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Von Zwanzig bis Dreißig

Von Zwanzig bis Dreißig

Titel: Von Zwanzig bis Dreißig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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sage mit dem Gendarmeriebrigadier: »Gegen
mich
war er gut.«
    Aber freilich daneben ...!
     
    Onkel August war 1804 aus einer zweiten Ehe meines Großvaters – der immer sehr verständig heiratete und es schließlich bis auf drei Frauen brachte – geboren. Ebendieser Großvater, Pierre Barthélemy, von dem ich an andrer Stelle – in dem Buche »Meine Kinderjahre« – manches erzählt habe, war bei der Geburt dieses jüngsten Sohnes schon beinah fünfzig, Grund genug, diesen Jüngsten zu verziehen. Aber dieser Grund war doch nur der kleinere, der größere und verzeihlichere war, daß dieser Spätling ein überaus reizender Junge war, hübsch, heiter, gutmütig, talentvoll. Er hatte was, um dessentwegen ihm alle Welt gern zu Willen war, am meisten der eigene Vater, und nur in einem gab Pierre Barthélemy
nicht
nach, wenigstens nicht gleich. Das war, als es sich um den einzuschlagenden Beruf handelte. Der Sohn wollte Künstler werden, aber damit drang er bei dem Vater nicht durch, der aus eigner Erfahrung wußte, wie wenig dabei herauskomme. Statt dessen also kam mein Onkel August bei Quittel in die Lehre, bei Quittel, was damals ein großer Name war, der Inbegriff alles Feinen, etwa wie heute Gerson oder Treu und Nuglisch oder Lohse. Quittel besaß ein Putzgeschäft unter der Stechbahn, wo Hof, Adel und vornehme Fremde ihre Einkäufe machten. Es war keine Frage, daß Onkel August wundervoll dahin paßte, schon weil er hübsch, flink und verbindlich und noch mehr, weil er im Französischen fest und sicher war. Aber er seinerseits war nicht zufrieden, weil er den Wunsch, ein freier Künstler zu werden, nie aufgegeben hatte. So kam schließlich, was trotz aller vorausgehender Weigerung des Vaters kommen mußte: Quittel wurde quittiert und mit Professor Wach vertauscht; an die Stelle von Putzgeschäftkartons traten Atelierkartons. Das war nun zunächst ein großes Glück, denn um Professor Wachs Haupt wob sich ein kleiner Heiligenschein; Wach war ein schöner Mann, bester Porträtmaler, Liebling des Hofes und der Damen und noch besonders geschätzt, weil er die Befreiungskriege mitgemacht hatte. Alles ließ sich gut an, und Onkel August malte verschiedenes, zuletzt auch ein Porträt seines Vaters. Es war, ich hab' es oft vor Augen gehabt, ein ganz vorzügliches Bildnis, aber Wach selbst hatte wohl die Hauptsache daran getan, und niemand wußte dies besser als
der,
unter dessen Namen es ging: Onkel August selbst, der übrigens inzwischen ein neues Talent in sich entdeckt hatte. Natürlich das des Bühnenkünstlers, und zwar des Schauspielers und Sängers zugleich. Er setzte seinen Professor von dieser Neuentdeckung in Kenntnis, und Wach, der wohl nur darauf gewartet hatte, gab sofort seinen Segen, der Vater, wohl oder übel, auch, und Onkel August verließ Berlin, um in Magdeburg als Bonvivant und bei sich darbietender Gelegenheit auch in der komischen Oper aufzutreten. Er sang flottweg den Figaro in »Figaros Hochzeit«. Unzählige Male habe ich ihn später allerhand Überbleibsel aus jener Sängerzeit her am Klavier vortragen hören. Er sah dann immer ganz verklärt aus, Beweis, daß jene Sängertage seine schönsten gewesen waren.
    Es war 1826, daß er in Magdeburg eintraf, wo er sich bald danach für eine junge, kaum siebzehnjährige Bühnendame zu interessieren begann. Diese junge Dame, Philippine Sohm, das schon mehr genannte »Tante Pinchen«, war die Tochter des ehemaligen Theaterdirektors Sohm, der ein ziemlich merkwürdiges Leben hinter sich hatte. Sohm, etwa 1770 geboren, war Göttinger oder Hallenser Student gewesen und hatte, nach allerhand Scheiterungen, schließlich seinen Unterschlupf beim Theater gefunden. Er war ein guter Schauspieler. Dies und vielleicht mehr noch das Imponierende seiner Persönlichkeit eroberten ihm auf ein halbes Jahrzehnt hin eine glänzende Lebensstellung: Er wurde, gleich nach Ernennung Jérômes zum König von Westfalen, als Hoftheaterintendant oder vielleicht auch bloß als Direktor nach Kassel berufen. »Morgen wieder lustick sein« – an dieser Maxime hielt er geradeso wie sein königlicher Herr fest und nahm die guten Tage mit, solange der Mummenschanz dauerte. Während dieser Zeit, mutmaßlich 1809, verheiratete er sich auch. Er verfuhr dabei ganz in dem Stil, der am Jérômeschen Hofe herrschte. Nach einer Festaufführung, in der auch ein dreizehnjähriger Backfisch mitgewirkt und ihn durch Übermut entzückt hatte, nahm er dies junge Ding beim Schopf und sagte: »Du

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