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Vor aller Augen

Titel: Vor aller Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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»Ich will meinen Anwalt!… Ich fordere Sie in aller Deutlichkeit auf, meinen Anwalt zu verständigen!« Immer wieder brüllte er: »Anwalt! Anwalt! Anwalt! Anwalt! Kann mich jemand hören?«
    Taylor brüllte mich über eine Stunde lang an – wie ein widerborstiges Kind, das seinen Willen nicht bekommt. Ich ließ ihn brüllen und fluchen, bis er heiser wurde. Ich ging sogar hinaus, vertrat mir die Beine, trank eine Tasse Kaffee und unterhielt mich mit Charles Powiesnik, der ein recht netter Kerl war.
    Als ich die Bibliothek wieder betrat, wirkte Potter verändert. Er hatte Zeit gehabt, über alles nachzudenken, was sich auf der Farm abgespielt hatte. Er wusste, dass wir mit Francis Deegan sprechen und dass wir auch Benjamin Coffey finden würden. Möglicherweise noch weitere Opfer.
    Er seufzte laut. »Ich nehme an, wir könnten eine Art Arrangement treffen, das auch mir behagt. Was meinen Sie?«
    Ich nickte. »Ich bin sicher, dass wir uns arrangieren können. Aber ich brauche etwas Konkretes als Gegenleistung.

    Wie haben Sie die Jungs bekommen? Wie hat das funktioniert? Das muss ich von Ihnen hören.«
    Ich wartete auf seine Antwort. Mehrere Minuten verstrichen.
    Â»Ich sage Ihnen, wo Benjamin ist«, sagte er schließlich.
    Â»Das ist das Mindeste.«
    Ich wartete erneut, ging nochmals raus zu Charlie. Dann kehrte ich in die Bibliothek zurück.
    Â»Ich habe die Jungs vom Wolf gekauft«, erklärte Potter.
    Â»Aber es wird Ihnen Leid tun, dass Sie gefragt haben. Und mir wahrscheinlich auch. Er wird uns beide dafür büßen lassen. Meiner bescheidenen Meinung nach – und denken Sie daran, mit Ihnen spricht nur ein Collegeprofessor – ist der Wolf der gefährlichste Mann auf Erden. Er ist Russe. Russenmafia.«
    Â»Wo finden wir den Wolf?«, fragte ich. »Wie nehmen Sie Kontakt mit ihm auf?«
    Â»Ich weiß nicht, wo er sich aufhält. Das weiß niemand. Er ist ein geheimnisumwitterter Mann. Das ist sein Markenzeichen.«
    Erst nach etlichen Stunden, in denen wir redeten, feilschten und verhandelten, erzählte mir Potter endlich mehr über den Wolf, diesen mysteriösen Russen, der ihn so schwer beeindruckt hatte. Später schrieb ich in meinen Notizen: Noch ergibt es keinen Sinn. Eigentlich nichts davon. Das Vorgehen des Wolfs scheint völlig verrückt zu sein. Ist es das?
    Dann notierte ich meine – zumindest für diesen Moment – letzten Gedanken:
    Vielleicht ist es deshalb so brillant, weil es überhaupt keinen Sinn ergibt.
    Für uns.
    Für mich.

Teil Vier
    Im Wolfsbau

78
    Stacy Pollack wirkte feierlich, als sie sich an die Agenten wandte, die sich im vierten Stock des Hoover Building versammelt hatten. Viele mussten stehen. Auch ich hatte nur noch einen Stehplatz bekommen – ganz hinten. Aber wer ich war, wussten nach unserem Erfolg in New Hampshire fast alle. Wir hatten noch ein Entführungsopfer gerettet – Francis Deegan, der sich wieder erholen würde. Außerdem hatten wir die Leichen von Benjamin Coffey und zwei weiteren jungen Männern gefunden, die bisher nicht identifiziert waren.
    Â»Es ist für mich ungewohnt, dass alles nach unseren Wünschen verlaufen ist«, begann Pollack und erntete ein paar Lacher. »Ich spreche von den letzten Ereignissen und danke sämtlichen höheren Mächten. Dies ist für uns ein Glücksfall. Wie viele von Ihnen wissen, ist der Wolf eine der Schlüsselpersonen unserer Russenmafia, wahrscheinlich die Schlüsselperson. Man munkelt, dass er die Finger überall drin hat: Waffenhandel, Erpressung, Schiebung beim Sport, Prostitution, weißer Sklavenmarkt. Sein Name könnte Pasha Sorokin sein, und dann hätte er sein Handwerk in den Außenbezirken Moskaus erlernt. Ich sage könnte , weil nichts sicher ist, wenn es um diesen Mann geht. Irgendwie hat er sich in den KGB hineinmanövriert,
wo er drei Jahre blieb. Danach wurde er ein pakhan , ein Boss, in der russischen Unterwelt, bis er beschloss, nach Amerika auszuwandern. Dort tauchte er endgültig unter. Wir hielten ihn tatsächlich eine Zeit lang sogar für tot. Doch offensichtlich ist er das nicht – wenn wir Mr. Potter glauben können. Können wir ihm glauben?« Sie deutete in meine Richtung. »Übrigens, das ist Agent Alex Cross. Er war an der Festnahme in New Hampshire beteiligt.«
    Â»Meiner Meinung nach können wir Potter

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