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Von Ratlosen und Löwenherzen

Von Ratlosen und Löwenherzen

Titel: Von Ratlosen und Löwenherzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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zu lieben.« Auf jeder Zwischenstation von Nottinghamshire, wo sie gestorben war, nach Westminster, ließ er ein großes steinernes Kreuz in ihrem Andenken errichten. Drei stehen heute noch.
    Ich erzähle Ihnen dieses Rührstück nicht, um auf Ihre Tränendrüse zu drücken, sondern um zu veranschaulichen, dass Edward eine sympathische, geradezu empfindsame Seite hatte. Denn davon abgesehen war er, wenn wir ehrlich sein wollen, kein besonders netter Kerl.
    Das einzig Bemerkenswerte, was er auf seinem Kreuzzug im Heiligen Land zuwege brachte, war, im Juni 1272 den Angriff eines Assassinen zu überleben, was wirklich nicht viele Leute von sich behaupten konnten. Der Vertreter dieser gefürchteten Guerillatruppe (»Assassinen« bedeutet übrigens »Haschischraucher«) verletzte ihn mit einem vergifteten Dolch am Arm, ehe Edward ihn von sich schleudern, ihm die Waffe entreißen und ihn damit töten konnte. Eine spätere Legende erzählt, seine geliebte Eleanor habe das Gift aus der Wunde gesaugt und ihn dadurch gerettet. Stimmt aber nicht. Tatsächlich rettete ihn sein schnelles Reaktionsvermögen. Die Wunde wurde brandig, und ein englischer Arzt schnitt das faulige Fleisch heraus, aber das Gift war offenbar nicht in ausreichender Menge eingedrungen, um Edward zu töten. Der Vorfall ist in gewisser Weisetypisch für Edward: Alles, was er zustande brachte, erreichte er durch unerschrockenes, schnelles Handeln und aus eigener Kraft.
    Ein paar Monate später kehrte er in den Westen zurück und erfuhr bei seiner Landung in Italien vom Tod seines Vaters. Seltsamerweise hastete er aber nicht nach England zu seiner Krönung. Er trieb sich zwei Jahre auf dem Kontinent rum, besuchte den Papst, dann den neuen König von Frankreich (Philip III.) und leistete ihm einen hochinteressanten Lehnseid: »Ich huldige dir für alle Ländereien, die ich eigentlich von dir zu Lehen halten sollte.«
    Philip dürfte ziemlich gestutzt haben und argwöhnte zu Recht, dass Edward sich zurückholen wollte, was sein Großvater, John »Ohneland«, in Frankreich verloren hatte.
    Aber erst einmal hatte Edward andere Dinge zu regeln. Er segelte nach England, und am 19. August 1274 – also fast zwei Jahre nach dem Tod seines Vaters – wurde er in Westminster mit großem Prunk gekrönt. Komischerweise hatten die aufmüpfigen Barone seine lange Abwesenheit nicht ausgenutzt, um wieder zu rebellieren, aber trotzdem war im Land vieles im Argen. Die Richter und die Sheriffs in den Grafschaften ließen sich schmieren, die Lords machten, was sie wollten, und im ganzen Land herrschte Misswirtschaft.
    Die Reste vom Krönungsbankett waren kaum vertilgt, da begann Edward im September 1274, gründlich aufzuräumen. Alle Sheriffs wurden abgesetzt. Er schickte zwei vertrauenswürdige Beamte in jede Grafschaft zu einer Bestandsaufnahme aller Liegenschaften. So entstanden die Hundertschaftsrollen , ein gigantisches statistisches Werk, das man nur mit König Williams Domesday Book vergleichen kann. Das Ergebnis war, dass Edward im Parlament des Frühjahrs 1275 ein Gesetz durchdrückte, welches die Korruption und viele andere Missstände abstellte. Bei all seinen Maßnahmen achtete er darauf, die Lords der Welt und der Kirche einzubinden und mitzunehmen, und es herrschte eine Einigkeit unter ihnen, die zwanzig Jahre zuvor undenkbar gewesen wäre.
    Edward I. und Eleanor bei einem Vorläufer des Backgammon-Spiels
    Unterdessen braute sich in Wales neuer Ärger zusammen. Llywelyn der Große und sein Enkel und Nachfolger, der praktischerweise auch Llywelyn hieß, sodass Sie sich nicht so viele dieser etwas sperrigen walisischen Namen merken müssen, hatten den Krieg zwischen der englischen Krone und ihren rebellischen Baronen ausgenutzt, um ihre eigene Machtstellung auszubauen, und waren sogar mehrfach in England eingefallen.Der jüngere Llywelyn hatte beinah ganz Wales unter seine Kontrolle gebracht, all die chronisch untereinander zerstrittenen walisischen Lords geeint und sich 1267 zum »Prince of Wales« ausrufen lassen. Und es war sehr klug von ihm, das zu tun, denn nur durch Einigkeit konnten die Waliser den englischen Begehrlichkeiten und der angestrebten Fremdherrschaft etwas entgegensetzen.
    Aber Edward gefiel es überhaupt nicht, auf der eigenen Insel einen so selbstbewussten, mächtigen Nachbarn zu haben. Und er hatte ein Auge auf Wales geworfen, auf all das Land, das er besitzen und an seine Getreuen verteilen, und auf die berühmten walisischen Bogenschützen,

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