Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)
es war das erste Mal seit Monaten, dass ich durchschlief.
Kapitel sechsundzwanzig
Devin schlief neben mir, und ich glitt vorsichtig aus dem Bett, um ihn nicht zu wecken, hob das T-Shirt von letzter Nacht auf, das ich auf den Boden geworfen hatte, und ging ins Bad. Dann schlich ich in die Küche und suchte nach Essen, aber ich fand nur eine Schachtel alter Cornflakes, Reste von einem chinesischen Essen, zwei Eier und hartes Brot.
Großartig.
Ich glaube, erst da wurde mir klar, wie viel Zeit ich in der Stadt verbrachte. Ich benutzte meine Wohnung nur noch, um zu schlafen oder mich umzuziehen. Ich hatte mir immer weisgemacht, dass es billiger wäre, auf Long Island zu leben als in Manhattan oder Brooklyn, aber wenn ich mir die Kosten fürs Pendeln und Essen ansah, war es wohl eher andersherum. Aber der eigentliche Grund, aus dem ich nach Long Island gezogen war, als ich wieder zurückgekommen war, war ein anderer: Die Stadt machte mir Angst. Obwohl ich in New York geboren war, gehörte ich doch nie richtig dorthin. Jedenfalls dachte ich das.
Was sollte ich tun? Sollte ich ihm eine Nachricht schreiben und schnell ein paar Bagels kaufen gehen? Sollte ich warten, bis er aufwachte, sodass wir zusammen frühstücken gehen konnten? Sollte ich ihn wecken? Oder schlafen lassen?
Ich erwischte mich bei dem Wunsch, wir hätten bei ihm und nicht bei mir zusammen geschlafen – dann hätte ich mich leichter davonmachen können.
Leichter davonmachen können!
Ich fragte mich, warum ich immer zu fliehen versuchte, wenn es um Devin ging. Oder tat ich das bei allen Männern?
Doch die dringlichere Frage war die, ob ich Sam nun betrogen hatte. Als ich Ja zu dem Job an der Uni von Northampton gesagt hatte, war das auch ein Ja für eine ernsthafte Beziehungmit Sam. Doch da ich noch nicht umgezogen war und Sam und ich noch nicht zusammen geschlafen hatten, konnte ich da nicht sagen, dass der
ernsthafte
Teil unserer Beziehung noch nicht begonnen hatte? Es war noch nicht offiziell, oder anders gesagt, es gab keinen Vertrag. Hatte die Nacht mit Devin etwas an meinen Wünschen verändert? Aber selbst wenn Sam nicht in mein Leben getreten wäre, hätte ich die neue Stelle angenommen. Ich war bereit, weiterzuziehen. Ich brauchte das. Das hatte ich Devin bei
Junior’s
zu erklären versucht.
Das Lämpchen des Anrufbeantworters blinkte, Sams Nachricht wartete auf mich. Ich hörte sie nicht ab. Ich könnte ihm sagen, dass ich die Nacht bei Maggie verbracht hatte, dachte ich. Oder sollte ich ihm von Devin erzählen? Bisher hatte ich ihm noch nichts von Devin gesagt, nur hier und da mal diesen Freund von mir erwähnt. Sam hatte mich einmal gefragt, ob dieser Freund schwul wäre. Als ich es verneinte, fragte er mich, ob er sich deswegen Sorgen machen müsse.
»Nicht mehr«, hatte ich geantwortet.
Er hatte versucht, mehr zu erfahren, aber ich war nicht darauf eingegangen, und so ließ er das Thema fallen.
Nein, offiziell waren wir nicht zusammen, beschloss ich. Und wenn er mich nicht fragte, dann würde ich ihm nichts sagen.
Wem wollte ich etwas vormachen?
Ich überlegte es mir anders. Die Tage des Vortäuschens waren vorbei.
Vielleicht hatten Maggie und Jayce ja recht, vielleicht liebte ich beide Männer.
Ich saß auf meinem Sofa und dachte darüber nach, als Devin, gähnend und sich am Kopf kratzend, hereinkam. Er trug die Hose vom Vortag und hatte das Hemd noch nicht zugeknöpft. Er sah ziemlich fertig aus.
»Morgen«, sagte er und riss mich aus meinen Gedanken.
»Hey, Dev.«
Wir schienen beide wie angewachsen, wir wussten nicht, was wir sagen sollten oder wie das Protokoll für einen Callboy und seine Freundin, mit der er das erste Mal Sex gehabt hatte, lautete. Schließlich stand ich auf.
»Wie geht es dir?«, fragte ich ihn und wünschte mir schon im selben Moment, ich hätte nicht nachgefragt.
»Geht so.«
»Wie hast du geschlafen?«
»Tierisch gut.«
»Gut.« Ich wusste, dass er mich küssen wollte. Und ehrlich gesagt, wollte ich das auch. Aber keiner von uns unternahm den ersten Schritt.
»Tja, ich habe nicht wirklich etwas zum Frühstücken«, sagte ich. »Ich könnte dir vielleicht ein paar Rühreier machen oder etwas Chop-Suey aufwärmen. Oder wir gehen etwas essen, wenn du möchtest.«
»Ich sollte wahrscheinlich nach Hause gehen – in mein Elternhaus, meine ich.«
»Bist du sicher?«
»Ja. Ich will nicht, dass meine Mom jetzt ganz alleine ist.«
»Okay. Ich ziehe mich an, und dann bringe ich dich
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