Von Lichtwiese nach Dunkelstadt
augenblicklich auf.
„Auf den Chip genau.“ Mac Check grinste anzüglich.
Es hätte mich nicht gewundert, auf seiner rot glühenden Stirn zwei Hörner zu entdecken.
„Mach mal deinen Mund auf“, flüsterte Strom-Tom.
„Warum?“, flüsterte ich zurück.
„Frag nicht so viel, mach einfach!“
Ich klappte meinen Unterkiefer nach unten.
„Es gibt hier doch bestimmt ein paar schöne Boutiquen, oder?“, fragte Strom-Tom durch meine Speiseröhre. Ich versuchte, meine Lippen synchron zu bewegen. „Jetzt haben wir ja etwas Geld zum Ausgeben.“
„Aber selbstverständlich“, entgegnete Mac Check und wandte sich sogleich an Elenor. „In Las Voltas haben wir über zweihundert Mode- und Schuhgeschäfte der elegantesten Marken. Vielleicht hat die junge Dame ja Interesse an einer kleinen Shoppingtour?“
Die junge Dame hatte Interesse. Wortlos, dafür mit einem koketten Lächeln, hakte sie sich bei Mac Check ein. Zusammen verschwanden die beiden in den rot-grünen Wogen.
„Kann ich noch was für euch tun?“, nuschelte Gio-Gio desinteressiert.
„Nee“, sagte ich. „Danke, wir kommen schon zurecht.“
Gio-Gios plattgedrückte Nase wackelte kaum sichtbar auf und ab. Dann ging auch er.
Ich drehte mich wieder Richtung Bar, wo Agerian bereits zwei weitere Runden bestellt hatte.
„Wie seid ihr eigentlich so schnell hierher gekommen?“, fragte ich Strom-Tom.
„Nicht hier“, sagte Strom-Tom. „Hier sind zu viele neugierige Ohren.“
Die Wahrheit über Elenor
Wir standen in dem dicht gedrängten Kreis der Farben-Schreier. In unserer Mitte befand sich ein schwitzender Mittvierziger. Seine Halbglatze glänzte wie eine frisch polierte Kegelkugel, während er verbissen den Todeswürfel bearbeitete. Eine Seite war bereits größtenteils blau, nur ein rotes und ein grünes Viereck trennten ihn noch vom Sieg, doch gerade diese beide bereiteten dem Mittvierziger auch die größten Probleme. Die „Blau, Blau, Blau!“-Rufe waren in der Minderheit, dafür aber am lautesten – und mit jeder Würfeldrehung wurden sie schriller. Man konnte kaum sein eigenes Wort verstehen.
„Hier kann uns niemand belauschen“, sagte ich.
„Okaykay“, sagte Strom-Tom. „Pass auf … ich erzähl dir, wie wir so schnell nach Las Voltas gekommen sind. Aber du darfst nicht ausflippen, hörst du? Wir können keine unnötige Aufmerksamkeit gebrauchen.“
„Wieso sollte ich denn ausflippen?“
„Verhalte dich einfach ganz normal. Schaffst du das?“
„Ja, klar.“
„Okaykay“, sagte Strom-Tom wieder und machte eine Pause. „Wir haben den rot-gelb gestreiften Löffel.“
Ich war zu perplex, um angemessen zu reagieren.
„Wir sind dem Chef in sein Büro gefolgt. Und da saß er dann in seinem riesigen Ohrensessel mit dem Löffel in der Hand und wollte sich gerade etwas wünschen.“
„Aber wir sind ihm zuvorgekommen!“, rief Strom-Klaus. „Wir sind einfach von dem Schreibtisch auf seine Schulter gesprungen und von da direkt auf den Löffel.“
„Und bevor er irgendwas unternehmen konnte, hatte ich schon am Löffel geleckt und uns zu dir gewünscht“, fuhr Strom-Tom fort. „Genauer gesagt, in deinen Magen.“
„Aber das ist doch großartig!“, sagte ich und kämpfte gegen einen Jubelschrei an. „Wir können Omi und Tante Hablieblieb zu uns wünschen und alles ist wieder gut!“
„Was ist passiert?“, fragte Agerian, der zwar direkt neben mir stand, aufgrund des Lärmpegels jedoch trotzdem nur meine Seite des Gesprächs verfolgen konnte.
„Dodo, beruhig dich!“, beschwor mich Strom-Tom.
„Ich bin doch ganz ruhig“, entgegnete ich, was sich als schwierig erwies, weil meine Mundwinkel an den Ohrläppchen klebten. Agerian sah mich noch immer fragend an. Ich formte lautlos die Worte „rot-gelb gestreifter Löffel“ und tat so, als würde ich einen Joghurt essen. Agerian verstand, zumindest nickte er und hörte auf, mich anzustarren.
„Für heute haben wir unseren Wunsch bereits verbraucht“, erklärte Strom-Tom noch einmal. „Das heißt, wir müssen damit bis morgen warten.“
„Klar“, entgegnete ich.
„Und das heißt, wir müssen uns bis dahin absolut unauffällig verhalten.“
Ich kämpfte mein Dauergrinsen auf ein unauffälliges Maß hinunter. „Klar.“
„Gutgut.“
Der Spieler in der Mitte hatte inzwischen gewechselt. Eine dünne Frau mit Hornbrille drehte nun hektisch an den Spalten und Zeilen des Würfels. Die favorisierte Farbe der Wetter schien nun Weiß zu sein.
„Aber wenn ihr
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