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Von Zwanzig bis Dreißig

Von Zwanzig bis Dreißig

Titel: Von Zwanzig bis Dreißig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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gefällt.« Lucae seinerseits mochte dem nicht zustimmen und antwortete: »Die Berliner nennen es die ›Kommode‹.« – »So, so«, sagte die Kronprinzessin und nahm nicht wieder Veranlassung, seinen baulichen Beirat einzuziehen.
    So ging es ihm, wenn er zu Hofe befohlen war; aber weit darüber hinaus erwies er sich auf Reisen als ein Pechvogel ersten Ranges. Friedfertig von Natur, wie schon angedeutet, und viel zu fein, um ein Krakeeler zu sein, sah er sich doch, sowie er aus Berlin heraus war, beständig in Streitigkeiten und Ärgernisse hineingezogen, oft recht unangenehmer Art. Einmal war er in einem Schweizer Hotel unter vielen Engländern und hatte sich in die Lesehalle begeben, um ein paar Berliner Zeitungen durchzusehen. Auf den Flur hinaus führte eine Glastür mit einer riesigen Spiegelscheibe; die Tür stand auf, die Fenster natürlich auch, und es zog kannibalisch. Lucae schloß die Tür. Ein alter Engländer mit Kotelettbart und rot unterlaufenen Augen erhob sich sofort und riß die Tür mit Ostentation wieder auf. Lucae schloß sie wieder. Als sich dies zum dritten Male wiederholte, nahm der Engländer einen am Kamin liegenden Poker und stieß die Spiegelscheibe ein. Nun konnte Lucae schließen, soviel er wollte, der Zug blieb doch, und der liebe Vetter von jenseits des Kanals hatte gesiegt.
    Aber so schlimm dies Erlebnis war, Schlimmeres war ihm für den Verlauf seiner Reise vorbehalten. Er kam nach München und besuchte hier natürlich auch die Schacksche Galerie. Niemand, es war noch sehr früh, war da, und nur der Diener des Grafen, eine stattliche Erscheinung und fast wie ein Gentleman wirkend, schritt auf und ab. Lucae wandte sich mit allerhand Fragen an ihn und kam alsbald in ein intimes Gespräch, das erst die Bilder des Grafen, dann den Grafen selbst betraf. Schließlich war der Moment da, wo Lucae sich über die Zulässigkeit von »buona mano« schlüssig zu machen hatte. Sein Schwanken indessen konnte nicht von Dauer sein. Er hatte durchaus den Eindruck, daß ein »Trinkgeld«
diesem
Herrn gegenüber eine Unmöglichkeit sei, und so beschränkte er sich nach Eintragung seines Namens und Titels in das Fremdenbuch einfach darauf, seinen Dank auszusprechen. Aber das war durchaus nicht in der Ordnung, und als er gleich danach die Straße hinunter schritt, hörte er hinter sich her die von Lachsalven begleiteten Worte: »Geheimrat, haha ... Geheimrat aus
Berlin,
hahaha.« Lucae hatte wieder einmal fehlgeschossen.

    Im allgemeinen liegt es ja – bei Gelegenheiten wie die hier geschilderten – Gott sei Dank so, daß das »Ja« gerade so richtig ist wie das »Nein«; aber Lucae gehörte nun einmal zu den Unglücklichen, deren Entscheidung immer in die falsche Schale fällt.
    Er war ein ausgezeichneter Lehrer, besonders förderlich durch die allgemeinen Anregungen, die er gab; seine Schüler an der Bauakademie sind seine Freunde geblieben und sprechen mit ähnlicher Liebe von ihm wie die Polytechnikumschüler von Friedrich Eggers.
     
Wollheim da Fonseca
    Chevalier Wollheim da Fonseca
. – Wollheim, ich schicke einige trockene biographische Notizen vorauf, war 1810 in Hamburg als Sohn eines aus Breslau eingewanderten Lotteriekollekteurs geboren. Er studierte in Berlin Philosophie und Staatswissenschaften, ging 1831 nach Paris und kehrte – nach Abenteuern und Weltfahrten, die ihn zunächst nach Portugal und Brasilien geführt, und im weiteren Verlauf unter Übertritt zum Katholizismus zum »Chevalier da Fonseca« gemacht hatten – Ende der dreißiger Jahre nach Hamburg zurück, um sich daselbst ausschließlich literarischen Arbeiten zu widmen. Er gründete die Zeitschrift »Kronos«, übertrug dänische Gedichte – das von ihm übersetzte »Moens Klint« gehörte zu den Lieblingsstücken meiner jungen Jahre –, war Kritiker und Dramatiker und schrieb verschiedene Schauspiele, darunter »Dom Sebastian«, in dessen Titelrolle sich der damals in erster Jugend stehende Hermann Hendrichs auszeichnete. In den vierziger Jahren übersiedelte Wollheim nach Berlin und lebte hier bis 1852 als Dozent der orientalischen und der neueren Sprachen.
    Während dieser seiner Berliner Tage ward er auch Tunnel-Mitglied und war zeitweilig ein ziemlich regelmäßiger Besucher. Man ließ ihn gelten, verhielt sich jedoch mehr oder weniger ablehnend gegen ihn, was alles in allem auch nur in der Ordnung war. Er gehörte trotzdem aber, wie sich das schon aus den vorstehenden Notizen ergibt – nur Assessor Streber kam

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