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Voodoo Holmes Stories

Voodoo Holmes Stories

Titel: Voodoo Holmes Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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mit seinen schwarzen Augen, dem braunen Teint und den fülligen Lippen. Er sprach The Queen’s English mit dem Hauch eines kontinentalen Akzents, mochte aber Brite sein. Da unterbrach gemächliches Klatschen die Stille, und Sherlock, der ungerührt auf dem Sofa sitzen geblieben war, sagte: „Was für ein Auftritt. Großartig. Sie sind – du also bist mein Bruder. Halbbruder.“
    Der Angesprochene verbeugte sich artig, sichtlich erfreut über den Effekt, den er hervorgerufen hatte.
    „Eine Zirkusnummer“, bemerkte Sherlock, und lächelte. Eine Pause entstand. „Ein Taschenspielertrick, nicht wahr.“
    Nun stand er auf, trat zum Kamin und öffnete den Deckel der Kohlenkiste. „Und hier herinnen hat er die ganze Zeit auf seinen Auftritt gewartet.“
    Ich musterte das bezeichnete Gefäß, das tatsächlich leer war. „Sollte es so gewesen sein, wie gelang es ihm dann, den Kohlestaub abzuschütteln?“ fragte ich skeptisch.
    Sherlocks Lächeln gefror.
    „Außerdem ist die Kiste ziemlich klein“, wandte ich ein, „sie scheint mir zu klein für einen ausgewachsenen Menschen.“
    „Schlangenmenschen können das“, behauptete er.
    „Sie halten Ihren Bruder für einen Schlangenmenschen?“
    „Was hat das mit familiären Fragen zu tun?“ fragte er unwillig zurück.
    Ich wandte mich an unseren Besucher: „Wie haben Sie das gemacht?“
    Er schwieg und ließ seinen Blick zwischen Sherlock und mir hin und her schweifen.
    „Ein seidenes Tuch, in das er eingewickelt war“, mutmaßte Sherlock.
    „Und wie gelang es ihm, lautlos aus der Kiste zu klettern?“ fuhr ich fort, ratlos zur Demonstration den quietschenden Kohlenkistendeckel auf und zu klappend.
    Sherlock stieß ein unwilliges Schnauben aus.
    „Also gut“, gab er sich geschlagen, „irgendwo hat er sich eben verborgen.“
    „Vielleicht in der Schreibtischschublade“, meinte ich, halb ernst.
    „Dann gleich in der Vase“, stieg er verstimmt hervor.
    Mein Blick wurde magnetisch von der runden, grünen Vase angezogen, die unter der Fensterbank stand. Groß war sie ja. Ob da ein Mensch hineinpasste? Zumindest ein Schlangenmensch?
    „Und wie löschte er die Lampe aus?“
    „Er blies durch ein Schilfrohr, als wir ihm den Rücken wandten.“
    „Und wo ist das Rohr?“
    Als Sherlock verlegen schwieg, wandte ich mich ein weiteres Mal an unseren Besucher.
    „Also, wie haben Sie das gemacht?“
    Er lächelte entwaffnend, und seine Augen blitzten.
    „Schluss jetzt“, befand Sherlock, „es ist nicht unsere Aufgabe, in die Trickkiste von Jahrmarktsgauklern zu spähen. Wir haben hier ernste Dinge zu verhandeln.“
    Wir setzten uns an den Tisch, und Sherlock rief nach Mrs. Hudson. Die Tür ging so schnell auf, als hätte sie daran gelauscht. „Tee, Gentlemen?“
    „Heute nichts mit schlabbrigem Zuckerwasser, Mrs. Hudson“, befand Sherlock, „wie wär’s mit einem kräftigen Hellen? Oder einem dunklen Blonden? Wir haben hier Dienstliches zu besprechen.“
    Während Mrs. Hudson sich um das Bier bemühte, begann Sherlock sein Verhör.
    „Wie heißt du eigentlich? Etwas wie William?“
“Voodoo“, meinte unser Besucher.
    „Ah ja. Künstlername?“
    „Nein, eigentlich nicht. Meine Mutter starb bei meiner Geburt, und mein Vater – der ja auch der Vater meines Bruders ist, Dr. Watson – hatte sich mit ihr schon vor meiner Geburt auseinandergelebt, das Verhältnis war zerrüttet, und sie verbrachte die letzten Wochen ihrer Schwangerschaft im Museum.“
    Da kam Mrs. Hudson mit dem Bier, und ich war völlig verwirrt. Also leerte ich gleich ein Glas in einem Zug.
    „Ja“, fuhr der junge Holmes fort, „als Exponat. Sie war eine afrikanische Prinzessin und wirkte in einer Standgruppe mit, ich glaube, sie hieß ZULUS AUF KAFFERNFAHRT oder so ähnlich. Es kann nicht leicht für sie gewesen sein, inmitten der anderen Wachspuppen als Mensch aus Fleisch und Blut und noch dazu trächtig, quasi, zu leben. Kurz und gut, als ich dann kam, begann sie zu schreien und damit flog die Sache auf. Aber das war auch gut so, denn sie hatte den Affen im Außenbereich nachts die Bananen geklaut, und die fielen langsam vom Fleisch … jedenfalls meinte mein Vater, der sie immer nur die Voodooprinzessin genannt hatte, Voodoo wäre ein guter Vorname für mich, und dabei blieb es.“
    „Sie sind also Mulatte“, stellte ich entgeistert fest.
    „Du kannst ruhig du zu mir sagen“, meinte der junge Holmes.
    „Gott bewahre!“ rief ich aus, „Ihr Bruder und ich sind seit vielen

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