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Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Dusty, seit sie mit acht die fünfte Vorschulklasse der West Adelaide Primary School besucht hatte. Damals war sie nach einem der üblichen Mittagspausenringkämpfe mit Tommy Stinkehose Papadopoulos völlig zerrupft ins Klassenzimmer gekommen. »Frances, du bist wirklich staubig«, hatte die Lehrerin gesagt, und seitdem hieß sie Dusty. Nur ein Mensch auf der Welt beharrte darauf, sie nach wie vor Frances zu nennen.
    »Mum, weißt du, wie viel Uhr es ist?«
    Keine abwegige Frage, doch ihre Mutter ging nicht darauf ein. »Rat mal, was passiert ist«, forderte sie in ihrer zutiefst nervtötenden Art - wozu immer diese kindischen Ratespielchen, anstatt einfach die offenbar doch so unaufschiebbare Nachricht zu erzählen?

    »Wieder ein interessanter Mord?«, erkundigte sich Dusty.
    Wenn es eines gab, was ihre Mutter unter Garantie auf die Palme brachte, dann der Hinweis darauf, dass es im vornehmen Adelaide, der selbsternannten Stadt der Kirchen, eine lange Tradition bizarrer und brutaler Morde gab.
    Erneut zog Celia es vor, ihre Tochter zu ignorieren. »Nat ist wieder schwanger.«
    Nat war die jüngste von Dustys drei Stiefschwestern, die Phil, der dritte Mann ihrer Mutter, mit in die Ehe gebracht hatte. Wie bei einer Art Staffelrennen wurden sie immer abwechselnd schwanger, und eine gab den Fruchtbarkeitsstab zur nächsten weiter.
    »Wie schön.«
    »Du könntest dich ruhig ein bisschen freuen.«
    »Ich kenne sie ja kaum.«
    Als Dusty aus Adelaide fortgegangen war, war Celia noch mit Ehemann Nummer zwei zugange gewesen, Daryl, dem Versager. Phil war erst vor etwa sechs Jahren auf der Bildfläche erschienen.
    »Trotzdem ist sie deine Schwester.«
    »Stiefschwester.«
    »Frances!«
    »Also schön, Mum, wenn’s denn sein muss. Wow, das ist echt riesig. Ich freue mich total für sie.«
    »Na siehst du, war doch nicht so schwer.«
    Celia war völlig immun gegen Sarkasmus, im Grunde gegen jede Art von Ironie.
    »Und hegst du denn selbst irgendwelche diesbezüglichen Absichten?«
    »Ich muss jetzt wirklich zum Dienst.«
    »Schließlich wirst du auch nicht gerade jünger.«

    »Mit dem Konzept der verrinnenden Zeit bin ich durchaus vertraut, Mutter.«
    »Hast du dir das Angebot von Richard mal durch den Kopf gehen lassen?«
    Richard war Dustys Grundstücke erschließender, Porsche fahrender, Sekretärin bumsender, jüngerer Bruder. Na gut, mit dem Sekretärin-Bumsen, da war Dusty sich nicht ganz sicher, sie wusste nicht mal, ob er eine Sekretärin hatte, die er bumsen konnte, und was den Porsche anging, so war sein Auto genau genommen zwar nicht das Ergebnis hervorragender deutscher Ingenieursarbeit, aber es hatte zwei Türen, kein Dach und war, Richard zufolge, ein Ludermagnet. Was aber völlig außer Frage stand, war, dass er beruflich Baugrund erschloss und sie häufig anrief, um ihr von seinem neuesten, absolut wasserdichten Projekt zu erzählen. Sein Angebot? Wenn sie den Dienst quittierte und nach Adelaide zurückkehrte, würde er ihr helfen, ein Geschäft zu eröffnen - ein kleines Café, einen Schreibwarenladen, oder wie wäre es mit einer Tierhandlung? Sie liebte doch Tiere. Immer schon. Eine Zoohandlung wäre doch ideal.
    »Ich habe es mir durch den Kopf gehen lassen, und ich habe kein Interesse.«
    »Ich will dich ja nicht drängen, Herzchen. Und du weißt, ich will nur dein Bestes. Ich glaube kaum, dass du da oben den Richtigen kennen lernst. Den mit der Superbierwampe vielleicht. Oder den mit dem Gemüt wie Schmirgelpapier. Aber nicht den Richtigen. Der Richtige lebt nicht in einem Kaff wie Darwin.«
    Aus irgendeinem Grund - Abartigkeit, hätte Dusty getippt - ließ Celia nicht davon ab, Darwin auf der hinteren Silbe zu betonen. Dar- win .

    »Mum, du hast nicht die geringste Ahnung von Dar -win«, sagte Dusty mit deutlicher Gegenbetonung.
    In all den Jahren, die Dusty nun schon im Top End lebte, hatte Celia sie ganze zwei Mal besucht. Das letzte Mal, vor zwei Jahren, hatte vielversprechend begonnen. James und Dusty hatten eben ihr Traumtropeneigenheim bezogen. Celia war begeistert von den Möglichkeiten und überschlug sich geradezu mit grandiosen Ausstattungsvorschlägen - von denen die meisten eine Klimaanlage, Teppichböden und einen Farbton beinhalteten, den sie beharrlich »Apricot-Rouge« nannte. Dann hatten sie den Markt in Parap besucht; für Dusty ein faszinierender Mikrokosmos des multikulturellen Darwin.
    »Du wirst begeistert sein, Celia«, hatte James versprochen, und sosehr Dusty mittlerweile auch

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