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Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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dich an.«
    »Oki«, bestätigte Noi und steckte die Pistole zurück in die Handtasche.
    Hinter vorgehaltener Hand wurde viel darüber spekuliert, wer eigentlich bei Ruby’s wirklich die Strippen zog. Manche sagten, es sei ein prominenter Lokalpolitiker. Andere meinten, der Russkie, ein stadtbekannter Krimineller.
    Aber wann immer Trigger Noi fragte, ließ sie ihn abblitzen. »Großes Boss sagen, Noi nix sagen.«
    Jedenfalls sorgte der Besitzer dafür, dass immer ausreichend Muskelpakete im Empfangs- und Barbereich herumstanden. Manchmal waren das beeindruckende, hünenhafte Insulaner, die, wie Trigger annahm, von der Ostküste importiert wurden - aus Townsville, Cairns und ähnlichen Orten. An anderen Tagen, wie heute, war es nicht so. Zwar war Ned Maleski ein Bär von einem Mann, knapp zwei Meter groß und hundertzwanzig Kilo Minimum, dazu ein Schädel wie ein Ziegelstein und eindeutig der härteste Footballspieler, mit dem Trigger es je zu tun gehabt hatte - unweigerlich hatte die NT Times das Aufeinandertreffen der beiden als »Titanenkampf«, als den »Kampf zweier Titanen«
und in einem Fall gar als den »Titanenkampf zweier Titanen« tituliert -, aber Trigger hielt ganz einfach nichts von ihm.
    Trigger überlegte kurz, ob er zu ihm gehen und Hallo sagen sollte, ließ es aber bleiben. Zum einen brauchte Ned Maleski nicht zu wissen, dass Trigger Tregenza für Sex bezahlte. Wenn auch nur manchmal. Und selbst dann nur, weil es Noi derart anmachte, die berühmte 23 auf dem Rücken zu tragen.
    Im Gegensatz zu anderen Etablissements, wo man es nachtein, nachtaus mit denselben alten Gesichtern zu tun hatte, gab es im Ruby’s einen nie versiegenden Strom neuer Mädchen, meist aus Thailand. Eins von ihnen ließ sich an der Bar gerade von einem Kartell japanischer Geschäftsleute aushalten. In Triggers Augen waren alle Thai-Mädchen schön, selbst die hässlichen, aber dieses - und sie war wirklich ein Mädchen; wie alt konnte sie sein, sechzehn? Siebzehn? - war der absolute Wahnsinn.
    Trigger Tregenza unterschrieb den Kreditkarten-Beleg, ließ sich den Stammkundenpass abstempeln und sagte Ruby’s Adieu.

5
    Das neue Polizeipräsidium lag am Rande Darwins, an der extrem stark befahrenen McMillans Road, einer der großen Zufahrtsstraßen der Stadt. Direkt gegenüber lag Croc Pot, »Darwins Touristenattraktion Nummer eins«, wenn man dem Schild davor glauben durfte.
    Dusty war nur ein einziges Mal im Croc Pot gewesen,
zusammen mit ihrer Mutter, und damals hatten sie es nur bis zum Laden geschafft. Celia war nicht gerade scharf auf die Reptilien selbst, nicht in unveredeltem Zustand, hatte aber auf ein Handtaschenschnäppchen spekuliert, und es gab nichts, was Celia so sehr entzückte wie ein echtes Schnäppchen. Dummerweise waren keine vorrätig gewesen, und so hatte Celia ihre ohnedies schon umfangreiche »Was ich an Darwin hasse«-Liste um einen Eintrag erweitert: Keine Schnäppchen im Croc Pot.
    Dusty war klar, dass der Croc Pot auf der einen Straßenseite und das Polizeigebäude auf der anderen zu einem cleveren, witzigen Bonmot geradezu herausforderten. Leider war ihr in den fünf Jahren seit der Fertigstellung und feierlichen Übergabe des Gebäudes durch einen Premierminister mit Akubra-Hut nie eins eingefallen, und nichts deutete darauf hin, dass sich daran heute etwas ändern würde. Sie fuhr den Commodore auf ihren Stellplatz und registrierte überrascht die ringsum herrschende Leere.
    In ihrer üblichen Dienstkleidung - schwarzes, passgenaues T-Shirt mit V-Ausschnitt, Leinenhose mit weitem Bein, dazu geschlossene Schuhe - stapfte Dusty über den Asphalt, der in der Hitze Blasen warf. Selbst nach so vielen Jahren im Top End hatte sie sich nicht gänzlich an die Brutalität des Wetters zu dieser Jahreszeit gewöhnt. Die Luft war nicht mehr einfach Luft; aufgeladen mit Hitze und Feuchtigkeit bekam sie physische Präsenz, wirkliche Substanz. Man bewegte sich nicht in ihr, man lief dagegen an. Langsam. Kein Wunder, dass die Anzahl der Straftaten während des Build-Ups in den Keller sackte. Der »Anlauf« war auch für den Durchschnittsverbrecher zu viel.
    Als Dusty um die Ecke bog, sah sie Trace, die zu den circa
hundert Polizeibeamten der Aborigine-Gemeinschaft gehörte, kurz ACPOs; sie stand im Schatten eines Mahagonibaums - des Baums der Schande, wie er angesichts der Fülle von Kippen um seinen Stamm genannt wurde - und steckte sich eine Zigarette an.
    »Schwester!«, rief Dusty.
    Trace hob den Kopf und machte

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