Vor der Flagge des Vaterlands
Werd’ ich jemals dem Kerker auf Back-Cup entfliehen, den falschen Graf d’Artigas denuncieren und die Meere von der Räuberhorde Ker Karraje’s befreien können?
Und so furchtbar er schon ist, wird das nicht noch mehr der Fall sein, wenn Ker Karraje in Besitz des Fulgurator Roch käme?… Ja, hundertmal mehr! Kann er erst dieses neue Zerstörungsmittel gebrauchen, so vermag kein Handelsfahrzeug ihm mehr zu widerstehen und kein Kriegsschiff der gänzlichen Zerstörung zu entrinnen.
Lange Zeit bedrücken mich die Gedanken, die die Erinnerung an den Namen Ker Karraje mir erweckt. Alles, was ich von dem berüchtigten Piraten wußte, ist in meinem Gedächtniß wieder aufgelebt… sein Räuberleben, als er noch die Gewässer des Pacifischen Meeres unsicher machte, die Expeditionen, die die Seemächte zur Aufbringung seines Schiffs ausrüsteten, aber auch die Nutzlosigkeit dieser Versuche. Wiederum war er es dann einige Jahre später, dem das unerklärliche Verschwinden von Schiffen in den Nachbarmeeren des amerikanischen Festlands zuzuschreiben war. Er hatte nur den Schauplatz seiner Greuelthaten gewechselt. Man hielt sich von ihm für befreit, und er setzte seine Raubzüge auf dem so verkehrsreichen Atlantischen Meere mit dem Tug fort, den man im Gewässer der Bai von Charleston versunken glaubte.
»Und jetzt, sag’ ich für mich, kenne ich seinen wahren Namen und seinen geheimen Schlupfwinkel: Ker Karraje und Back-Cup! Wenn der Ingenieur Serkö aber diesen Namen vor mir ausgesprochen hat, so muß er dazu ermächtigt worden sein. Hat man mir nur zu verstehen geben wollen, daß ich auf jede Hoffnung, meine Freiheit wieder zu erlangen, zu verzichten hätte?…«
Der Ingenieur Serkö hatte unbedingt den Eindruck bemerkt, den die Erwähnung jenes Namens auf mich machte. Ich erinnre mich, daß er beim Fortgehen von mir sich der Wohnung Ker Karraje’s zuwandte, jedenfalls um ihn von dem Vorgefallnen zu unterrichten.
Nach einem ziemlich langen Spaziergange am Ufer der Lagune wollte ich schon nach meiner Zelle zurückkehren, als hinter mir ein Geräusch entstand.
Ich drehe mich um.
Da kommt der Graf d’Artigas in Begleitung des Kapitän Spade. Er wirft mir einen fragenden Blick zu. Da entringen sich mir in einer Aufwallung des Zorns, den ich nicht zu bemeistern vermag, die Worte:
»Herr Graf, Sie halten mich hier wider alles Recht zurück! Haben Sie mich aus dem Healthful-House wegschleppen lassen, damit ich hier die Pflege Thomas Roch’s übernehmen soll, so erklär’ ich hiermit, darauf nicht einzugehen, und ich verlange von Ihnen, mich zurückzuschicken…«
Das Haupt der Seeräuber macht weder eine Bewegung, noch kommt ein Wort über seine Lippen.
Da übermannt mich der lange verhaltne Ingrimm.
»Antworten Sie, Graf d’Artigas… oder richtiger… denn ich weiß, wer Sie sind… geben Sie Antwort… Ker Karraje!«
Da erwidert er mir:
»Der Graf d’Artigas ist Ker Karraje… ebenso wie der Wärter Gaydon der Ingenieur Simon Hart ist, und Ker Karraje wird dem Ingenieur Simon Hart, der alle seine Geheimnisse kennt, die Freiheit niemals wiedergeben!«
Elftes Capitel.
Im Laufe von fünf Wochen.
Die Sachlage ist klar. Ker Karraje weiß, wer ich bin… Er kannte mich schon, als er die Doppelentführung Thomas Roch’s und seines Wärters ins Werk setzte.
Wie ist der Mann dazu gekommen? Wie hat er das erfahren können, was ich dem gesammten Personal des Healthful-House zu verheimlichen wußte? Wie hat er wissen können, daß ein französischer Ingenieur das Amt eines Wärters bei Thomas Roch versah?… Ich weiß nicht, wie das möglich war, und doch ist es an dem.
Offenbar besaß der Mann Informationsmittel, die ihm gewiß viel Geld gekostet haben, woraus er aber auch großen Nutzen gezogen hat. Ein Mann dieses Schlags sieht nicht auf die Unkosten, wenn es gilt, seinen Zweck zu erreichen.
In Zukunft ist es dieser Ker Karraje, oder vielmehr sein Spießgesell, der Ingenieur Serkö, der die Functionen, die ich bei Thomas Roch früher erfüllte, auf sich nehmen wird. Sollten seine Bemühungen mehr Erfolg haben, als die meinigen? Gott wolle, daß das nicht der Fall ist und daß der civilisierten Welt dieses Unheil erspart bleibe!
Auf Ker Karraje’s letzte Worte hab’ ich nichts erwidert. Sie trafen mich wie die Kugel einer Waffe, die mir auf die Brust gesetzt war. Ich bin aber nicht zu Boden gesunken, wie der angebliche Graf d’Artigas vielleicht erwartete.
Nein, mein Auge heftete sich gerade auf das
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