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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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Linken am Horizont machte Max einen Tanker und ein Kriegsschiff aus; geradeaus, noch ein Stück entfernt, sah er den Hafen mit den verrosteten und halb gesunkenen Schiffen, die das Gewässer verstopften. Eine Prozession von UN-Blauhelmsoldaten kam ihnen entgegen.
    Die Banque Populaire d’Haïti, Kern aller geschäftlichen Aktivitäten der Familie Carver, war ein imposanter, cremefarbener Kubus, der vielleicht besser zu einer Bibliothek oder einem Gericht gepasst hätte. Max erinnerte er vage an den Pariser Arc de Triomphe, den er von Fotos kannte.
    Das Gebäude stand ein Stück von der Straße zurück auf einer sanften Anhöhe, umgeben von einer riesigen, saftig grünen Rasenfläche. Das Ganze war von einer Sandsteinmauer eingefasst, auf der weiße und rosafarbene Blumen blühten, die die dolchartigen Eisendorne und den Stacheldraht nicht ganz verdecken konnten. Zwischen Bank und Straße ein hohes Metalltor, rechts und links davon zwei bewaffnete Wachleute. Als Chantale vorfuhr, sprach einer in ein Funkgerät, und das Tor schwang nach innen auf.
    »Das ist die VIP-Einfahrt«, erklärte Chantale, als sie durchs Tor rollte und eine kurze Auffahrt hinauffuhr, die den Rasen in zwei Quadrate teilte. »Nur die Familie, ein paar Angestellte und besondere Kunden kommen hier rein.«
    »Und wozu gehören Sie?«, fragte Max und bemerkte einen silbernen Mercedes-Jeep mit getönten Scheiben, der hinter ihnen durchs Tor fuhr.
    Sie folgten der Auffahrt bis zu einem halb leeren Parkplatz. Ein steter Strom von Menschen ging durch die Drehtür der Bank ein und aus.
    Als er ausstieg, sah Max ein paar Parklücken weiter den Mercedes stehen. Er warf einen unauffälligen Blick hinüber, gerade lang genug, um alles aufzunehmen und sich ein Bild zu machen, aber ohne zu glotzen. Vier Männer stiegen aus, schwergewichtige Hispanics. Sie gingen nach hinten zum Kofferraum.
    Max hatte genug gesehen. Er wusste, was kommen würde, noch bevor die vier ihn und Chantale mit schnellen Schritten überholten, jeder mit zwei schweren Koffern in der Hand.
    »Besondere Kunden?«, fragte Max.
    »Geld weiß nicht, woher es kommt. Genauso wenig wie meine Chefs«, sagte sie ohne einen Anflug von Scham oder Verwunderung oder Besorgnis, als hätte sie derlei Kommentare schon häufiger parieren müssen – oder als wäre sie darin geschult, solche Kommentare zu parieren.
    Max schwieg. Er vermutete, dass schon massenhaft Drogengelder durch die Banque Populaire gewandert waren. Seit Anfang der Achtziger wurden mindestens zehn bis fünfzehn Prozent des weltweiten Kokainumschlags über Haiti vertrieben, und die meisten der südamerikanischen Kartellbosse pflegten enge Verbindungen zum Land. Viele hatten sich hier für ein oder zwei Jahre niedergelassen, um kurzfristig von der Bildfläche zu verschwinden. Max ging davon aus, dass sich die Carvers nie aktiv ums Drogengeschäft bemüht hatten – dazu war Gustav viel zu schlau –, aber es wurde sicherlich auch kein Kunde abgewiesen, der an ihre Tür klopfte.
    Es war Max’ Wunsch gewesen, seine Ermittlungen in der Bank zu beginnen, auf dem ureigensten Terrain der Carvers. So ging er immer vor, arbeitete sich vom Klienten nach außen: Je mehr er über seine Auftraggeber wusste, umso besser verstand er, wie ihre Feinde dachten; er wollte sehen, was sie hassten und begehrten, was sie an sich reißen oder zerstören wollten. Als Erstes würde er das Motiv finden, dann ein Netz um die möglichen Verdächtigen werfen und es langsam einholen. Einen nach dem anderen würde er aussortieren, bis er den Täter gefunden hatte.
    Sie folgten den Kofferträgern durch die Tür. Das Innere war erwartungsgemäß protzig, eine Kreuzung zwischen einem Flugzeughangar und einem Konzernmausoleum, wo die verstorbenen Vorstandsvorsitzenden unter einem Messingschild im Fußboden ihre letzte Ruhe fanden, damit nachfolgende Generationen sie ignorieren und auf ihnen herumtrampeln konnten. Die mit Fresken verzierte Decke war ungefähr dreißig Meter hoch und wurde von gewaltigen griechischen Säulen aus dunklem Granit getragen. Das Fresko zeigte einen hellblauen Himmel mit Schäfchenwolken und der Hand Gottes, die alle großen Währungen dieser Welt herabregnen ließ, Dollar und Rubel, Franc und Yen, Pfund und Peseten. Der haitianische Gourde glänzte durch Abwesenheit.
    Die Schalter befanden sich am anderen Ende der Halle. Es gab mindestens dreißig in abgetrennten, nummerierten Kabinen aus Granit und kugelsicherem Glas. Max fiel auf, wie

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