Vorbei: Drei Erzählungen (German Edition)
unten gerädert zu werden, bis daß die Seele vom Körper getrennt werde, und daß alsdann Euer Körper auf dem Rade ausgestellt werden soll.»
Es heißt, nach dem ersten Schrecken habe Arcangeli wegen der Hinrichtungsart gerast, dann aber, dank des religiösen Eifers dessen, der bestimmt war, ihm beizustehen, sich darein ergeben.
Der Städtische Bargello Zanardi berichtete dem Gericht am 21. Juli über die Vollstreckung des Urteils am Mittwoch, 20. Juli:
«Es geschah gegen 10 Uhr morgens auf einem hohen Gerüst auf dem öffentlichen Platz gegenüber der Osteria Grande, und zwar derart, daß er vom Henker lebend gerädert wurde, von oben beginnend nach unten. Darauf wurde sein Leichnam an den Maina genannten Ort gebracht und dort auf einem hohen Rade ausgesetzt, wo er bleiben soll bis zu seinem Verfall. So ist es.»
CONCERT SPIRITUEL
I.
Sommer 1773. Unweit des St.-Martins-Klosters zu Mönchsdeggingen, mitten im Wald, unter einem Baum liegend ein verzweifelter Mann.
Die Jagdgesellschaft des Fürsten Kraft Ernst zu Oettingen-Wallerstein fand ihn. Man brachte ihn nach Wallerstein.
Der Mann, nachdem er sich einigermaßen erholt, antwortete auf die Frage, woher er komme: «Aus Babenhausen.»
Was er dort getan.
«Gespielt, in der Hofkapelle des Grafen Fugger.»
Welches Instrument er spiele.
«Kontrabaß.»
Wo er die Musik erlernt.
«Im Jesuitenseminarium.»
Wo.
«Zu Prag.»
Was er im Wald bei Mönchsdeggingen …
«Vom Kloster St. Martin gekommen.»
Was er im Kloster gewollt.
«Eine Gabe erbitten.»
Woher er stamme.
«Aus Böhmen.»
Wie er heiße.
«Antonio Rosetti.»
Wohin er gewollt.
«Nach Wallerstein.»
Da sei er.
Hat Rosetti gesagt: «Ich wünsche nichts sehnlicher als ein Mitglied der Hofkapelle zu werden.»?
Hat wer geantwortet: «Da Sie fremd für uns sind, müssen Sie sich vom Kapellmeister prüfen lassen.»?
Hat das der Intendant der Hofmusik, Herr Ignaz Beecke, gesagt? Oder gar der Kabinett-Sekretär des Fürsten, Herr Hofrat Chamot?
Seit September gehörte Rosetti zur Livrée des fürstlichen Hofes und spielte in der Hofkapelle. Mittellos war er nicht mehr, aber gutgestellt konnte er sich nicht nennen. Rosetti war 23 Jahre alt und sein Kopf voller Musik. Er wollte komponieren.
Jemand in Wallerstein sagte zu Rosetti: Daß er zuvor am Fuggerhof in Babenhausen gespielt, das habe sich herumgesprochen. Wo aber sei er gewesen, ehe er nach Babenhausen …
«In Rußland.»
«In Rußland?!»
«Bei dem Russisch Orlowschen Regiment.»
Nur das.
Nicht, ob er dort Regimentsmusikus gewesen oder als Compositeur.
Nicht bei welchem Orlow. Bei Grigorij Grigorjewitsch Orlow, Günstling Katharinas II., oder bei Alexej Grigorjewitsch Orlow, welcher den Mann Katharinas, Peter III., erdrosselt hatte? Oder bei welchem Orlow.
Auch nichts über den Weg nach Rußland.
Im Jahr darauf, da Rosetti hofamtlich erstmals als Musikus der Hofkapelle geführt worden war, kamen böhmische Landsleute nach Wallerstein, sämtlich vorzügliche Instrumentalisten. Die Begrüßung lebhaft, freudig:
Der Violinist Anton Janitsch, nur wenig jünger als Rosetti, wurde erster Geiger. Der Oboist, Cellist und Gambist Josef Fiala, wenig älter als Rosetti, Komponist, aus Lochovice in Mittelböhmen. Und Joseph Reicha, wenig jünger als Rosetti, Komponist, aus Chudenice in Westböhmen.
Ob Graf zu Oettingen-Wallerstein, jetzt erblicher Reichsfürst, ahnte, wen er mit Rosetti gewonnen hatte?
Oft aß Rosetti beim Wallersteiner Gastwirt Johann Neher zu Mittag. Das Essen servierte ihm die Gastwirtstochter Rosina. Auch abends, wenn er manchmal ein Glas Wein trank, sah er sie. Sie gefiel ihm.
Rosina mochte den kleinen, hageren, kindlich guten Mann sehr. Er war anders als andere Gäste. Ihm konnte sie ohne Scheu sagen, wie gern sie schöne Lieder singe.
Rosetti und Rosina heirateten im Januar 1777. Im April kam ihre Tochter Rosina Theresia zur Welt.
Anfang Dezember verließ der Hornist Johann Nisle die Wallersteiner Hofkapelle. Der Fürst überwies Rosetti ab Dezember die Besoldung des abgegangenen Nisle, 400 Gulden Jahresgehalt.
Im Herbst 1781 ließ der Hof Rosetti sagen, er möge sich zu einer Reise nach Paris bereiten.
«Paris?»
Paris.
«Ich freue mich!» sagte Rosettis Frau. «Die erste Reise nach deinem Aufenthalt in Ansbach, von dem du mir erzählt hast.»
«Da war ich drei Wochen am Hof des Markgrafen.»
«Jetzt belohnt dich der Fürst für deine Arbeit mit einer
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