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Von Ratlosen und Löwenherzen

Von Ratlosen und Löwenherzen

Titel: Von Ratlosen und Löwenherzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Ruhe.
    Allerdings nicht für William, dessen Werk noch lange nicht getan war. In enger Übereinstimmung mit Papst Gregor VII. und unterstützt von einem sehr klugen und weitsichtigen Benediktiner namens Lanfranc, welcher Erzbischof von Canterburywurde, reformierte er die englische Kirche. Das bedeutete in der Praxis, dass beinah alle angelsächsischen Bischöfe und Äbte gegen Normannen ausgetauscht wurden und die Priester auf dem Land Ärger bekamen, wenn sie verheiratet waren. Als auch das erledigt war und William langweilig zu werden drohte, beschloss er, Wales zu erobern. Aber da hatte er die Rechnung ohne die Waliser gemacht. Diese waren ja die Nachfahren jener britischen Kelten, die die Angelsachsen aus England verjagt hatten. Nicht schon wieder, werden sie sich gesagt haben, und sie verstanden es, sich zu wehren, sodass die Normannen niemals wirklich Fuß in Wales fassten.
    Mit Williams Expansionspolitik in Frankreich sah es ebenfalls nicht so rosig aus, weil sein ältester Sohn Robert, den er in der Normandie als Statthalter eingesetzt hatte, seinem Vater nicht das Wasser reichen konnte. Die französischen Nachbarn wussten das natürlich ganz genau, und sie besetzten die Grafschaft Maine und schließlich auch das Vexin, auf die William Ansprüche erhob. Und Philip, der König von Frankreich, tat noch ein bisschen mehr als das: Zusammen mit Edgar Ætheling setzte er dem jungen Robert den Floh ins Ohr, er solle von seinem Vater verlangen, ihm die Herzogswürde in der Normandie zu übertragen.
    Der Anspruch war nicht einmal so unsinnig. William – der seine Söhne nur unwesentlich besser behandelte als seine Untertanen – erwartete von Robert, die Aufgaben eines Herzogs zu versehen und die entsprechende Stellung zu wahren, gewährte ihm aber keine Verfügung über die Pacht- und Steuereinnahmen des Herzogtums. Anders gesagt: Robert hatte eine Menge Pflichten, aber kaum die Mittel, ihnen nachzukommen, und erst recht keine väterliche Anerkennung. Die Lage spitzte sich zu, als Prinz Robert sich 1077 wegen einer Lappalie mit seinen jüngeren Brüdern, William »Rufus« und Henry, zerstritt und William für die beiden jüngeren Söhne Partei ergriff. Robert war gekränkt, und außerdem hatte er die Nase gestrichen voll vom Führungsstil seines Vaters – er rebellierte und erhob mitUnterstützung des Königs von Frankreich Anspruch auf den Herzogstitel der Normandie.
    Dieser handfeste Familienkrach dauerte fast zwei Jahre. 1079 kam es zwischen Williams und Roberts Truppen zur Schlacht, in welcher der Sohn den Vater um ein Haar erschlagen hätte, erzählt ein Chronist. Robert siegte, aber weil der normannische Adel nicht wagte, sich gegen William zu erheben, und der König von Frankreich daraufhin bald den Spaß an dieser Geschichte verlor, brachte der Sieg Robert letztlich überhaupt nichts ein. Außer vielen schlaflosen Nächten, darf man wohl annehmen. Es galt als Verstoß gegen die göttliche Ordnung, wenn ein Sohn sich gegen den Vater auflehnte. Und bedenkt man, was für ein Mensch dieser Vater war, wird Robert sich nachts so allein in seinem Zelt manches Mal ganz schön gefürchtet haben.
    Aber einige von Williams alten Vertrauten vollbrachten das Wunder, zwischen dem König und dem abtrünnigen Prinzen eine Versöhnung zu vermitteln. Natürlich traute William seinem Ältesten nie wieder. Bei allen Charaktermängeln, die man ihm vorwerfen kann: Übermäßige Vertrauensseligkeit gehörte wirklich nicht dazu.
    Vielleicht war es die Verbitterung über diese Rebellion, die William immer tyrannischer und unbarmherziger werden ließ. Vielleicht lag es auch daran, dass die alten Freunde und Weggefährten allmählich wegstarben und der König es versäumte, zur nächsten Generation eine Bindung aufzubauen. Jedenfalls wuchs die Furcht vor ihm auf beiden Seiten des Kanals, nicht nur unter der einfachen Bevölkerung, sondern auch unter Adel und Ritterschaft.
    1082 nahm William seinen Halbbruder Odo fest, den Bischof von Bayeux und Earl of Kent. Die Gründe sind nicht ganz klar. Odo war ihm in den rund eineinhalb Jahrzehnten seit der Eroberung immer ein treuer Statthalter gewesen, wenn William England verlassen musste, und hatte seinem königlichenBruder mit dem »Teppich von Bayeux« ein Denkmal gesetzt, das Betrachter noch heute offenen Mundes bestaunen. Möglicherweise hatte Odo sich in den Kopf gesetzt, Papst zu werden, und hinter Williams Rücken zu dem Zweck eine Armee aufgestellt. Jedenfalls wurde er unter dem

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