Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Voodoo Holmes Stories

Voodoo Holmes Stories

Titel: Voodoo Holmes Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
Vom Netzwerk:
Mordanklage. Miss Huntington wurde nach kurzem Prozess zu fünfzehn Jahren Haft verurteilt, Jeffreyaber kam als Kronzeuge mit einer Bewährungsstrafe davon. Warum er dabei mithalf, Miss Keens Leiche aus dem Haus zu schaffen? Er habe die Familie schützen wollen. Was ihn dazu getrieben habe, nachts die Backstube zu verlassen, über die Dächer zu klettern und nackt in dem verlassenen Haus zwischen brennenden Kerzen auf und ab zu gehen? Diese Fragen stellte keiner, und auch die Öffentlichkeit erfuhr nichts davon. Warum er sich dafür hergegeben habe, sich wiederholt in Zeugengegenüberstellungen einzureihen? Fragte 2
    ich ihn Wochen später, als ich in Franks Backstube war, um mir ein Croissant abzuholen. Jeffrey arbeitete nun tagsüber stundenweise allein in dem Laden. Er schien wenig erfreut, mich zu sehen.
    „Das kann ich Ihnen nicht sagen“, reflektierte er, es war eine instinktive Sache. Ich glaube, ich wollte den Damen Gelegenheit geben, Stellung zu nehmen.“
    „Warum sollten sie das tun?“
    „Sie waren doch schuldig, im gewissen Sinne. Zumindest die Letzte“, fügte er hinzu. „Ja, ich glaube, die war es doch. Gewissermaßen.“
    „Und die erste?“ fragte ich.
    „Welche erste?“
    „Lady Stockwood, die erste Frau ihres Onkels, Sir Henry Strapton-Goynes.“
    Es war seinem Gesicht abzulesen, dass er wusste, woher der Wind wehte.
    „Soviel zu erfahren war, wurde sie in dem Zimmer, das Sie behausten, erdrosselt. Das ist nun zwölf Jahre her. Eine ziemlich lange Zeit. Wenn ich es recht bedenke, waren Sie damals sechzehn Jahre alt. Sie waren nicht einmal volljährig.“
    „Was ist mit Tante Ada?“ fragte er mit einer kindlichen Stimme, und schluckte. Seine Augen waren unverwandt auf mich geheftet.
    „Haben Sie den Eindruck, dass auch sie in gewissem Sinne … schuldig war?“
    „Tante Ada“, sagte er, und blickte dann an mir vorbei. Ich wandte mich um und sah, dass sein Blick sich einen Platz an der Wand gesucht hatte, der keine weiteren Besonderheiten aufwies als einen Fleck, einen kleinen Fleck.
    „Glauben Sie, dass manche Menschen den Tod verdienen?“ bemerkte ich aufs Geratewohl.
    Nun schaute er mir wieder ins Gesicht. „Vielleicht die Schuldigen?“ fragte er zurück.
     
     
     
     
     
     

Der Schlangenfluch
     
    Das Wort Familie hat für einen eingefleischten Junggesellen meist einen etwas faden Beigeschmack, und auch Sherlock Holmes ging es nicht anders, als die Anmutung an ihn herangetragen wurde, seinen kleinen Halbbruder als Gehilfen in seiner aufstrebenden Detektei aufzunehmen, und das hatte einen weiteren Grund: so wie es Gentleman-Verbrecher gibt, gibt es auch Gentleman-Gesetzeshüter, Privatiers unter den Spürhunden sozusagen, und dazu zählte sich auch Holmes. Er hatte sich für den Antrittsbesuch des Halbbruders, den er nur von Hörensagen kannte, meine Schützenhilfe ausbedungen, um den jungen Kameraden gleich so kopfscheu zu machen, dass er auf den Wunsch, selbst Detektiv zu werden, freiwillig verzichtete. So saßen wir zur festgelegten Zeit in Sonntagsstaat im Salon unserer Firmenzentrale in der Baker Street am Kartentisch, sichtlich angespannt in der Absicht, auch einen guten Eindruck zu machen in dem Fall, dass Holmes’ Tante Ginnie, die das Balg aufgezogen hatte, in seiner Begleitung erscheinen würde. Wir wollten ja nicht um jeden Preis wie eingefleischte Junggesellen wirken, sondern wie Männer, die ihr Leben im Griff haben. Ich legte gerade eine Patience und Holmes blätterte unverfänglich in einem historischen Roman, den man ja normalerweise nie lesen würde, als mit einem Mal das Licht verlosch. Für wenige Sekunden war es stockdunkel, doch dann konnte man am Schein, der durch die Fenster drang, schon wieder ganz passabel sehen, sodass es mir keine Mühe bereitete, neben der Lampe, die auf einer Anrichte stand, nach den Streichhölzern zu tasten. Hier kamen mir die bereitwilligen Hände meines Freundes in die Quere, und mit gemeinsamen Kräften gelang es uns, das Licht wieder zu entzünden. Kaum aber wollte ich mit ihm darüber einige Worte wechseln, fuhr ich erschreckt zurück und ich muss erbleicht sein, denn mein Freund blickte mich besorgt an, als er mit einer etwas helleren Stimme als gewohnt sagte: „Kein Anlass zur Sorge, Watson, ich bin nicht der, für den Sie mich halten, ich bin der Bruder.“
    Ich fasste ihn näher ins Auge. Er war nicht nur bedeutend jünger und etwas kleiner als mein Freund, sondern wirkte exotischer, hatte etwas Lateinamerikanisches

Weitere Kostenlose Bücher