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Von Zwanzig bis Dreißig

Von Zwanzig bis Dreißig

Titel: Von Zwanzig bis Dreißig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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das Opfer aller Lebensverhältnisse und Güter verlangen kann.
    Diesem ersten Briefe folgte sehr bald ein zweiter.
     
    Husum,
Ostermontag 1853
     
    Ich will's dem erwarteten Frühling zuschreiben, daß das erste »Grüne Blatt« Ihnen so viel abgewonnen. Aber beim zweiten Lesen, beim Vorlesen, haben Sie schon gefühlt, es sei nicht so ganz richtig damit – es liegt nämlich über dem Ganzen eine gar zu einförmige Stille, die einen beim Vorlesen fast ungeduldig machen kann; doch ich will Ihnen das Stück jetzt nicht durch meine eigenen Aussetzungen verleiden. Sie haben es auch, so wie es ist, für gut befunden, und so möge es denn auch so gedruckt werden ... Ihre Freunde haben recht, wenn sie davon ausgehen, daß die Verantwortlichkeit des Redakteurs nicht so weit reiche, daß er en détail korrigieren müßte; dafür ist der Dichter, unter dessen Namen es erscheint, verantwortlich.
    Augenblicklich bin ich bei Paul Heyses »
Franzeska von Rimini
«, und zwar im dritten Akt. Ich glaube indes auch hier, wie bei allen derartigen jetzigen Leistungen, trotz aller Feinheit des Geistes und aller Kraftanstrengung, einen Mangel an Frische, an notwendigem Zusammenhang des Dichters mit seinem Werke zu empfinden. Es scheint mir mehr ein Produkt der Bildung und der Wahl zu sein. Doch ich habe noch nicht ausgelesen. Viel Schönes, Poetisches, Interessantes ist darin.
    Auf Roquettes
Lustspiel bin ich recht begierig und werde ja auch wohl, wenn ich im Sommer nach Berlin komme, Gelegenheit finden, es zu hören oder noch lieber zu sehen. Ein so heiterer, jugendlicher Geist, wenn er den rechten Inhalt gewinnt, könnte vielleicht einmal ein wirklich erfreuliches Lustspiel liefern. Bis jetzt kenne ich noch keins. Denn Kleists »Zerbrochener Krug«, das einzige deutsche Lustspiel, was mir ganz gefällt, ist dessen ungeachtet doch nicht
heiter.
     
    Diese Korrespondenz setzte sich noch durch Juni und Juli hin fort. Ich gebe daraus das Folgende.
     
    Husum
, 5. Juni 1853
     
    Wollen Sie vor allen Dingen einige Nachsicht mit mir haben, wo es sich um Dinge der Politik handelt – über welche ich nur dem Gefühle nach mitsprechen kann –, und das Pflanzenartige in meiner Natur nicht verkennen, für das ich im übrigen eben keine besondere Berechtigung in Anspruch nehmen darf.
    Jene Äußerung meines Briefes über die Berliner Luft war, wofür ich sie auch nur ausgab, eine lediglich durch den augenblicklichen oberflächlichen Eindruck hervorgerufene – und durch den »Kladderadatsch«. Die eigentliche Karikatur, sofern sie nicht wieder ins Phantastische hinaufsteigt – zum Beispiel in der Poesie des »Kaliban« –, ist mir so zuwider, daß sie mir beinahe körperliches Unwohlsein erregt. Aber ad vocem »Nivellement«! Fragen Sie Ihren Grafen Arnim doch einmal, ob er dem Professor Dove oder dem Maschinenbauer Borsig auch seine Tochter zur Ehe geben wolle! Ich verlange das keineswegs unbedingt von dem Grafen Arnim, aber es ist jedenfalls ein Probierstein für das »Nivellement«. Ich habe es mir oft selber vorgesprochen, und lassen Sie mich's hier – ich weiß gerade nicht, in welchem näheren Zusammenhange mit unserer Korrespondenz – einmal niederschreiben: ein junger Mann sollte zu stolz sein, in einem Hause zu verkehren, wovon er bestimmt weiß, daß man ihm die Tochter nicht zur Frau geben würde. (Ich weiche hier ganz und gar von Storm ab; ich finde solche Wichtigkeitsgefühle philiströs.) Am achten oder neunten Juli denke ich in Berlin zu sein, um womöglich von dort ohne weiteres an meinen demnächstigen Bestimmungsort zu gehen; werde mich aber doch wohl eine Woche oder länger in Berlin aufhalten müssen.
     
    Husum
, 25. Juli 1853
     
    Meinem Versprechen gemäß schicke ich Ihnen in der Anlage noch ein paar Verse für die Argo, falls Sie sie der Aufnahme wert halten sollten. Gern hätte ich noch den etwas argen Hiatus in Strophe 1, Vers 2 – »die ich« – entfernt, doch hat es mir, ohne der Richtigkeit und Simplizität des Gedankens oder des Ausdruckes zu schaden, nicht gelingen wollen. So etwas will aus dem Vollen und nicht im einzelnen geändert werden. Freilich könnte ich den Singular setzen, aber ich will doch meinen zweiten Jungen nicht verleugnen. So muß ich denn mit Goethe sagen: »Lassen wir das Ungeheuer stehen!« Teilen Sie aber Ihren Mitredakteuren diese Bedenklichkeiten erst
nach
der Lektüre mit; es stört doch.
    Es hat übrigens schwer genug gehalten, daß ich Ihnen überhaupt nur diese Kleinigkeit

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