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Voodoo Holmes - Holmes auf Haiti. Novelle

Voodoo Holmes - Holmes auf Haiti. Novelle

Titel: Voodoo Holmes - Holmes auf Haiti. Novelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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vermutete Sherlock. Vielleicht nicht durch die Psychoanalyse, die er mit ihr versucht hatte, sondern durch den versuchten Akt der Zerstörung, was ja gleichbedeutend war mit dem Angekommensein, das ein Mensch braucht, um bei sich zu sein. In ihrem triumphalen Lachen war ja nicht die wilde Zerstörungslust gewesen, sondern das Gefühl, eine Machtfülle erreicht zu haben, bei der es ausreichte, sie jemals empfunden zu haben. Oder konnte es sein, dass das Scheitern des großen Massenmordes, den sie bezweckt hatte, dieses Ankommen denn doch verhindert hatte? Elektrisiert war Voodoo gewesen, als er in der Times of London las, ein Seefahrer habe im Bereich der kleinen Antillen auf einer Insel drei Köpfe gesehen, mit Höhlungen, die an Münder erinnerten. Die Beschreibung war den drei Rätselköpfen, die einstmals das Britische Museum beherbergt hatte, so ähnlich, dass sich Voodoo sogleich mit dem Schiff aufmachte, aufgrund widriger Wetterverhältnisse aber vorerst beschließen musste, den Atlantik an der europäischen Küste herunter zu fahren und dann von der Westspitze Afrikas zur Ozeanüberquerung aufzubrechen.
     
    Man war hier auf Höhe des Äquators, ein Gedanke, der Holmes nicht mehr los ließ, seitdem er sich eines Tages bewusst gemacht hatte, dass London auf der Erdkugel in nördlicher Richtung etwa doppelt so weit entfernt lag wie Haiti – oder Mesopotamien. Wenn man die Breitenkreise aufgezeichnet hätte, wäre der Äquator die untere Seite eines Blattes Papier gewesen, und London hätte auf der oberen Seite gelegen, während Haiti auf der einen und Mesopotamien auf der anderen Seite genau auf halber Höhe der Seitenkanten gewesen wären. Konnten diese geographischen Verhältnisse erklären, dass die Köpfe genauso viel wie sie einmal nach Norden verschifft worden waren, nun in südliche Regionen verrutscht sein konnten? Es war das ein Gedanke ohne jede rationelle Basis, doch er ließ Holmes nicht mehr ruhen, seitdem er ihm gekommen war. Unter den unzähligen kleinen Inseln, die es in den Antillen gab, beschloss er deshalb, auf der Suche nach der Insel mit den Köpfen sich vor allem jenen zuzuwenden, die am Äquator selbst lagen oder in dessen unmittelbarer Umgebung, und hielt tagelang Kurs auf dieser Linie, bis dann einige Tage lang der Wind vollkommen aussetzte und eine Zeit der Trägheit entstand, in der er sich treiben ließ. Dann kamen einige Tage, an denen es regnete, und die Unruhe des Meeres war etwas, das man nicht ewig ertragen konnte. Holmes war schon bereit, eine der größeren Insel anzusteuern, um einen längeren Landgang zu tun, als ihm bewusst wurde, was er hier eigentlich tat. Es war doch eine Beschwörung ähnlich wie der, mit der er damals die große Mutter gerufen hatte. Er lag allein in seiner Kajüte, der Ofen bullerte – denn es war nachts ungewohnt kühl, und die Tage vergingen oft damit, nach Treibholz oder Wrackteilen Ausschau zu halten, um Brennholz zu haben – wie in einer Gebärmutter, erkannte er. Er war wieder ein Baby geworden, und bekümmerte sich dabei nicht, dass das Meer manchmal unruhig war wie eine Schwangere, die durch schwere Zeiten geht. Es waren diese Tage, in denen die Wolken und Nebel die Sicht versperrten, für Voodoo so etwas wie eine Vorbereitung, das spürte er. Und er wunderte sich nicht, als dann eines Tages die Sonne durch die Wolken brach und sich der Himmel klärte und den Blick auf eine Insel frei gab, die nur wenige Kilometer entfernt war und so grün, dass sie großen Appetit auf eine Anlandung machte. Einige Stunden später hatte er eine Bucht gefunden, in der er sein Ruderboot aussetzen konnte, und wenig später spürte er unter seinen Füßen den ruhigen, festen Boden eines Stücks Erde. Während der Herfahrt hatte er fast die Hälfte der Insel umrundet, um nach Felsköpfen Ausschau zu halten, dabei aber nichts gefunden, was seine Aufmerksamkeit erregte. Doch eine Anhöhe war da. Aus der Bucht kam man flach ansteigend immer höher auf ein Plateau, von dem aus, wie er ahnte, sich gegen das andere Ende der Insel hin noch ein Berg erheben würde. Voodoo hatte Proviant einstecken, als er am folgenden Morgen zeitig in diese Richtung aufbrach.
    Es war ein schöner Tag, und er hatte so lange nicht mehr gewandert, dass er mit großer Freude und Energie bei der Sache war. Vier Stunden später allerdings merkte er, wie die Kräfte erlahmten und beschloss, eine Pause einzulegen und sich zu stärken. Dafür schoss er mit seiner Flinte einen der Vögel, die man

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