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Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition)

Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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ab.
    »Schnüffelt hier die ganze Zeit rum«, meinte Ginger und leerte ihr Glas.
    »Ich schnüffele überhaupt nicht«, sagte Celia und wich erneut zurück, bis sie direkt mit dem Rücken am Tresen stand.
    »Willst du mal an mir schnüffeln?«, fragte Stanley, griente und griff sich in den Schritt. »Hab ich nichts gegen.«
    »Kommst nicht von hier, was? Du sprichst so komisch«, meinte der andere und drängte sich an sie, bis nur noch der Koffer zwischen ihnen war. »Landeier kann ich gut leiden. Sollen ja angeblich am besten schmecken.«
    »Lasst es gut sein, Jungs«, mischte sich Joseph ein. »Die ist doch noch ’n halbes Kind.«
    »Kümmer du dich um dein eigenes Weibsbild, Joseph!«, schnauzte Stanley und stieß den Zeigefinger in Gingers Richtung. »Wir kümmern uns um unsers.«
    »Ich bin nicht Ihr Weibsbild«, rief Celia, die nun das Knie des anderen Mannes an der Innenseite ihres Schenkels spürte. Die Tränen stiegen ihr in die Augen. »Bitte lassen Sie mich gehen!«
    »Bist nicht unser Weibsbild, was?«, höhnte Stanley. »Wem gehörste dann?«
    »Das Mädchen gehört zu mir«, erklang in diesem Augenblick eine helle Männerstimme von der Tür. »Sie ist meine Schwester.«
    Überrascht wandten sich die beiden Männer um und starrten zum Eingang. Im gleichen Augenblick prusteten sie schallend los.
    Weil die Männer ein wenig zur Seite getreten waren, hatte auch Celia einen freien Blick auf die Tür. Dort stand ein junger Mann in einer staubigen und fleckigen Uniform, die militärisch wirkte und dennoch nicht recht zu einem Soldaten passte. Jedenfalls hatte Celia eine ähnliche Uniform noch nirgends gesehen. Sie war schlicht und dunkelblau, mit einer dichten Reihe Metallknöpfe auf der Brust und hohem Stehkragen, auf dem ein weißes »S« eingestickt war. Auf dem Kopf trug der Mann eine ebenfalls dunkelblaue Kappe mit einem schmalen Hutband, auf dem zu lesen war: »The Salvation Army«.
    »Deine Schwester?«, rief Stanley. Er schien der Wortführer der beiden Männer zu sein. »Wer’s glaubt, wird selig!« Wieder lachten die Männer, und auch Ginger stimmte kichernd mit ein.
    Der Uniformierte nickte Celia kaum merklich zu und hob die Augenbrauen. Dann sagte er: »Ja, sie ist meine Schwester, weil sie wie ich ein Kind Gottes ist.«
    Stanley bog sich vor Lachen. »Ein Kind Gottes!«, kreischte er und schlug seinem Kumpel auf den Oberarm. »Das ist gut! Den Witz muss ich mir merken.«
    Wieder machte der Heilsarmist ein Zeichen mit dem Kopf in Celias Richtung und winkte gleichzeitig mit einem Stapel Papiere, den er in der Hand hielt. »Ja, ein Kind Gottes! Und wenn ihr morgen zur Church Street kommt und unserer Schwester Eva zuhört, werdet auch ihr unsere Brüder werden. Das verspreche ich euch.«
    »Ich hab schon zwei Brüder«, sagte Stanleys Kumpel. »Die reichen mir. Kann sie nicht ausstehen.«
    Dennoch hielt der Uniformierte ihm einen Handzettel hin und rief übertrieben laut: »Der Herr Jesus wird dir den Weg zu uns weisen! Er ist dir ein Freund und führt dich ins Licht!« Wieder nickte er Celia dabei seltsam zu.
    Endlich begriff sie. Sie presste den Koffer an ihre Brust, sprang zwischen den beiden Männern hindurch nach vorn und rannte zur Tür. Als Stanley nach ihr fassen wollte, zuckte sie zur Seite, und im selben Moment warf der Mann in der Uniform ihm die Handzettel ins Gesicht mit den Worten: »Der Herr sei mit euch!«
    »Teufel auch!«, fauchte Stanley und sprang ihr hinterher, doch er rutschte auf einem der Zettel aus und landete mit dem Hinterteil auf den Dielen.
    Celia stieß die Tür auf und stürmte hinaus, nur eine Sekunde später folgte ihr der Heilsarmist. »Da lang!« Er deutete auf die dunkle Nische zwischen Schänke und Viehstall.
    Im gleichen Augenblick wurde die Tür zur Schänke erneut aufgestoßen.
    Celia und ihr Beschützer rannten zu der Nische, die sich als schmaler Durchlass entpuppte und anscheinend zu einer Parallelstraße der Whitechapel Road führte. Kaum hatten sie die schmale Gasse erreicht und waren nach links abgebogen, schon schlug der Uniformierte erneut einen Haken und bugsierte Celia in einen engen Yard, der wiederum zur Hauptstraße zu führen schien. Wenn Celia nicht in der Dunkelheit völlig die Orientierung verloren hatte, waren sie im Halbkreis gelaufen.
    In der Gasse hinter ihnen erklangen eilende Fußschritte, die schnell näher kamen, sich dann aber ebenso schnell wieder entfernten. Stanley und sein Kumpel waren an dem unscheinbaren Eingang zum Yard

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