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Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost

Titel: Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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blockierten Taxis schrie Worte, bei denen es sich vermutlich um französische Schimpfwörter handelte, vielleicht war es aber auch nur eine außergewöhnlich aggressive Art, sich nach dem Weg zu erkundigen.
    Wir bogen rechts ab. Es war neun Uhr morgens. In New York herrschte um neun oft schon Hochbetrieb, in Paris wälzten sich die Flaneure aber offenbar gerade erst aus den Betten. Nach gut hundert Metern erreichten wir die Seine. Gegenüber befand sich die Pont Neuf. Schräg rechts in der Ferne sah ich die Türme von Notre Dame. Terese ging flussaufwärts in Richtung der Kathedrale, an grünen Kiosken vorbei, die dafür berühmt waren, antike Bücher zu verkaufen, offenbar aber viel lieber kitschige Souvenirs an die Touristen bringen wollten. Am anderen Flussufer erhob sich– › bold and stark‹, um Springsteen zu zitieren– eine riesige Festung mit einem fantastischen Mansardendach.
    Als wir näher an Notre Dame herankamen, sagte ich: » Wäre es dir in irgendeiner Form peinlich, wenn ich einen Buckel machen, das linke Bein hinterherziehen und › Asyl!‹ rufen würde?«
    » Manche Leute könnten dich irrtümlicherweise für einen Touristen halten«, sagte Terese.
    » Auch wieder wahr. Vielleicht sollte ich mir doch lieber eine Baskenmütze kaufen, auf die mein Name aufgestickt ist.«
    » Ja, so würdest du am wenigsten auffallen.«
    Terese hatte immer noch diesen wunderbaren Gang, mit hoch erhobenem Kopf, nach hinten gezogenen Schultern und einer auch sonst perfekten Haltung. Und als ich das merkte, fiel mir noch etwas über die Frauen in meinem Leben auf– sie hatten alle einen tollen Gang. Ich finde einen selbstbewussten Gang sexy, diesen fast schleichenden Schritt, mit dem manche Frauen einen Raum betreten, als hätten sie ihn schon fest in ihrer Hand. Am Gang einer Frau konnte man viel über sie erkennen.
    Wir gingen zu einem Garten-Bistro am Saint Michel. Der Himmel war immer noch grau, aber langsam kämpfte sich die Sonne einen Weg durch die Wolken frei. Terese setzte sich und sah mir sehr lange und genau ins Gesicht.
    » Äh, hab ich was zwischen den Zähnen?«, fragte ich.
    Sie lächelte kurz. » Mein Gott, was habe ich dich vermisst.«
    Ihre Worte hingen eine ganze Weile in der Luft. Ich wusste nicht, ob es an ihren Worten lag oder an der Stadt. Paris war einfach so. Es ist viel über die Schönheit und Erhabenheit der Stadt geschrieben worden, und zwar vollkommen zu Recht. Fast jedes Gebäude war ein wahrer Augenschmaus, ein kleines architektonisches Wunderwerk. Paris war wie eine schöne Frau, die wusste, dass sie schön war, die gerne schön war und die sich demzufolge nicht verstellen oder irgendwie anstrengen musste. Sie war einfach fantastisch, und alle wussten es.
    Aber mehr noch, wenn man in Paris war, fühlte man sich– in Ermangelung eines besseren Worts– lebendig. Ich korrigiere– in Paris will man sich lebendig fühlen. Wenn man hier ist, will man machen, tun und genießen. Man will etwas fühlen, einfach irgendetwas fühlen, ganz egal, was das ist. Sämtliche Empfindungen sind überhöht. Paris bringt einen dazu, dass man lachen und weinen will, sich verlieben und ein Gedicht schreiben oder auch eine Symphonie komponieren.
    Terese ergriff meine Hand.
    » Du hättest mal anrufen können«, sagte ich. » Du hättest mir irgendwie Bescheid geben können, dass mit dir alles in Ordnung ist.«
    » Ich weiß.«
    » Ich bin nicht umgezogen«, sagte ich. » Mein Büro ist immer noch in der Park Avenue. Und ich wohne immer noch bei Win in seiner Wohnung im Dakota.«
    » Und du hast dein Elternhaus in Livingston gekauft«, fügte sie hinzu.
    Das war ihr nicht rausgerutscht. Terese wusste von dem Haus. Sie wusste von Ali. Ich sollte erfahren, dass sie ein wachsames Auge auf mich gehabt hatte.
    » Du warst einfach verschwunden«, sagte ich.
    » Ich weiß.«
    » Ich habe dich gesucht.«
    » Auch das weiß ich.«
    » Kannst du aufhören, › ich weiß‹ zu sagen?«
    » Okay.«
    » Also, was ist passiert?«, fragte ich.
    Sie zog ihre Hand zurück. Ihr Blick wanderte zur Seine. Ein junges Paar spazierte an uns vorbei. Sie stritten sich auf Französisch. Die Frau war wütend. Sie hob eine zerdrückte Getränkedose vom Boden auf und schmiss sie ihrem Freund an den Kopf.
    » Du würdest es nicht verstehen«, sagte Terese.
    » Das ist noch schlimmer als › ich weiß‹.«
    Sie lächelte furchtbar traurig. » Ich bin beschädigte Ware. Ich hätte dich da mit hineingezogen. Und das konnte ich nicht

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