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Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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darauf eingelassen und sie sogar eingeladen hatte, wusste
Dusty nicht.Vielleicht, weil ihr klar war, dass die Polizei letzten Endes doch stärker war? Oder weil sie schlicht nichts zu verbergen hatte?
    Es war an der Zeit, das herauszufinden.
    »Ich würde gerne ein paar Fragen zu einer Noi stellen, die hier gearbeitet hat«, wandte Dusty sich an Ruby.
    »Das Noi«, sagte Rubys Schwester und deutete auf die neben ihr Sitzende.
    »Nein, eine andere Noi. Eine jüngere«, erwiderte Dusty, der auffiel, dass Noi ihr Essen nicht angerührt hatte.
    »Wir sind nicht verpflichtet, auf Ihre Fragen zu antworten«, erklärte Harold mit einer Bestimmtheit, die seiner Unauffälligkeit Hohn sprach.
    Also hatte Julien recht, überlegte Dusty, der große Boss war Harold. Schließlich war die Lizenz auf ihn ausgestellt.
    »Mir ist sehr wohl bewusst -«, setzte Dusty an, doch dann fiel Rubys Schwester ihr ins Wort und sagte zu Harold etwas auf Thai.
    Es folgte eine kurze Auseinandersetzung, an der sich außer Nim sämtliche der ursprünglich um den Tisch Versammelten beteiligten. Sie brach ab, als Harold unvermittelt aufstand und den Raum verließ.
    »Mann Rosy«, erklärte Ruby und zeigte auf ihre Schwester.
    Dann machte sie eine weitere Geste - sie wackelte mit dem kleinen Finger -, weltweit das Zeichen für einen kleinen Penis, für die Unzulänglichkeit des Mannes. Wieder das beifällige Lachen, wobei Noi diesmal die Lauteste war.
    »Wem gehört dieser Laden eigentlich?«, fragte Flick.
    »Ruby’s gehören Großes Boss«, leierte Noi herunter.

    Dusty fiel auf, wie nervös sie war und dass sie auf dem Stuhl herumrutschte, als hätte sie Hummeln im Tanga.
    »Und wer genau ist dieser ominöse große Boss?«, wollte Dusty wissen.
    Die beiden Schwestern sahen einander freundschaftlich an.
    »Partner«, flöteten sie.
    Dusty lächelte still. Ruby war also Teilhaberin von Ruby’s. Manchmal liegt die Wahrheit direkt vor der Nase. Und sie war ernstlich beeindruckt. Die Puffbetreiber, mit denen sie es in den eineinhalb Jahren bei der Sitte zu tun gehabt hatte, waren durch die Bank Männer und durch die Bank Abschaum gewesen. Aber hier machten es die Schwestern wirklich für sich.
    »Ich auch Partner«, sagte Noi.
    »Juniorpartner«, erklärte Ruby von oben herab.
    »Aber hat hier nicht noch eine Noi gearbeitet?«, fragte Dusty.
    »Meine Freundin«, meldete Nim sich zum ersten Mal zu Wort.
    »Du hast sie gut gekannt?«
    »Sie und ich aus gleichem Dorf.«
    »Noi fortgegangen«, schnitt Ruby Nim das Wort ab.
    Mit einem Piepsen zeigte Dustys Handy eine SMS an. Sie achtete nicht darauf, wollte den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen.
    »Wo ist sie hingegangen?«
    »Sie fortgehen mit Freier«, sagte Rubys Schwester.
    Dusty nahm das Foto von Noi aus der Aktentasche - auf einer Bahre, das Gesicht verheert, der Leib geschändet, das Messer steckte noch. Sie warf es neben die Schüssel mit dem grünen Chicken Curry.

    »Ist das die Noi, die hier gearbeitet hat?«
    Nim beugte sich vor. Sie schrie, presste sich die Hand auf den Mund. Sie stieß sich vom Tisch ab und rannte davon, taumelte ins Freie und erbrach sich. Dramatisch, aber authentisch, fand Dusty. Im Gegensatz dazu hatte der Ausdruck auf den Gesichtern der beiden Schwestern etwas Einstudiertes: Die Nachricht von Nois Tod war ihnen nicht neu.
    »Du nicht nett!«, protestierte Noi in schrillem Ton und warf das Foto auf den Boden.
    »Hast du ihr Fantasy gegeben?«, fragte Dusty und beugte sich, die Hände auf den Tisch gestützt, zu Noi hinüber.
    »Was Fantasy?«, wollte Ruby wissen.
    »Drogen«, erklärte Dusty. »Die Droge, an der sie gestorben ist.«
    »Nicht nett!«
    »Hast du ihr an dem Abend, an dem du sie zum Beachfront gebracht hast, eine Flasche mit Fantasy gegeben?«
    »Nicht nett!«
    Nois Gesicht war wutverzerrt. Speichel sammelte sich in ihren Mundwinkeln.
    Dusty setzte ihr unbarmherzig weiter zu - »Hast du ihr Fantasy gegeben? Hast du ihr Fantasy gegeben?« -, während sie sich innerlich zur Vorsicht mahnte - diese Frau ist höchst labil - und sich zugleich sagte: »Zum Teufel! Irgendjemand muss wenigstens ein Stück weit die Verantwortung für den Tod des Mädchens übernehmen.«
    Jetzt brüllte auch Ruby Noi auf Thai an. Noi griff unter den Tisch und hob eine Handtasche auf, eine nachgemachte Louis Vuitton. Darin tauchte ihre Hand ab und kam mit einer kleinen Pistole mit rosa Griff wieder zum Vorschein. Ein Knall, ein ohrenbetäubendes Klirren, und Dusty spürte
etwas

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