zu sehen gab.
„Wir sind dann …“, fuhr Strom-Tom fort und verstummte gleich darauf wieder. „Was sind wir denn dann noch mal?“ Allem Anschein nach war er sogar noch betrunkener als Strom-Klaus.
„Dieses Kanalsystem …“, sagte Strom-Klaus. „Wir waren dann in diesem Kanalsystem …“
„Richtig, das Kanalsystem. Das war riesig. Überall Kreuzungen und Abzweigungen und endlos lange Rohre. Endlos …“
„Da sind wir mit 180 Sachen durchgeschossen!“ Strom-Klaus gab ein zischendes Geräusch von sich, welches wohl die Geschwindigkeit unterstreichen sollte. Vielleicht hatte er auch nur wieder aufgestoßen. „Wie zwei kleine Torpedos.“
„Genau so war‘s“, sagte Strom-Tom, der den Faden inzwischen wiedergefunden hatte. „Wir sind durch die Rohre geschossen und hinein in diesen Kasten. Und dann …“
Er verstummte.
„Und dann?“, fragte Agerian. „Was ist dann passiert?“
„Die Details erspare ich euch lieber.“
„Wieso denn?“, fragte Strom-Klaus. „Erzähl doch!“
„Nee, lass mal.“
„Nun erzähl schon!“
„Nee!“
„Der Kasten war ein WC-Spülkasten“, erzählte es Strom-Klaus selbst. „Und der einzige Grund, warum wir da so schnell wieder rausgekommen sind, war, weil der Chef zu Mittag Bohnensuppe gegessen hatte.“
„Ein WC-Spülkasten?“, lallte Agerian, der anscheinend ein wenig hinterherhinkte.
„Der Chef?“, fragte Elenor.
„Bohnensuppe?“, fragte ich, um kein Außenseiter zu sein.
„Zum Glück konnten wir uns am Klodeckel festhalten“, überging Strom-Tom jegliche Zwischenfragen. „Sonst wären wir ja wieder irgendwo im Kanalsystem gelandet. Wir sind dann aus der Toilette geschlichen und dem Chef gefolgt.“
„Und deshalb wissen wir jetzt, was er vorhat!“, unterbrach Strom-Klaus.
„Lass mal“, sagte Strom-Tom schnell. „Dafür haben wir später noch Zeit.“
Strom-Klaus sah das anders. „Aber er will Agerian töten!“
Auf einmal erschien es mir sehr still in der riesigen Lobby. Agerian, der gerade im Begriff war, einen weiteren Scherifa hinunterzustürzen, erstarrte in der Bewegung und stellte dann das volle Glas zurück auf den Tresen.
„Wer will mich töten?“ Seine Stimme war erstaunlich klar.
„Der Chef“, bölkte Strom-Klaus. „Der Chef will dich umbringen lassen!“
„Ist gut jetzt“, sagte Strom-Tom. „Das wissen wir doch gar nicht.“
„Natürlich wissen wir das! Du hast es doch auch gehört!“
„Warum will er meinen Tod?“, fragte Agerian. „Der kennt mich doch gar nicht.“
„Weil Dodo dir mehr vertraut als Elenor“, sagte Strom-Klaus.
„Das stimmt nicht!“, stieß Elenor hervor und dieses Mal bestand kein Zweifel daran, dass sie stinksauer war. „Das habt ihr euch doch ausgedacht!“
„Stimmt, Strom-Klaus ist betrunken“, erwiderte Strom-Tom, der ebenfalls plötzlich sehr nüchtern klang. „Hört nicht auf ihn!“
„Aber –“, setzte Strom-Klaus an.
„Hört nicht auf ihn!“, schnitt Strom-Tom ihm das Wort ab.
„Aber –“
Ein Rumpeln ging doch meinen Magen. Strom-Klaus schrie kurz auf und verstummte.
„Alles in Ordnung da drinnen?“, fragte ich.
„Alles bestens“, entgegnete Strom-Tom.
„Das ist ja wirklich eine Frechheit“, sagte Elenor. Sie hatte sich noch immer nicht beruhigt.
„Amüsiert ihr euch?“, fragte jemand hinter mir. Es war Mac Check. Der kleine Mann in dem eleganten Dreiteiler verschmolz mit seiner Umgebung wie ein Chamäleon. Wahrscheinlich hatte ihn deshalb niemand kommen sehen. „Ich habe gehört, dass ihr bereits ein kleines Spielchen gewonnen habt.“
„Ein kleines Spielchen?“, fragte ich fassungslos. „Das ging um Leben und Tod!“
„Tut es das nicht immer?“ Mac Check lächelte. Ich glaubte, eine gespaltene Zunge zwischen den grünen Lippen zu sehen.
Gio-Gio schob sich in den Hintergrund. „Euer Gewinn.“ Ein großer Beutel plumpste klirrend auf den Boden. „Gebt nicht alles auf einmal aus.“
„10.000 Voltadollar?“ Elenors Gesicht hellte sich
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