Von nun an fuer immer
Es wird vielleicht ein paar Tage dauern, bis du dich eingelebt hast, aber am Ende der ersten Woche hast du dich bestimmt schon an alles gewöhnt.“
„Na, hoffentlich hast du recht“, seufzte Lorna. „Was werden wohl die Kollegen von mir denken? Die meisten wissen vermutlich inzwischen, dass ich deine Exfrau bin.“
„Zuerst werden sie neugierig sein“, vermutete James. „Und dann ist da noch Abby, eine der Assistenzärztinnen. Möglicherweise ist sie am Anfang etwas schnippisch. Ich glaube, sie hat ein Auge auf mich geworfen.“
„Wie so viele Frauen“, meinte Lorna lächelnd. Früher hatte sie das nicht so gelassen sehen können. Es hatte lange gedauert, bis ihr klar geworden war, dass James wirklich nicht wusste, welche Wirkung er auf Frauen hatte. „Bist du mal mit ihr ausgegangen?“
„Natürlich nicht!“ James schüttelte vehement den Kopf. „Ich verabrede mich niemals mit Kolleginnen.“ Er räusperte sich verlegen. „Ich rede übrigens auch nie über mein Privatleben. Deshalb denken alle, dass ich noch mit Ellie zusammen bin.“
Verwirrt sah Lorna ihn an. „Und?“
„Ich schätze, wenn die Kollegen glauben, dass es für Ellie okay ist, wenn du bei mir arbeitest, dann nehmen sie auch an, dass zwischen uns nichts mehr läuft. Was ja auch stimmt“, fügte er schnell hinzu.
„Natürlich.“
Er bezahlte den Kaffee, und als sie sich diesmal verabschiedeten, war das Abschiedsküsschen auf die Wange etwas völlig Selbstverständliches. Sie waren schließlich Freunde. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Expartner, die sich auf eine Art und Weise verabschiedet hatten, die nicht besser hätte sein können. Und die alles geklärt hatten. Endgültig.
Selbstverständlich gab es eine Menge Gerede und viele neugierige Fragen, als James Morrells Exfrau in seiner Abteilung anfing. Entsprechend angespannt war die Atmosphäre während der ersten Wochen. Viele der Kollegen nahmen an, dass Lorna eine ganz außergewöhnliche Frau sein musste, weil sie sich von einem so umwerfenden Mann wie James hatte scheiden lassen.
Lorna tat ihr Möglichstes, um dem Getratsche Einhalt zu gebieten. Mit ihrer meist mausgrauen oder braunen Kleidung, der Brille auf der Nase und den blickdichten Strümpfen entsprach sie ganz und gar nicht dem Bild der verführerischen Femme fatale, für die sie vor ihrer Ankunft gehalten worden war. Außerdem war sie übergenau und fast schon zwanghaft gewissenhaft, sodass schon bald sowohl Ärzte als auch Schwestern ziemlich genervt von ihr waren.
„Sie ist furchtbar“, beklagte sich Shona, eine der Schwestern, während sie darauf wartete, dass Lorna ihre Aufzeichnungen zu dem aktuellen Patienten beendete und ihre Verordnung in die Akte eintrug. „Sie schafft es einfach nicht.“
„Was schafft sie nicht?“, erkundigt May sich kühl.
„Ach, sie ist sooo langsam“, seufzte Shona. „Alles muss sie doppelt und dreifach überprüfen.“
„Ja, das nervt wirklich“, stimmte Lavinia zu. „Sie ist besessen von der Angst, einen Fehler zu machen.“
Das stimmte – leider. Vielleicht hatten die anderen Kliniken recht gehabt, als sie sie nicht einstellen wollten. Immer wieder kreiste dieser Gedanke durch Lornas Kopf. Es gab hier einfach viel zu viele Dinge, an die man denken musste, zu viele Namen, die sie sich merken sollte, und nur so wenige vertraute Gesichter.
James, der das alles natürlich bemerkte, musste sich immer wieder daran erinnern, dass er Lorna nicht bevorzugen durfte und wie jede andere Kollegin behandeln musste. Trotzdem fühlte er sich für sie verantwortlich und kam sich vor wie ein besorgter Vater, der sein Kind jeden Morgen mit sehr gemischten Gefühlen in den Schulbus setzte und trotz seiner Sorge vorgab, dass alles in bester Ordnung sei.
Um es ihr ein wenig leichter zu machen, sorgte er bei der Dienstplanung dafür, dass sie so oft wie möglich gleichzeitig mit May Dienst hatte.
„Happy Birthday!“, rief James und küsste sie auf die Wange, nachdem Lorna sich in der kleinen Tapas-Bar neben ihn gesetzt hatte.
„Vielen Dank!“, stöhnte Lorna. „Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du mich an meinem Geburtstag für die Nachtschicht eingeteilt hast.“
James grinste. „Wir hatten doch vereinbart, dass ich dir keine Privilegien gewähre. Und du hast mich nicht gefragt, ob du frei haben kannst.“
Da sie sich bei der Arbeit nicht über Privates unterhalten konnten und es ihnen irgendwie unpassend erschien, sich gegenseitig zu Hause zu besuchen,
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