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Vor dem Sturm (German Edition)

Vor dem Sturm (German Edition)

Titel: Vor dem Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesmyn Ward
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oder dreißig, weil wir die Eier nicht alle finden; die Hennen verstecken sie gut. Ich weiß nicht mehr genau, wie ich es geschafft habe, Mama zu folgen, denn ihre Haut war so dunkel wie die ausladenden Äste der Eichen, und sie trug nie leuchtende Farben: kein Nagellackrosa, kein Forsythienblau, kein Bananengelb. Vielleicht hat sie sich T-Shirts und Hosen in leuchtenden Farben gekauft und sie sind mit der Zeit ausgeblichen, sodass es immer so schien, als trüge sie nur Olivgrün und Schwarz und Nussbraun. Wenn sie sich bückte, um aus einem versteckten Nest ein Ei zu nehmen, konnte ich sie kaum sehen, und dann bewegte sie sich, und es sah aus, als bewege sich der Wald, als fahre ein Wind durch die Bäume. Also folgte ich ihr nach Gefühl, nicht nach Sicht, krallte meine Hand in ihre Hose oder ihren Rock, und so liefen wir durch die Zwischenräume zwischen den Eichen und suchten nach Eiern. Das Eiersuchen macht mir Spaß. Einfach alleine losziehen, so langsam gehen, wie ich will, ins Leere starren. Ohne Daddy und Junior zu beachten. Mich wie die Stille und der Wind fühlen. Ichstelle mir vor, wie Mama vor mir geht, sich umdreht, um mich anzulächeln oder zu pfeifen, damit ich schneller laufe, ihre Zähne weiß in der Düsternis. Aber trotzdem ist es Arbeit, und ich muss mich zusammenreißen und konzentrieren, wenn ich etwas zu essen finden will.
    Das Einzige, was mir je leicht gefallen ist, so leicht wie im Wasser zu schwimmen, war Sex, als ich anfing, welchen zu haben. Ich war zwölf. Beim ersten Mal legte ich mich auf den Vordersitz von Daddys Kipplaster. Das war mit Marquise, der nur ein Jahr älter war als ich. Als Skeetahs bester Freund stand er uns beiden so nah, dass er in den Sommermonaten praktisch bei uns wohnte. Wir drei rannten zur Hintertür hinaus und streunten in Daddys Wald herum, verbrachten ganze Tage damit, auf dem Rücken im Wasser der Grube zu liegen. Den ganzen Sommer über waren wir mit einer orangefarbenen Staubschicht überzogen, und wenn wir während dieser monatelangen Übernachtungsparty morgens aufwachten, fühlte sich das Bettzeug pulvrig an, wie trockener roter Lehm. Wir hatten uns im Kipplaster vor Skeetah versteckt, warteten darauf, dass er uns fand, und Marquise fragte, ob er meine Brüste anfassen dürfte. Sie wuchsen schon, waren aber immer noch so klein wie die Sahnehäubchen auf einem Lemon Meringue Pie, mit harten Knoten in der Mitte. Ich erlaubte es ihm, und dann bat er mich, ihm mein Intimstes zu zeigen, weil er Angst hatte, nie eins zu sehen zu kriegen, wenn er älter wurde. Das habe ich gemacht. Und dann hat er mich angefasst, und es fühlte sich gut an, und dann nicht mehr, aber dann doch wieder. Und es war einfacher, ihn weitermachen zu lassen, als ihn zu bitten aufzuhören, einfacher, ihn reinzulassen, als ihn wegzuschieben, einfacher, als ihn fragen zu hören:
Warum nicht?
Es war einfacher, still zu sein und es hinzunehmen, als auf diese Frage zu antworten. Skeetah hat uns danach gefunden. Ich schwitzte so stark, dass meine Augen brannten, und ein Teil war MarquisesSchweiß, der zuerst halb lächelte und dann nicht mehr; dann riss er nur noch staunend die Augen auf angesichts dessen, was wir getan hatten.
Was habt ihr die ganze Zeit gemacht?
, fragte Skeetah, und ich sagte,
Nichts
. Es roch im Wagen nach gekochter Milch. Ich hatte Angst, Skeetah würde es riechen, würde Marquise und mich riechen, wie wir ineinander geglitten waren, ganz Ellbogen und Knie, Knochen und Haut, Marquises Gesicht erschrocken, grinsend, schmutzig, und darum stahl ich mich als Erste aus dem Wagen und ließ die beiden zurück, um nach einem Rost zu suchen, den sie in den Wald schleppen konnten, damit wir darauf das Büchsenfleisch braten konnten, das Marquise von sich zu Hause geklaut hatte; wir wollten in der Nacht draußen schlafen.
    Im Bad betrachtete ich mich im Spiegel. Zog mich aus und duschte mich ab. Zog mich wieder an. Meine Kleider passten mir noch. Mein Bauch, meine Hüften, meine Arme bildeten die gleichen geraden Linien wie sonst; es war nichts Schönes oder Kurviges an mir. Ich war immer noch klein und dünn, mein Haar dick, lockig und schwarz, die Lippen schmal. Ich sah kein bisschen verändert aus. Daddy hat uns allen das Schwimmen beigebracht, indem er uns hochhob, als wir klein waren, vielleicht sechs oder so, und uns ins Wasser warf. Ich hatte es schnell raus, hatte nicht hustend das schlammige Grubenwasser ausgespuckt, hatte nicht geheult und mit den Armen gefuchtelt; ich war

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