Von Mäusen und Menschen
mich. Ich geh dorthin un versteck mich im Gebüsch.«
»Versteckst dich, bis ich zu dir komm. Läßt dich von niemand sehn. Versteckst dich im Gebüsch beim Fluß.
Wiederhol das.«
»Versteck mich im Gebüsch beim Fluß, da unten im Ge-büsch am Fluß.«
»Wenn du in Schwierigkeiten gerätst.«
»Wenn ich in Schwierigkeiten gerate.«
Draußen knirschte ein Hemmschuh. Ein Ruf ertönte:
»Stallknecht – heda, Stallknecht!«
George sagte: »Sag es vor dich hin, Lennie, immer wieder, dann wirst’s nicht vergessen.«
Plötzlich schauten beide Männer auf, denn das sonnen-beschienene rechteckige Stück Fußboden am Eingang wurde auf einmal durchschritten. Eine junge Frau stand da und blickte hinein. Sie hatte volle, gefärbte Lippen und weit geöffnete Augen, alles an ihr war stark aufgemacht.
Ihre Fingernägel waren knallrot. Ihr Haar hing in kleinen 36
eingerollten Locken, wie Würstchen. Sie trug ein Haus-kleid aus Kattun und rote Schuhe, die mit kleinen Strau-
ßenfedern geschmückt waren. »Ich suche Curley«, sagte sie. Ihre Stimme hatte einen spröden, nasalen Klang.
George blickte von ihr weg und wieder zurück. »Er war noch vor einer Minute hier, aber er is rausgegangen.«
»Oh!« Sie legte ihre Hände auf den Rücken und lehnte sich gegen den Türrahmen, so daß ihr Oberkörper vortrat.
»Ihr seid wohl die neuen Burschen, die grade gekommen sind?«
»Jawoll.«
Lennies Augen glitten an ihrem Körper entlang, und ob-wohl sie ihn nicht zu beachten schien, warf sie den Kopf etwas zurück. Dann blickte sie auf ihre Fingernägel.
»Manchmal ist Curley hier«, sagte sie erklärend.
George sagte schroff: »Und jetz is er eben nich hier.«
»Wenn er nicht hier ist, dann muß ich ihn wohl woan-ders suchen gehn«, sagte sie leichthin.
Lennie folgte ihr hingerissen mit den Augen. George bemerkte: »Wenn ich ihn sehe, werd ich ihm sagen, daß Sie ihn gesucht haben.«
Sie lächelte schlau und gab sich einen Ruck. »Niemand kann einem was nachsagen, bloß weil man jemanden sucht«, sagte sie. Hinter ihr gingen Fußtritte vorbei. Sie drehte den Kopf. »Hi, Slim«, sagte sie. Slims Stimme er-tönte durch die Tür. »Hi, schönes Kind«, sagte er. »Ich suche Curley, Slim.« »Nicht gerade sehr eifrig, scheint mir.
Ich sah ihn eben in euer Haus gehn.«
Sie schien plötzlich zu begreifen. »Wiedersehn, Jungs«, rief sie schnell in den Schlafsaal hinein und eilte davon.
George blickte herum zu Lennie. »Gott, was für’n herge-laufenes Frauenzimmer. Und so was hat sich Curley als Frau aufgelesen.«
»Sie is hübsch«, sagte Lennie verteidigend.
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»Ja, und se läßt’s ja auch gar nich merken! Na, Curley steht was bevor. Wetten, für zwanzig Taler geht sie auf und davon.«
Lennie starrte noch immer zum Eingang hin, wo sie ge-standen hatte. »Bei Gott, se war hübsch!« Er lächelte be-wundernd. George sah schnell an ihm herunter und dann nahm er ihn beim Ohr und schüttelte ihn.
»Hör mir zu, verrückter Bastard«, sagte er wild. »Wirf du nich ’n einzigen Blick auf diese Hure. Mir is es gleich, was sie sagt und was sie tut. Ich hab schon solches Gift gesehn, aber noch nie ’n schlimmern Köder fürs Kittchen als die. Du laß se in Ruh.«
Lennie versuchte, sein Ohr freizumachen. »Ich hab nix getan, George.«
»Nein, noch nich. Aber sie stand unter der Tür und zeigte ihre Beine, und du hast auch nicht nach der andern Seite geguckt.«
»Ich meinte nix Böses, George, wahrhaftig nich.«
»Also, du halt dich fern von ihr, denn das is ’ne Ratten-fängerin, wenn ich je eine gesehn hab. Laß du Curley damit angeschmiert sein. Warum hat er sich mit ihr eingelas-sen. Den Handschuh voll Vaseline«, sagte George angewidert. »Wetten, er ißt rohe Eier und schreibt an die Firmen, die Spezialmedizinen ausschreiben.«
Plötzlich schrie Lennie auf: »Ich mag diesen Ort nich, George. Es ist kein guter Ort. Wir wolln hier raus.«
»Wir müssen aushalten, bis wir was verdient ha’m. Das könn’ wir nu nich ändern, Lennie. Wir wolln raus, sobald wir können. Ich mag den Ort nich lieber als du.« Er ging zum Tisch zurück und legte eine neue Patience aus. »Nein, ich kann’s hier nich leiden. Für ’n paar Silberstücke würd ich wieder abschieben. Wenn wir wenigstens ’n paar Taler verdient haben, dann woll’n wir raus und den American River hinauf und Goldsand waschen gehen. Damit könn’
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wir vielleicht ’n paar Taler am Tag verdienen – womöglich ’ne ganze Tasche voll.«
Lennie
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