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Von Menschen und Monstern

Von Menschen und Monstern

Titel: Von Menschen und Monstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Tenn
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Wilden halten? Und warum tust du es?«
    Insgeheim war er zutiefst empört. Mit den Wilden verwechselt zu werden, jenen Bösewichtern aus den Kindermärchen, das war wirklich unerhört! Nur wer unter dem Niveau eines Menschen blieb, war ein Wilder.
    Warum war dieses Mädchen so frech? Und wie stand es denn mit ihr? Wie sie nur aussah! Keine Frau hatte etwas im Bestienrevier zu suchen. Sie sollte lieber vor ihrer eigenen Tür kehren!
    »Die Bestie hat nämlich bereits zwei Wilde in meinem Käfig abgeladen. Zum Glück nicht gleichzeitig. Ich habe jeden gleich bei seiner Ankunft getötet, ehe er noch seine fünf Sinne beisammen und bemerkt hatte, wie eßbar ich bin.«
    »Heißt das – gibt es denn tatsächlich Wilde?«
    »Ja, hast du denn noch keinen gesehen? Ach, du heiliger Aaron, wo kommst denn du her?«
    Von der Menschheit, wollte Eric schon mit gekränkter Würde sagen. Dann fiel ihm ein, wie diese Erklärung in den Ohren der Ausländer geklungen hatte. Er hatte in jüngster Zeit eine Menge gelernt. »Ich gehöre einem Vorderhöhlenstamm an«, sagte er. »Einem ziemlich kleinen. Du wirst ihn kaum kennen.«
    Das Mädchen nickte. »Ein Vorderhöhler; daher also dein offenes Haar. Und die Bestien betrachten jeden als Wilden, der das Haar nicht aus der Stirn gebunden trägt. Daß ich eine Frau bin, scheinen sie begriffen zu haben. Wahrscheinlich bin ich einer der wenigen Menschen weiblichen Geschlechts, den sie jemals gefangen haben. Nachdem aber mein Haar offen herunterhängt, schleppen sie ständig wilde Männer an, damit ich mich mit ihnen paaren soll. Da hat sich einiges abgespielt, kann ich dir verraten. Ich würde mich zwar nicht unbedingt weigern, die Gefährtin eines Mannes zu sein, aber sein Abendessen – niemals! Ich bin richtig darauf dressiert, nichts als Wilde zu erwarten, und kaum hatte ich dich mit deiner offenen Mähne erblickt, sagte ich mir, Rachel, es ist wieder mal soweit. Dabei hätte ich doch sehen müssen, daß du mit Lanzen und Tornister und ähnlichen menschlichen Gebrauchsgegenständen ausgerüstet bist.«
    »Du heißt Rachel? Mein Name ist Eric. Eric das Auge.«
    Sie stand auf und streckte ihm die Hand entgegen. »Hallo, Eric. Ich bin Rachel Estherstochter, kurz Rachel genannt. Es ist wirklich ein Vergnügen, wieder mal mit jemandem sprechen zu können. Ein Vorderhöhler«, sagte sie nachdenklich. »Das erklärt, wieso du niemals einem Wilden begegnet bist. In die Vorderhöhlen verirren sie sich niemals. Die sind für ihren Geschmack zu weit von draußen entfernt. Meine Leute aber müssen sie ständig in ihr offenes Gelände zurückdrängen. Die Bestien scheinen allerdings ganze Scharen Wilder eingefangen zu haben. Wahrscheinlich haben sie überall im freien ihre Fallen aufgestellt. He, schau mal!«
    Er folgte ihrem Blick. Die Bestie, die ihn gebracht hatte, drehte sich schwerfällig um und trabte davon.
    Rachel kicherte. »Nein, wie rührend! Jetzt glaubt sie, daß sie uns erfolgreich verkuppelt hat und will die Liebenden nicht länger stören. Das ist das erstemal seit langer Zeit, daß sie nicht gleich nachher einen Toten aus dem Käfig entfernen muß.«
    Eric fragte verlegen: »Warum soll jetzt alles in Ordnung sein?«
    »Vor allem natürlich, weil ich dich nicht umgebracht habe. Dann hat er gesehen, daß wir uns die Hände reichten. Ich glaube, sie wissen genausowenig von uns wie wir von ihnen. Wahrscheinlich meinen sie, Händeschütteln ist dasjenige welche.«
    Eric errötete. Noch nie war ihm eine Frau begegnet, die derart unverblümt sprach. Besonders befremdlich fand er ihre Offenheit, weil Rachel lebendig war, wie ihr lose herabwallendes Haar verriet. Sicherheitshalber wechselte er das Thema. »Du bist eine Angehörige des Aaronvolkes, nicht wahr?«
    Sie war von ihm fortgeschlendert. Jetzt drehte sie sich um. »Woher weißt du das? Vorderhöhler dringen kaum jemals bis in unser Gebiet vor ... Oh, natürlich, weil ich den heiligen Aaron angerufen habe.«
    »Deshalb und dann auch wegen deines Namens. In dem Käfig, aus dem ich kam, war ebenfalls ein Aaron. Jonathan Danielson.«
    Sie packte ihn beim Arm. »Jonny? Er lebt?«
    »Er starb, bevor ich aus dem Käfig gefischt wurde. Er hat mir erzählt, daß auch ein gewisser Saul Davidson in Gefangenschaft geraten war, aber die Bestien haben ihn seziert.«
    Rachel drückte die Augen fest zu. »Ooh! Saul war mein Lieblingsvetter. Wir hatten daran gedacht, nach unserer Rückkehr von der Expedition den Aaron um Paarungsgenehmigung zu

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