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Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Kreepy Krauly
hat mein Handy verschluckt«, hätte ihrer Sache wahrscheinlich nicht wirklich genützt.
    »Aber um ganz ehrlich mit Ihnen zu sein, wahrscheinlich war es besser so. Ich hätte Sie ohnehin von dem Fall abgezogen.«
    Dusty konnte kaum fassen, was sie da hörte. Es war ihr Fall und war es von Beginn an gewesen, seit dem Tag vor zwei Jahren, als die Meldung von der entführten Frau hereinkam.
    »Aber …«, setzte Dusty an, doch wieder hieß die Kommandantin sie schweigen.
    »Keine Diskussion, Detective Buchanon. Mein Vorgänger hätte das bereits nach dem Prozess tun sollen. Also, Sie sind von dem Fall abgezogen, ab sofort. Schluss, aus.«

7
    Als Dusty zurück ins Büro stürmte, war Fontana weg. Mag sein, dass es eine ganz und gar unschuldige Erklärung für seine Abwesenheit gab - er erledigte einen Auftrag, warum nicht -, doch das bezweifelte Dusty. Fontana hatte sich abgesetzt, weil er wusste, dass sie bei ihrer Rückkehr Funken sprühen würde, aber keine gewöhnlichen Funken - Funken geschmiedet aus Zorn, Enttäuschung und Bitterkeit, Funken, denen er aus gutem Grund nicht zu nahe kommen wollte. Allerdings hatte er die Blätter vom Boden aufgehoben und zurück auf ihren Schreibtisch gelegt, keine fontanatypische Geste; wie das Chaos an seinem eigenen Arbeitsplatz unschwer erkennen ließ, war er kein Ordnungsfanatiker.
    Eine energische Bewegung mit der Hand, und die Blätter flatterten dahin zurück, wo sie hergekommen waren.

    »Scheiße!«, brüllte Dusty.
    »Fotze!«, wollte sie schreien, aber dann fiel ihr ein, dass sie Julien versprochen hatte, dieses hässliche Wort nicht mehr ganz so freigiebig zu benutzen.
    »Fotze!«, schrie sie.
    Sie trat nach den Blättern.
    In einem solchen Moment reinsten Zorns war es nicht schwer zu verstehen, wie jemand einen Mord begehen konnte. Hätte sie ein Messer gehabt, sie hätte die Blätter womöglich abgestochen; mit einer Pistole hätte sie sie wahrscheinlich erschossen. Aber so trampelte sie einfach eine Weile darauf herum.
    Sie von dem Fall abzuziehen, war einfach unmöglich.
    Sie wusste darüber mehr als irgendjemand sonst. Welcher Polizist konnte schon von sich sagen, dass er Weihnachtskarten von den Eltern des Opfers bekam? Nein, der Commander würde wieder zur Vernunft kommen und sie erneut darauf ansetzen. Solchermaßen getröstet, sammelte Dusty die Blätter ein - etliche waren eingerissen, manche ziemlich stark, aber alle waren noch lesbar.
    Dann setzte sie sich an ihren Tisch und zwang sich, zum Alltagsgeschäft zurückzukehren - sie fuhr den PC hoch und las ihre E-Mails.Viel Interessantes war nicht dabei - das großzügige Angebot, sich den Penis vergrößern zu lassen, Mist aus der Abteilung, die üblichen Scherze. Oft amüsierte sie sich darüber, je kindischer, je lieber, aber nicht heute - heute hieß es löschen, löschen und noch mal löschen.
    Eine Mail von Julien war dabei, der sie daran erinnerte, dass sie Freitagabend im Peewees, einem neuen Restaurant am East Point, zum Essen verabredet waren (»ps. der laden ist schick«). Eine Nachricht von ihrer Mum war auch da. »Tut
mir s leid wg vorhin«, stand da. Und dann:):). Das »s« war schon schlimm genug - wie lange kann es dauern, »ehr« zu tippen, aber die Smileys waren das Letzte: als ob man vom Dorftrottel angegrinst würde. Dusty tippte:(:(, überlegte eine Nanosekunde und drückte dann auf Senden.
    Detective Fontana spazierte herein, er duftete nach frisch aufgetragenem Deo, und der geschorene Schädel glitzerte feucht.
    »Krafttraining«, setzte er sie ins Bild.
    Der unmittelbare Drang zum Funkensprühen war mittlerweile zwar abgeflaut, trotzdem wollte Dusty Fontana das Ausmaß ihrer Wut, die Tiefe ihres Hasses spüren lassen.
    »Du stemmst doch sowieso höchstens Kacke«, sagte sie.
    »Was soll das heißen?«
    Fontana hatte einmal zu den besten Triathleten des Staates gezählt, doch seine besten Jahre lagen längst hinter ihm. Dessen ungeachtet bildete er sich nach wie vor ein, er könnte ganz groß abräumen - wenn er sich nur ehrgeizigere Ziele setzte, seinen Pulsmesser nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen einstellte und seinen alternden Körper immer noch stärker forderte.
    »Das soll heißen …«, setzte Dusty an, doch die Luft war raus. Fontana konnte nichts dafür, es war nicht richtig, es an ihm auszulassen.
    »Sie hat echt einen an der Waffel, oder?«
    »Sogar zwei, und richtig dicke.«
    Normalerweise hätte Dusty Fontana genau hier das Wort verboten - eine

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