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Vor Nackedeis wird gewarnt

Vor Nackedeis wird gewarnt

Titel: Vor Nackedeis wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Charles
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sanfter Stimme.
    Harry Bowden blinzelte. »Nein«, meinte er erstaunt.
    »Dann tun Sie bitte Ihre Hand da weg, wo Sie sie jetzt haben«, sagte sie und kletterte würdevoll von seinen Knien.
    Harry seufzte. Er sah ein, daß er dieses Mädchen manchmal doch ein wenig zu sehr ins Vertrauen zog. Sie wurde langsam - ein wenig zu hinterlistig und verschlagen.
    »Essen Sie im Tudor?« fragte er. »Wir könnten dort zusammen ein wenig feiern und auf den Tölpel trinken.«
    Shirley setzte einen Hut auf ihren reizenden, kleinen Kopf. »Auf welchen Tölpel?« fragte sie mit einer besonderen Betonung.
    »Auf den Tölpel«, sagte Mr. Bowden langsam, »der irgendwo in London gerade in diesem Augenblick ein gehetztes und trauriges Leben führt. Den Tölpel, der des Schlangestehens müde geworden ist; der Schlangen an Bushaltestellen, in Cafeterias und dergleichen und der vor all dem einfach weglaufen möchte. Den Tölpel, der glaubt, Dymstable sei so nahe bei London, daß er leicht jeden Tag in die City und wieder zurück fahren könne. Den Tölpel, der davon träumt, in der angenehm warmen See schwimmen und auf den sanften Wellen des Meeres segeln zu können, frische Luft zu atmen und unter seriösen, einfachen, natürlichen und freundlichen Menschen zu leben. Den Tölpel«, fügte er noch prophetisch hinzu, »der den weißen Elefanten am Strand kaufen wird und für dieses Privileg die Kleinigkeit von 2900 Pfund auf den Tisch legen muß. Und irgendwo existiert so ein Tölpel.«

    Lernen Sie jetzt aber die Charltons kennen.
    Es handelt sich um Adele, Bernie und deren kleinen Sohn Andy. Diese nette Familie wohnt in London. Sie ist es leid, in London zu wohnen. Sie träumt von einem anderen, einem neuen Leben. Sie träumt von einem geruhsamen Leben an der Küste, unter netten, einfachen Menschen. Dort also, wo man die wahren Werte des Lebens noch kennt und schätzt. Sie wollen dem von Haien verseuchten Wasser der englischen Metropole entfliehen.
    Lernen Sie also die Tölpel kennen.
    Der Mensch ist mit der Fähigkeit ausgestattet, träumen zu können. Jedoch erfüllen sich die meisten seiner Träume nicht, weil der Weg vom reinen Wunschdenken zmri echten Handeln nur von einem zündenden Funken abhängt, ^inem befruchtenden Geistesblitz, der eine Vorstellung zur Wirklichkeit werden läßt.
    So hätten also Adele und Bernie Charlton eigentlich glücklich in London dahinvegetieren können und von der gedanklichen Frucht des einfachen Landlebens schwärmen können, ohne den unwiderstehlichen Drang danach zu verspüren, weitere Schritte zu unternehmen und tatsächlich in diese Frucht beißen zu müssen. Sie hatten diesen Traum hin und wieder aufleben lassen, aber am 30. März endlich war dieser schwarze, tief sch warze Tag da, der ihnen den nötigen Anstoß gab.
    Es handelte sich dabei um einen der Tage, an denen sich alles derart gegen die Menschen verschwört, daß man einfach die Überzeugung gewinnen muß, das Leben in London sei nicht länger zu ertragen. Adele kam zu dieser Überzeugung, als sich das Küchenfenster der Charltonschen Wohnung im zweiten Stockwerk eines alten, viktorianischen Hauses in Peckham Rye zum vierundvierzigmillionsten Male nicht öffnen ließ.
    Aber dieses Fenster war nur eines von vielen Ärgernissen; denn dieser schreckliche Tag hatte bereits am frühen Morgen mit dem verbrannten Toast seinen Anfang genommen. Erstens hatte es Bindfäden geregnet - undurchdringlich, naß, kalt und widerlich -ein Regen, der einem durch Mark und Bein ging. Es handelte sich gleichzeitig um den Tag, an dem Adele Andy in den Kinderwagen' setzte und sich mühsam nach Rye Lane schleppte, um dort die Einkäufe für die Woche zu tätigen. Sie hatte Andy dem Wetter entsprechend angezogen, und das bedeutete, ein kleines, quecksilbriges Bündel in einen Anzug zu bugsieren, der nichts weiter als eine Serie von Reißverschlüssen und Gummibändern war. Der Kleine zwängte mit Erfolg beide Beine in ein Hosenbein, und Adele mußte die ganze Prozedur wieder von vorne beginnen. In der Zwischenzeit hatte er einen Schuh verloren, der spurlos vom Erdboden verschwunden war. Unmöglich, sollte man denken, aber der Schuh war nicht mehr zu finden. Adele entdeckte ihn dann schließlich hinter der Heizung unter einem Fensterbrett.
    »Zum Kuckuck«, sagte Adele und setzte den Jungen in den Kinderwagen. Sie brachte das Gefährt über eine große Zahl von Steinstufen heil nach unten und fing an, sich durch den Wind zu kämpfen. Fünfzig Meter weiter hatte

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