Vor Vampiren wird gewarnt
mache ich ihnen keinen Vorwurf. Wollen Sie sagen, dass Sie Interesse an diesem Haus haben?«
»Oh nein, ich habe mein eigenes«, versicherte Bill ihr. »Ich war nur froh, meiner Familie die erforderlichen Mittel geben zu können, um dieses Haus zu renovieren.
Ich möchte, dass auch in Zukunft meine Nachfahren hier wohnen und noch viele glückliche Jahre hier verleben.«
»Ich danke Ihnen«, flüsterte Miss Caroline, deren Stimme kaum noch zu hören war.
»Sookie und ich müssen jetzt gehen«, sagte Bill. »Ruhen Sie sanft.«
»Das werde ich«, flüsterte sie und lächelte, obwohl ihre Augen sich schlossen.
Ich stand so leise wie möglich auf und verließ noch vor Bill das Zimmer. Portia und Andy würden sicher noch etwas zu Bill sagen wollen, dachte ich mir. Auf jeden Fall wollten sie ihre Großmutter nicht stören und folgten Bill hinaus auf den Korridor.
»Ich dachte, du bist jetzt mit einem anderen Vampir zusammen«, sagte Andy zu mir, nicht mehr ganz so scharfzüngig wie früher.
»Bin ich auch«, erwiderte ich. »Aber Bill und ich sind immer noch gute Freude.«
Portia hatte sich kurze Zeit mal für Bill interessiert, wenn auch nicht, weil sie ihn süß fand oder so. Aber das trug sicher zu ihrer Verlegenheit bei, als sie Bill jetzt die Hand reichte. Portia musste definitiv noch an ihrer Vampir-Etikette arbeiten. Bill wirkte ein wenig erstaunt, schüttelte ihr aber die Hand. »Portia«, sagte er. »Andy. Ich hoffe, das alles ist Ihnen nicht zu unangenehm.«
Ich war unglaublich stolz auf Bill. Es war deutlich zu erkennen, woher Caroline Bellefleur ihre Liebenswürdigkeit hatte.
»Wenn ich gewusst hätte, woher das Geld stammt«, sagte Andy, »hätte ich es nicht angenommen.« Offenbar war er direkt von der Arbeit hierhergekommen, denn er trug noch seine ganze Ausrüstung: seine Dienstmarke, am Gürtel baumelnde Handschellen, eine Pistole im Halfter. Das machte ihn zu einer ziemlich imposanten Erscheinung, aber mit Bill konnte er trotzdem nicht mithalten, so krank dieser auch war.
»Andy, ich weiß, dass Sie kein Fan der Fangzähne sind. Aber Sie sind ein Mitglied meiner Familie, und ich weiß, dass Sie dazu erzogen wurden, Ältere zu achten.«
Andy wirkte betroffen.
»Das Geld war dazu da, um Caroline glücklich zu machen, und diesen Zweck hat es, glaube ich, auch erfüllt«, fuhr Bill fort. »Ich habe sie noch besuchen und ihr von unserer Verwandtschaft erzählen können, und sie hat die Bibel bekommen. Jetzt werde ich Sie nicht länger mit meiner Gegenwart belästigen. Ich möchte Sie nur bitten, die Beerdigung bei Nacht abzuhalten, damit ich daran teilnehmen kann.«
»Wer hat denn je von einer Beerdigung bei Nacht gehört?«, warf Andy ein.
»Ja, das werden wir tun.« Portia klang zwar nicht gerade herzlich und einladend, aber absolut entschlossen. »Das Geld hat ihre letzten Lebensjahre zu einer sehr glücklichen Zeit gemacht. Es war ihr eine Freude, das Haus bestmöglich renovieren lassen zu können und uns die Hochzeit hier auszurichten. Und die Familienbibel ist noch das Tüpfelchen auf dem i. Vielen Dank.«
Bill nickte den beiden zu, und dann verließen wir ohne weiteres Aufheben die Villa Belle Rive.
Caroline Bellefleur, Bills Urenkelin, starb in den frühen Morgenstunden.
Bill saß auf der Beerdigung bei der Familie, die zum großen Erstaunen der Bewohner von Bon Temps in der folgenden Nacht stattfand.
Ich saß ganz hinten neben Sam.
Es war kein Anlass für großes Tränenvergießen, denn Caroline Bellefleur hatte zweifellos ein langes Leben gehabt - ein Leben nicht ohne Kummer, aber wenigstens voll glücklicher Augenblicke, die diesen wieder wettmachten. Sie hatte nur noch sehr wenige Altersgenossen, und die, die noch lebten, waren fast alle zu gebrechlich, um auf ihre Beerdigung zu kommen.
Die Trauerfeier verlief in gewohnten Bahnen, bis wir hinaus zu dem alten Friedhof fuhren, der - natürlich - keine Nachtbeleuchtung hatte. Zwar waren in der Friedhofsparzelle der Bellefleurs rund um das neue Grab Laternen aufgestellt worden, doch es war ein seltsamer Anblick. Der Priester hatte große Schwierigkeiten, seine Grabrede abzulesen, bis einer der Trauergäste seine eigene Taschenlampe direkt auf das Papier hielt.
All die hellen Lichter in der Dunkelheit erinnerten mich unangenehm an jene Nacht, in der wir Basim al Sauds Leiche ausgegraben hatten. Es war schwer, sich angemessen auf Miss Carolines Leben und Vermächtnis zu konzentrieren bei all den Spekulationen, die in meinen Gedanken
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