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Von Ratlosen und Löwenherzen

Von Ratlosen und Löwenherzen

Titel: Von Ratlosen und Löwenherzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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»Peeping Tom«, auch wenn wohl nur die wenigsten Leute wissen, warum.
    Sie wissen es jetzt.

Kapitel 3
1066 – 1154: Die Normannen
    Nach der römischen, der angelsächsischen und der dänischen war die normannische die vierte und bislang letzte erfolgreiche Invasion Englands.
    Nicht nur König Harold, sondern auch all seine Brüder waren bei der Schlacht von Hastings gefallen. (Bis auf einen, Wulfnoth, der aber schon seit seiner Jugend als Gast, sprich Geisel, an Williams Hof gelebt hatte und in England keine Rolle spielte, der Ärmste.) Die Blüte des angelsächsischen Adels hatte es ebenfalls zum größten Teil erwischt. Das Enga-land , welches die Angelsachsen gekannt hatten, hörte am 14.10.1066 auf zu existieren.
    Eigentlich gab es nur noch vier Leute, die William gefährlich werden konnten: Der exkommunizierte, aber mächtige Erzbischof von Canterbury, Stigand. Dann zwei Brüder aus dem Norden, Edwin und Morcar (übrigens Enkel von Lady Godiva und ihrem Leofric), die die Earls of Mercia und Northumbria waren. Und ein vielleicht zehnjähriges Bübchen: Edgar, genannt der »Ætheling« (Prinz oder Edler), letztes Zweiglein am verdorrten Stammbaum des angelsächsischen Königshauses. Besonders gefährlich waren diese vier, weil sie sich in London zusammentaten, um den Widerstand gegen die Normannen zu organisieren. Jahrhundertelang waren sie irgendwie mit den Wikingern fertig geworden, sagten sie sich. Wenn man genau hinschaute, waren diese Normannen doch auch nichts anderes.
    Aber das war ein Irrtum.
    Von Oktober bis Dezember ließ William Englands Süden systematisch plündern, weil er die Engländer das Fürchten lehren wollte und seine siegreiche Armee ja schließlich irgendetwas essen musste. Er zog einen Belagerungsring um London, um die große Stadt von jedem Nachschub an Truppen und Lebensmitteln abzuschneiden. Bald war der Schrecken so groß, dass die angelsächsische Viererbande klein beigab und zu William nach Berkhamsted eilte, um ihm die Krone anzubieten.
    Am 25.12.1066 wurde William also in Westminster Abbey gekrönt. Die Zeremonie verlief nach einem ausgeklügelten Prozedere, das auch vorsah, die versammelten Adligen um ihre Zustimmung für den neuen König zu bitten. Das war ein alter Brauch und gab Williams Herrschaft zusätzliche Legitimation. Als der Erzbischof von York die englischen Thanes und Earls also fragte, ob sie William auf dem Thron wollten, stimmten sie einen ohrenbetäubenden Jubel an. Vielleicht, weil sie froh waren, noch am Leben zu sein. Vielleicht auch, weil sie hofften, dieser starke, Furcht einflößende Herrscher werde dem Land innere Stabilität und sichere Grenzen bescheren. (Eine Hoffnung, die sich erfüllte.) Jedenfalls jubelten sie, und als die normannischen Wachen vor der Kirche das Getöse hörten, glaubten sie, es sei eine Revolte ausgebrochen, und zündeten die Häuser von Westminster an. Das kleine Städtchen vor den Toren von London wurde ein Raub der Flammen.
    Dieses tragische Missverständnis war symptomatisch für William und die Engländer, die in den nächsten zwanzig Jahren eigentlich permanent aneinander vorbeiredeten.
    William (links) und sein Widersacher Harold Godwinson im Teppich von Bayeux
    Schon im Frühjahr darauf brach der König zu ein, zwei Scharmützeln mit seinen bedauernswerten französischen Nachbarn auf und nahm die Viererbande als Geiseln mit an seinen Hof in Rouen. Die Herrschaft über England legte er in die Hände seines Halbbruders Odo (Bischof von Bayeux und seit der Eroberung Earl of Kent) und seines Seneschalls GuillaumeFitzOsbern (frischgebackener Earl of Hereford). Diese beiden Männer gehörten zu den wenigen, denen William blind vertraute.
    Wie schon angedeutet, hatte der neue König von England eine selbst für seine Zeit überdurchschnittlich grässliche Kindheit gehabt. Als er mit sieben oder acht Jahren Herzog wurde, versuchte der normannische Adel die nächsten zehn Jahre lang, ihn zu schnappen, zu vergiften, in Fallen zu locken und so weiter. Der kleine William schwebte ständig in Lebensgefahr, und als er die Macht erst in der Normandie und später in England gewonnen hatte, traute er eigentlich nur den Männern, die schon in jenen schweren Jahren seine Freunde gewesen waren.
    Natürlich rechtfertigen diese schweren Jahre des kleinen William nicht alle Sünden des großen. Er war oft unverhältnismäßig grausam und hatte eine befremdliche Neigung, seine Untertanen zu verstümmeln. Manche erklären das mit

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