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Von nun an fuer immer

Von nun an fuer immer

Titel: Von nun an fuer immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Marinelli
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und morgen ebenfalls Nachtdienst, und James hat Bereitschaftsdienst. Es wäre mir sehr lieb, wenn Sie sich immer erst an mich wenden, wenn Sie eine Frage haben, und nicht gleich James anrufen.“
    „Natürlich.“
    „Heute ist mal wieder viel los. Das ist auch der Grund, weshalb ich mit Ihnen sprechen wollte. Ich weiß, dass es für Sie und James ein bisschen seltsam sein muss, miteinander zu arbeiten. Und ich vermute, dass es James deshalb schwerfällt, bestimmte Dinge anzusprechen. Also werde ich es tun.“
    Lorna spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen, als Abby ihr sehr höflich und nett mitteilte, dass sämtliche Kollegen sich über sie beschwerten und genervt davon waren, wie langsam sie alles erledigte und wie unsicher sie war. Außerdem wäre es eine Zumutung für die ärztlichen Kollegen, dass Lorna niemals eigene Entscheidungen traf, sondern immer eine zweite Meinung einholte.
    Die Liste der Kritikpunkte war lang, und am Ende fühlte Lorna sich wie durch den Wolf gedreht. Dabei hatte die Nachtschicht noch nicht einmal angefangen.
    „Sie brauchen nicht immer eine vollständige Untersuchung zu machen“, fuhr Abby fort. „Und es kann nicht sein, dass Sie nach jedem Patienten eine Viertelstunde lang Ihre Befunde in die Akte schreiben. Nur sehr wenige Patienten verklagen uns; es ist also nicht nötig, dass Sie sich immer in alle Richtungen absichern.“
    „Ich sichere mich nicht ab“, protestierte Lorna zum ersten Mal. „Gut, ich bin langsam, aber ich halte es für notwendig, mir ein Gesamtbild zu verschaffen. So arbeite ich nun einmal.“
    „Das mag ja in einer Landarztpraxis funktionieren, aber hier müssen Sie ein bisschen schneller sein, Lorna. Beeilen Sie sich in Zukunft einfach etwas. Das ist alles, worum ich Sie bitte.“
    „Ist gut.“ Lorna erhob sich. „Danke für Ihre Hilfe.“
    „Immer gern.“ Abby lächelte zufrieden.
    Die Versuchung, einfach wieder nach Hause zu gehen, war groß. Doch Lorna riss sich zusammen, holte sich einen Becher Kaffee und machte sich auf den Weg zu ihren Kollegen, die sie offensichtlich allesamt nicht leiden konnten. Wortlos setzte sie sich zu ihnen in den Aufenthaltsraum.
    „Kommen Sie, Lorna!“ May lächelte sie freundlich an. „Ich werde heute Nacht auf Sie aufpassen.“
    Und genau das tat May auch. Sie kümmerte sich um alle – Patienten und Kollegen. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung hatte sie einen siebten Sinn für Katastrophen entwickelt und konnte sie oft sehr präzise voraussagen. Dabei blieb sie stets ruhig und gelassen, sodass jeder Kollege sie schätzte. Nachdem sie beobachtet hatte, wie May freundlich mit einer Prostituierten plauderte, die mit einer Platzwunde am Kopf hereingestolpert war, wurde Lorna klar, dass May von allen respektiert wurde, weil sie selbst allen Menschen mit Respekt begegnete.
    Lorna war dabei keine Ausnahme.
    „Wissen Sie – so muss Ihr Leben nicht sein“, sagte sie zu der Prostituierten, als sie gegen zwei Uhr morgens endlich dazu kam, die Kopfwunde zu vernähen.
    Die Reaktion der Frau war eine so wüste Schimpftirade, dass May sich schon darauf eingestellt hatte, Lorna trösten zu müssen. Doch Lorna blieb gefasst.
    „Sie können nicht die ganze Welt retten“, sagte May.
    „Nein.“ Entschlossen sah Lorna die Oberschwester an. „Nicht die ganze Welt. Aber wenn diese Frau mich ließe, könnte ich ihr helfen.“
    Es war sehr ermutigend, als gegen sechs Uhr früh eine erschöpfte Frau mit Kopfverband wieder in der Notaufnahme stand und nach der „eingebildeten Frau Doktor aus Schottland“ verlangte. May piepte Lorna an, die sofort übernächtigt und blass erschien.
    Lorna holte zwei Becher Kaffee aus der Stationsküche und verschwand mit der Frau für über eine Stunde in ihrem Büro.
    Als May kurz darauf mit ihrem Mann frühstückte und sich dann nach der aufregenden Nachtschicht zu einem wohlverdienten Nickerchen ins Bett legte, dachte sie noch lange darüber nach, dass in dieser Nacht etwas wirklich Bedeutsames geschehen war. Natürlich war nicht die ganze Welt gerettet worden, aber für Rita, die Prostituierte, hatte vielleicht ein neues Leben angefangen.
    Manchmal liebte May ihren Job.
    Sie trug ihr neues Brillenband. Es war tatsächlich sehr praktisch, auch wenn sie damit wie eine alte Jungfer aussah. Doch das kümmerte Lorna nicht. Wesentlich interessanter fand sie die Tatsache, dass James am Samstagabend gegen dreiundzwanzig Uhr in die Klinik gerufen worden war.
    „Tut mir leid, James“,

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