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Von Zwanzig bis Dreißig

Von Zwanzig bis Dreißig

Titel: Von Zwanzig bis Dreißig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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»Welches Buch?« antwortete er beinah unwirsch: »Ach was; von Herrn Smidten ist alles schön.«
     

Hugo von Blomberg
     
    Hugo von Blomberg
, etwa ums Jahr so als »Maler Müller« in den Tunnel eingetreten, war nie sehr beliebt. Unter den Baronen Maler und Dichter, unter den Malern und Dichtern Baron. Man weiß, was dabei herauskommt. Also er war nicht sehr beliebt; aber er war außerordentlich geachtet, worauf er denn auch, wie selten einer, Anspruch hatte. Das mit den »Edelsten der Nation« ist nur zu oft angetan, Widerspruch zu wecken; aber er – Blomberg – durfte wirklich als ein solcher »Edelster« gelten. Er war ganz Idealist, nicht in Redensarten, sondern in Wirklichkeit. Nebenher sei bemerkt, daß er ein Neffe oder Großneffe jenes Alexander von Blomberg war, der 1813, beim Erscheinen der russischen Vorhut, sich dieser als Führer anschloß und beim Eindringen in Berlin, in Nähe des Königstors, durch eine französische Kugel seinen Tod fand. Ein Denkstein zeigt bis diesen Tag die Stelle, wo der erste Preuße der Befreiungskriege fiel.
    Unser Blomberg war unbemittelt. Daß er es war, war, wenn ich recht berichtet bin, eine Folge seiner ihn auszeichnenden Großherzigkeit. Es existierte noch ein Familienbesitz in Kurland, und der Nächstberechtigte dazu war eben unser
Hugo
von Blomberg. Dieser aber, als es sich um Übernahme des Erbes handelte, fand, daß ein Bruder oder ein andrer naher Verwandter in noch minder glücklicher Lage sei als er selbst, und so trat er diesem, seinerseits nur einen ganz bescheidenen Gewinnanteil fordernd, das Gut ab. Auch mit diesem Gewinnanteil, wenn er ausblieb, nahm er's nicht genau. »Er zahlt nicht, weil er nicht kann.« Damit war die Sache erledigt. Nun hätte dies, unter Verhältnissen, wie sie gewöhnlich bei jungen Adligen liegen, immer noch nicht allzuviel bedeutet – eine Stellung in der Verwaltung, in der Armee kann helfen und nötigenfalls eine gute Partie. Aber Blomberg setzte die Pflege seines Idealismus mit ungeschwächten Kräften fort, nichts von Verwaltung, nichts von Armee, nichts von »guter Partie«, er wurde vielmehr Maler und Dichter und nahm eine arme Frau. Diese war eine ganz entzückende Dame, Potsdamerin, Tochter des alten Generals von Eberhardt, der in der Schlacht bei Jena, damals dreizehnjährig, als alles schon wankte, sich an die Spitze einer Grenadierkompagnie gestellt und, im Vorgehen gegen eine Batterie, das Bein durch eine Kanonenkugel verloren hatte. Er erhielt den Pour le mérite, die einzige Ordensauszeichnung, die für den Tag von Jena erteilt wurde, und stand, bis an sein Lebensende, beim ganzen Hause Hohenzollern in hohem Ansehen.
    In Hugo von Blomberg und dem Fräulein von Eberhardt waren zwei musterhafte Menschen zusammengekommen, und musterhaft wie die Menschen waren, war auch ihre Ehe. Sie liebten sich aufs innigste, und außer seiner Kunst existierte für Blomberg nur Frau und Kind. Gesellschaften mied er, und als wir, seine näheren Freunde, dies mal tadelten, dabei von seiner »Hausunkenschaft« sprachen und ihn zu überzeugen suchten, daß er seiner Frau denn doch zu große Opfer bringe, lächelte er und sagte: »Sie irren. Ich bringe meiner Frau keine Opfer; ich
liebe
meine Frau.« Wir machten lange Gesichter und schwiegen.
    Daß wir, er und ich, so was wie Freundschaft schlossen, das datierte von einem bestimmten Vorfall her. Es war eine jener geschäftlichen Tunnel-Sitzungen, in denen über neu aufzunehmende Mitglieder verhandelt wurde. Blomberg empfahl einen jungen kurischen Edelmann, der den Wunsch ausgesprochen hatte, Mitglied zu werden. Ich sagte, das würde nicht gut gehn. Er verfärbte sich, bezwang sich aber und fragte ruhig: »Warum nicht?« – »Ich kann es hier in öffentlicher Sitzung nicht sagen; aber ich werde es Ihnen im Privatgespräch nachher mitteilen.« Dies geschah. Er nickte zu meinen Mitteilungen, war aber nicht voll überzeugt und wollte sich in Dresden – wo die Dinge gespielt hatten – erst nach dem Sachverhalt erkundigen. Dies tat er denn auch, und die Angelegenheit kam nicht weiter zur Sprache. So fatal ihm der Zwischenfall war, so wußt' er mir doch schließlich Dank, ihn vor einer Unannehmlichkeit bewahrt zu haben. Denn er war, wie in allem korrekt, so auch sehr sittenstreng.
    Im Tunnel waren wir allerspeziellste Nebenbuhler, weil die Ballade sowohl seine wie meine Domäne war. Ja, wir hatten sogar die Spezialgebiete gemein und behandelten beide mit besonderer Vorliebe: das Schottische,

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