Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost
Wort von ihm gehört.«
» Hast du ihn angerufen?«
» Ich hatte keine Telefonnummer von ihm. Rick hat ganz präzise Angaben gemacht. Er hat gesagt, er würde sich melden, wenn ich da bin. Bisher hab ich aber nichts von ihm gehört.«
» Und deshalb hast du mich angerufen?«
» Ja«, sagte sie. » Weil du gut darin bist, Leute zu finden.«
» Wenn ich so gut darin bin, Leute zu finden, wie kommt’s dann, dass ich dich nicht gefunden habe?«
» Wahrscheinlich lag es daran, dass du nicht so genau gesucht hast.«
Das könnte stimmen.
Sie beugte sich vor. » Ich war dabei, erinnerst du dich?«
» Ja.«
Sie sprach das Offensichtliche nicht aus. Sie hatte mir geholfen, einen Menschen zu retten, der mir sehr wichtig war. Ohne sie hätte ich das damals nicht geschafft.
» Dann weißt du nicht mal genau, ob dein Ex überhaupt verschwunden ist?«, fragte ich.
Terese antwortete nicht.
» Vielleicht will er dir nur irgendwas heimzahlen. Vielleicht ist das Ricks verschrobene Idee von einem Scherz. Oder vielleicht ist das, was er dir sagen wollte, doch nicht ganz so wichtig, und er hat es sich anders überlegt.«
Sie sah mich einfach weiter an.
» Und wenn er vermisst wird, weiß ich gar nicht so recht, ob ich dir helfen kann. Ja, natürlich kann ich zu Hause in den Staaten ein paar Dinge anleiern. Aber wir sind hier im Ausland. Ich spreche kein Wort Französisch. Ich habe weder Win noch Esperanza oder Big Cyndi an meiner Seite, um mir zu helfen.«
» Du hast mich an deiner Seite, und ich spreche Französisch.«
Ich sah sie an. Sie hatte Tränen in den Augen. Ich hatte sie gesehen, als sie am Boden zerstört war, aber so hatte ich sie noch nie gesehen. Ich schüttelte den Kopf.
» Was verschweigst du mir?«
Sie schloss die Augen. Ich wartete.
» Seine Stimme«, sagte sie.
» Was ist damit?«
» Ich hab Rick im ersten Jahr auf der Uni kennengelernt, und wir sind dann auch bald miteinander gegangen. Wir waren zehn Jahre verheiratet. Wir haben fast täglich miteinander gearbeitet.«
» Okay.«
» Ich weiß alles über ihn, kenne jede seiner Stimmungen. Verstehst du, was ich meine?«
» Ich denke schon.«
» Wir waren zusammen in Kriegsgebieten. Wir haben im Nahen Osten Folterkammern entdeckt. In Sierra Leone haben wir Dinge gesehen, die kein Mensch je zu Gesicht bekommen sollte. Rick wusste, wie man seine Emotionen da raushielt. Er war immer ausgeglichen, hatte seine Gefühle im Griff. Er konnte die Übertreibungen nicht ausstehen, die sich zwangsläufig ergaben, wenn die Meldungen und Berichte für die Sendung aufbereitet wurden. Ich weiß also, wie seine Stimme in den unterschiedlichsten Situationen klingt.«
Wieder schloss Terese die Augen. » Aber so wie bei diesem Anruf habe ich ihn noch nie gehört.«
Ich streckte ihr meine Hand entgegen, Terese ergriff sie aber nicht.
» Wie klang er denn?«, fragte ich.
» Er hatte ein Zittern in der Stimme, das ich bei ihm noch nie gehört hatte. Ich dachte… ich dachte, er weint vielleicht. Er klang völlig verängstigt– und das bei einem Mann, bei dem ich nie auch nur den leisesten Anflug von Angst gesehen habe. Er sagte, er wollte, dass ich vorbereitet wäre.«
» Und worauf solltest du vorbereitet sein?«
Ihre Augen glänzten feucht. Sie faltete die Hände wie zum Gebet und legte dabei die Fingerspitzen auf den Nasenrücken. » Er sagte, das, was er mir zu erzählen hätte, würde mein ganzes Leben verändern.«
» Ja.«
Terese war auch keine Freundin von Übertreibungen. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.
» Und wo lebt Rick?«, fragte ich.
» Weiß ich nicht.«
» Könnte er in Paris leben?«
» Möglich.«
Ich nickte. » Hat er wieder geheiratet?«
» Das weiß ich auch nicht. Wie schon gesagt, wir haben lange nicht miteinander gesprochen.«
Das würde nicht einfach werden.
» Weißt du, ob er noch für CNN arbeitet?«
» Ich glaube nicht.«
» Vielleicht kannst du mir eine Liste mit Freunden und Familienangehörigen geben. Damit ich überhaupt erst einmal irgendwelche Anhaltspunkte habe.«
» Okay.«
Ihre Hand zitterte, als sie die Kaffeetasse ergriff und zum Mund führte.
» Terese?«
Sie hielt die Tasse weiter vors Gesicht, als wollte sie sich dahinter verstecken.
» Was könnte dein Exmann dir erzählen wollen, das dein ganzes Leben verändern würde?«
Terese wandte den Blick ab.
Rote Touristen-Doppeldeckerbusse fuhren an der Seine entlang. Auf allen Bussen war diese Kaufhaus-Reklame mit einer hübschen Frau, die
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