Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vor aller Augen

Titel: Vor aller Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
Vom Netzwerk:
wäre.«
    Er beauftragte Nielsen und Bugliarello damit, die andere Seite der Scheune im Auge zu behalten, falls Taylor dort zu fliehen versuchte. Powiesnik, Katz und ich wollten durch die Tür eindringen, durch die Taylor die Scheune betreten hatte.
    Â»Sind Sie sicher, dass wir jetzt zugreifen sollen?«, fragte ich Powiesnik.

    Â»Es ist bereits entschieden«, antwortete er angespannt.
    Wir bewegten uns auf die Scheunentür zu. Queen lief weiter mit voller Lautstärke. »I want to ride my bicycle! Bicycle! Bicycle!« Es war ein sehr eigenartiges Gefühl. Das FBI hatte hervorragende Ressourcen, um an Informationen zu gelangen, das Personal war in der Theorie bestens geschult, aber in der Vergangenheit hatte ich diejenigen stets gekannt, mit denen ich an einem gefährlichen Tatort gewesen war, und ich konnte ihnen vertrauen.
    Ich bemerkte, dass Taylor die hölzerne Scheunentür weder verriegelt noch verschlossen hatte. Plötzlich brach die Musik ab.
    Dann hörte ich drinnen laute Stimmen. Mehr als eine.
    Aber ich konnte nicht verstehen, was gesagt wurde, oder wer sprach.
    Â»Wir sollten zuschlagen. Sofort «, flüsterte ich Powiesnik zu. »Wir haben uns bereits festgelegt. Wir müssen jetzt da rein.«
    Â»Sagen Sie mir nicht -«
    Â»Ich befehle es Ihnen«, unterbrach ich ihn.
    Ich wollte Powiesnik das Kommando wegnehmen, denn er zögerte viel zu lange. Da wir nun so nahe zur Scheune vorgerückt waren, hätten wir nicht anhalten sollen.
    Â»Ich gehe voraus. Sie halten sich hinter mir«, erklärte ich.
    Powiesnik widersprach nicht. Katz sagte kein Wort.
    Ich rannte zur Scheune; die Waffe hatte ich bereits aus dem Holster geholt. Die Tür quietschte laut, als ich sie aufriss. Greller Lichtschein fiel nach draußen und blendete mich für eine Sekunde. »FBI!«, schrie ich, so laut ich konnte.
    Taylor starrte mich an. Überraschung und Angst standen in seinen Augen. Ich hätte ungehindert schießen können.
Er hatte tatsächlich keine Ahnung, dass wir ihn verfolgt hatten. Er hatte sich vollkommen sicher gefühlt.
    Ich sah im Schatten der Scheune noch eine Gestalt. Ein Mann war mit Lederriemen an einen Holzpfosten gebunden, der zu einem Dachbalken führte. Er war unbekleidet. Brust und Genitalien waren blutverschmiert. Aber Francis Deegan lebte!
    Â»Sie sind festgenommen … Mr. Potter .«

76
    Die erste Befragung Potters fand in seiner kleinen Bibliothek im Farmhaus statt. Sie war gemütlich und geschmackvoll eingerichtet und gab keinen Hinweis auf die grauenvollen Handlungen, die sich an anderer Stelle auf dem Besitz abgespielt hatten. Potter saß auf einer dunklen Holzbank, die Handgelenke steckten vor ihm in Handschellen. Seine dunklen Augen brodelten vor Wut, als er mich ansah.
    Ich saß auf einem Stuhl, ihm direkt gegenüber. Einen langen Moment schauten wir uns nur an, dann ließ ich meine Augen durch den Raum wandern. Bücherregale und Schränke waren handgefertigt und bedeckten sämtliche Wände. Auf einem großen Eichenschreibtisch standen ein Computer und ein Drucker, zwei Holzkästen mit der Beschriftung »Eingang« und »Ausgang« und Stapel unkorrigierter Seminararbeiten. Auf einem grünen Schild hinter dem Schreibtisch war zu lesen: »Segne diese Unordnung!« Nirgends ein Hinweis auf den wahren Taylor oder »Potter«.

    Ich las die Autorennamen auf den Buchrücken: Richard Russo, Jamaica Kincaid, Zadie Smith, Martin Amis, Stanley Kunitz.
    Es war das Gerücht im Umlauf, dass das FBI über unglaublich viel Informationen über einen Verdächtigen verfügte, ehe eine Befragung durchgeführt wurde. Bei Taylor traf das zu. Ich wusste bereits, dass er seine Kindheit in Iowa verbracht und dann an der Universität von Iowa und an der NYU studiert hatte. Niemand hatte den Verdacht gehabt, dass er eine dunkle Seite haben könnte. Dieses Jahr hätte er eigentlich befördert werden sollen. Er hatte an der Fertigstellung eines Buches über Miltons Verlorenes Paradies gearbeitet und an einem Artikel über John Donne. Auf dem Schreibtisch lagen auch Entwürfe für andere literarische Projekte.
    Ich stand auf und blätterte in den Papieren. Er ist organisiert. Er hat für alles eine Schublade, dachte ich. »Interessantes Zeug«, sagte ich.
    Â»Seien Sie vorsichtig damit«, warnte er.
    Â»Oh, Entschuldigung. Ich bin ganz behutsam«, versicherte ich ihm,

Weitere Kostenlose Bücher