Von Natur aus kreativ
Bemühungen der Menschheit, durch Wissenschaft und Technologie die Lebenserwartung der Menschheit zu verlängern, ein störendes Element im kreativen Plan dieser Mächte.
Ingo Rentschler, Barbara Herzberger & David Epstein (Hrsg.): Beauty and the Brain. Biological Aspects of Aesthetics, Basel: Birkhäuser 1988.
Dies ist offenbar das erste Buch, in dem auf einer breiten Basis neurowissenschaftliche und psychologische Aspekte mit den Künsten in Beziehung gebracht und ästhetische Prinzipien in einem biologischen Rahmen erörtert werden. Das Buch basiert auf einer Reihe von Tagungen einer Studiengruppe, die von der Werner Reimers Stiftung in Bad Homburg finanziertwurde. Es gab zunächst erhebliche Widerstände, die Studiengruppe überhaupt einzurichten. Eine Besonderheit der Tagungen war, und dies muss man im Rückblick betonen, dass die Kommunikation zwischen den eingeladenen Künstlern und den Naturwissenschaftlern völlig problemlos war. Man hatte ein gemeinsames Grundverständnis und teilte einen gemeinsamen Enthusiasmus. Das war mit den Geistes- und Kulturwissenschaftlern ganz anders, oft gekennzeichnet durch die unterschiedlichen „Sprachspiele“ – man verstand einander einfach nicht. Ein Grund für die gute Kommunikation zwischen Künstlern und experimentellen Wissenschaftlern mag auch der sein, dass beide Gruppen praxisorientiert arbeiten; es entstehen Werke, in denen etwas zum Ausdruck gebracht wird oder in denen neues Wissen erzeugt werden soll. Ein experimenteller Aufbau kann auch als ein Kunstwerk verstanden werden, und manche Künstler der Moderne wie meine Freunde Olafur Eliasson oder Igor Sacharow-Ross experimentieren mit dem Betrachter.
Eva Ruhnau, Susanne Kridlo, Bernd Busch & Kurt Roessler (Hrsg.): Ethik und Heuchelei, Köln: DuMont 2000.
Im Jahre 1998 fand in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn ein Symposium mit diesem Titel statt, bei dem Themen aus Medizin, Gentechnik, Kerntechnik und Umweltforschung behandelt wurden; die Diskussionen waren naturgemäß kontrovers. Besonders interessant war, dass offizielle Vertreter von Ethik-Institutionen geradezu „Schaum vor dem Mund“ hatten, weil es überhaupt gewagt wurde, den Begriff „Ethik“ mit dem der Heuchelei in Zusammenhang zu bringen. Die Veranstaltung zielte darauf, Vertreter mit kontroversen Positionen zu den genannten Bereichen miteinander ins Gespräch zu bringen. Des Weiteren waren eher fachnahe und fachferne Repräsentanten der einzelnen Bereiche eingeladen. Es zeigte sich, dass eine kreative Diskurskultur nur sehr schwer zu verwirklichen ist, denn sie verlangt, den Argumenten der Gegenseite offen und aufmerksam zuzuhören. Offenheit gegenüber den Argumenten anderer bedeutet auch, die eigenen Argumente in Frage zu stellen. Das fällt jedem Menschen schwer, und Wissenschaftler sind auch nur Menschen. Und auch wenn ihre Argumente im Rahmen wissenschaftlicher Kreativität entstanden sind, führen unterschiedliche disziplinäre Rahmenbedingungen doch oft zu gegenläufigen Auffassungen. Man kann in seiner Kreativitätalso auch ein Opfer impliziter Annahmen sein, wenn man sich diesen nicht bewusst ist. Zudem reagiert man üblicherweise emotional auf Argumente anderer, die die eigenen in Frage stellen, was man regelmäßig in Fernsehdiskussionen beobachten kann. Und so liegt es nicht fern, anderen den Vorwurf der Heuchelei zu machen und ihnen unlautere Motive zu unterstellen – eine bekannte Maßnahme, Kritik abzuwehren.
Bertrand Russell: The Art of Philosophizing, New York: Philosophical Library 1968.
Besonders hilfreich ist, dass Russell auf die „Sprachfalle“ hinweist, in die wir stürzen können, wenn wir ohne Nachdenken Begriffe der Alltagssprache verwenden und diese unreflektiert in wissenschaftlichen Kontexten anwenden. Dies ist eines der größten Probleme der modernen Hirnforschung. Begriffe werden kritiklos übernommen, und manche Forscher suchen nach dem „Sitz“ des Bewusstseins im Gehirn, nach dem „Ort“ der Intelligenz, der Zeit, des Geldes, der Liebe oder Gottes. Von solchen Absurditäten kann man sich bewahren, wenn man einfach nur die Fakten zur Kenntnis nimmt: Jeder subjektive Akt, alles, was explizit oder implizit unser Erleben ausmacht, wird von raum-zeitlichen Mustern neuronaler Aktivitäten getragen. Das heißt, es gibt nie nur den einen Ort, an dem eine Vorstellung, eine Erinnerung, ein Gedanke oder das Erleben sitzt. Dieser ist zwar notwendig aber nicht hinreichend
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