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Vorbei: Drei Erzählungen (German Edition)

Vorbei: Drei Erzählungen (German Edition)

Titel: Vorbei: Drei Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Schädlich
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Stock in Zimmer Nr.   10 neben meinem Zimmer Nr.   9, aßen wir gemeinsam, mittags an der Table d’hôte, abends in meinem Zimmer. Wir gingen miteinander spazieren, und zwei- oder dreimal am Tag tranken wir im Kaffeehaus Kaffee. Dann passierte mir das, was mir passiert ist.›
    Was das sei.
    Er sagte: ‹Heute vor einer Woche, gegen neun oder zehn Uhr morgens … Ich griff zum Messer, das ich in der Tasche trug, und stach ihn, ich weiß nicht, ob in die Brust oder tiefer, und ich weiß auch nicht, wieviel Wunden ich ihm zufügte, und weil der Kellner ins Zimmer gekommen war, verließ ich es in völliger Verwirrung, nur in Hemdsärmeln, ohne Hut auf dem Kopf, ohne Rock, nur mit einer seidenen himmelblauen Weste, und floh aus der Stadt.›»
    Der Kriminalaktuar Johann Veit Piechel von Ehrenlieb notierte: «Triest, den 24. Juni; im Kriminalgericht kam das gnädige Dekret der Hohen Kaiserlich-Königlichen Zivilstatthalterschaft der Stadt und des Hafens von Triest an: ‹Da es dieser Statthalterschaft obliegt, darüber … zu wachen, daß die rächende Gerechtigkeit mit aller Exaktheit und Schnelligkeit verwaltet werde, besonders in den Fällen, die die öffentliche Sicherheit angehen, und man Francesco Arcangeli, notorischen Mörder des Herrn Gioanni Winckelmann, in der Gewalt hat, und da in jeder Hinsicht zu fordern ist, daß der gegen diesen bereits begonnene Prozeß mit der größtmöglichen Eile fortgeführt werde, wird der Herr Kriminalrichter beauftragt, mit allen Kräften auf die schnelle Fortführung desselben bedacht zu sein, wobei alle anderen Fälle von geringerer Bedeutung einstweilen beiseite gestellt werden. Damit man den täglichen Fortschritt desselben wirklich erkennen möge, wird der Kriminalaktuar die Pflicht haben, täglich dieses Amt mündlich zu unterrichten, was an demselben getan wurde, damit in jedem Falle jedem, der es erwartet, Rechnung gelegt werden könne.›»
    Dieser Befehl der Statthalterschaft war gerichtet an den Edlen und Hochgelehrten Herrn Domenico Sacchi, beider Rechte Doktor und Kriminalrichter in Triest, und war unterzeichnet von Giuseppe Cerchei und Antonello Felice Graf von Frankolsberg.
    Der Kriminalaktuar notierte noch, der gnädige Befehl der Statthalterschaft werde ausgeführt werden.
    In der Folge vernahm das Gericht Franz Pauer, Diener eines Leutnants der Ingenieurtruppen, welcher in der Osteria Grande wohnte.
    «Er sagte aus: ‹Am Morgen des 8. Juni war ich in meinem Zimmer in der Osteria. Gegen zehn Uhr bemerkte ich Unruhe im ersten Stock, und zwar im Treppenhaus. Ich lief hin und sah den Herrn aus Zimmer Nr.   10 blutüberströmt am Treppengeländer stehen. Er preßte die rechte Hand auf seine Brust, mit der linken umklammerte er das Geländer. Ich sah, daß er eine Schlinge um den Hals hatte; das blutige Ende der Schlinge hing ihm auf die Brust. Der Fremde sah aus, als fiele er im nächsten Moment zu Boden. Ich ging zu ihm hin und stützte ihn. Leute standen da und starrten auf den Verletzten, aber keiner half, auch die Mägde taten nichts. Da kam der Chirurgus, der Benedetto genannt wurde, er nahm den anderen Arm des Fremden. Es kam auch jemand anderes und nahm dem Verletzten die Schlinge vom Hals. Jetzt brachten wir ihn in sein Zimmer und setzten ihn auf das Kanapee. Der Chirurgus öffnete dem Verletzten das blutbefleckte Hemd und wusch ihm die Brust. Aber aus den Wunden strömte das Blut. Ich ging aus dem Zimmer zu meinem Herrn.›»
    «Dem Zeugen Franz Pauer zeigte man im Kerker den Häftling Francesco Arcangeli, und Pauer sagte, das sei der Mann, der im Zimmer Nr.   9 gewohnt habe.»
    «Vor Gericht erschien Joseph Sutter, Diener des Herrn Baron de Ceschi, der in der Osteria Grande wohnte.
    Joseph Sutter sagte: ‹Ich bediente gerade meinen Herrn und ging auf den Treppenabsatz, um in der Küche Wasser zu holen. Plötzlich sah ich den italienischen Fremden, der im zweiten Stock im Zimmer Nr.   9 wohnte. Er lief wie wild treppab, in Hemdsärmeln, nur mit Weste, ohne Hut; sein Hemd war auf der Brust mit Blut befleckt.
    Gleich nach ihm kam der Kellner Andreas die Treppe herunter. Und etwas später der andere Fremde aus Zimmer 10. Sein Hemd war vollgeblutet.
    Ich ging in das Zimmer meines Herrn und erzählte ihm das. Mein Herr befahl mir, wieder auf den Treppenabsatz zu gehen und nachzusehen, was geschieht.
    Ich sah den Fremden aus Zimmer Nr.   10 am Treppengeländer lehnen, das Blut lief ihm von der Brust und von den Hüften. Außerdem hing ihm irgend etwas

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