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Voodoo Holmes Stories

Voodoo Holmes Stories

Titel: Voodoo Holmes Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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Jahren befreundet, aber wir würden es nicht wagen, uns dergleichen Distanzlosigkeit zuzumuten.“
    „Ist mir auch recht“, meinte der junge Mann und nippte an seinem Glas, das ihm Mrs. Hudson hingestellt hatte, sodass eine Schaumkrone auf der Oberlippe seines Mulattengesichts übrig blieb. Auch Mrs. Hudson betrachtete unseren Besucher mit einer Faszination, die etwas von Ekel hatte.
    „Also, Voodoo“, versuchte der ältere Holmes das Gespräch nach einem Räuspern in den Griff zu bekommen, „du bist nach London gekommen, um dich als mein Gehilfe anstellig zu machen. Nun, die Detektivarbeit ist zu 90% Beinarbeit, zu 9% Bürokratie und nur zu 1% Inspiration…“
    „Einverstanden“, sagte Voodoo.
    „Einverstanden – was?“
    „Ich nehme die 1%“.
    Sherlock schüttelte den Kopf und warf mir einen aufmunternden Blick zu. „Was Ihnen Ihr Bruder mitteilen möchte, Holmes, „wandte ich vorsichtig ein, „ist, dass Sie hier eher mit Routinearbeiten befasst sein werden, sollten Sie daran denken, hier auch wirklich zu arbeiten.“
    Er mochte Lunte über unsere Absicht, ihm das Geschäft auszureden, gerochen haben, denn er antwortete gleich: „Damit gebe ich mich erst gar nicht ab. Sie werden mich für die Mehrzahl der Fälle ohnehin nicht brauchen können. Außerdem will ich reisen und die Welt sehen. Wenn ich nur ein Schiff sehe, reicht es schon, mir vorzustellen, wie Noah in seinem Bauch weit weg zu schwimmen.“
    „Ah, reisen ist gut“ sagte dazu Sherlock etwas hilflos.
    „Außerdem verstehe ich nur etwas von Magie.“
    „Ah ja“, machte Sherlock in einem Tonfall, den Junggesellen für Pubertierende bereit halten.
    „Auch dafür ist analytisches Denkvermögen unerlässlich“, fuhr er dann in einem etwas hochtrabenden Ton fort, „denn selbst wenn Magie ins Spiel kommen sollte, geht es doch vor allem darum, Verbrechen aufzudecken und Schuldige der Justiz zuzuführen.“
    „Analytisches Denken? Ich kann auch analytisch“, behauptete Voodoo.
    „Gut“, meinte sein Bruder. „Dann Folgendes. Ein Fluss. Ein Mann möchte einen Wolf, eine Ziege und einen Krautkopf unversehrt hinüberfahren. Sein Kahn aber fasst nur jeweils eines der drei Dinge. Wie schafft er es also, alle unversehrt ans andere Ufer überzusetzen?“
    „Wenn jemand mit einer so ungewöhnlichen Begleitung reist, dann hat das einen tiefen Grund“, begann Voodoo mit einem verträumten Blick.
    „Nein, nein, das ist nur ein Beispiel“, wandte ich ein, verstummte aber unter seinen anklagenden Augen. „Die Sache ist ziemlich einfach. Es ist ein Zauberer. Er hat sich mit den beiden Tieren und dem Kohlkopf auf den Weg gemacht, um einen Fluch zu bannen.“
    „Gut, er ist ein Zauberer“, ließ sich Sherlock etwas ungeduldig vernehmen. Aber das ist es nicht, worum es in dem Rätsel geht.“
    „Ach, das Rätsel“, besann sich Voodoo, „das ist doch ganz einfach. Er ist ja Zauberer. Also belegt er den Wolf mit einem Zauber, dass er die Ziege nicht fressen darf und die Ziege mit einem Zauber, dass ihr der Appetit auf den Kohlkopf vergeht, und der Rest ist eigentlich Improvisation. Ich persönlich würde mit dem Kohlkopf vorausfahren. Der hat so was Wuscheliges.“
    „Ich verstehe, dass du die Problematik zumindest im Ansatz erfasst hast“, begann Sherlock nach kurzem Schweigen, „allein das Übrige verfehlt vollkommen die Sache. Schon aus dem Grund, dass so ein Zauber nicht existiert und Zauberer Märchenfiguren sind.“
    „Was Ihr Bruder damit sagen will“, mischte ich mich ein, um die Enttäuschung des jungen Mannes über den harten Tonfall meines Freundes abzumildern, „ist Folgendes: Sie müssen die Gabe haben, in diesem Beruf um Ecken zu denken. Zuerst fahren Sie mit der Ziege, weil der Wolf mit dem Kohlkopf nichts anfangen kann. Dann der Kohlkopf, und wenn Sie am anderen Ufer sind, nehmen Sie die Ziege wieder mit. Verstehen Sie? Wieder mit. Dann der Wolf und nun, zuletzt, holen Sie die Ziege nach. Das ist analytisches Denken, das ist Detektivarbeit. Die Ziege mit, nicht wahr. Das ist der Trick, sozusagen.“
    Während ich sprach, merkte ich etwas Verstörendes. Über dem Rockaufschlag des jungen Mannes wurde etwas Schwarzes sichtbar. Ich hielt es zuerst für einen Stockknauf, erkannte dann aber, dass es etwas Lebendiges war. Mir gerann das Blut in den Adern, als ich feststellte: Es war eine Schlange mit schwarzem Kopf, silbrigen Augen und einer aus dem Maul hervorschnellenden Zunge. Ich vernahm ein Rauschen in den Ohren und hörte

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