Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)
David, du hast Talent. Du kannst mehr. Du kannst … und wein bloß nicht, Junge. Ich sage das nur, weil jetzt plötzlich alles einen Sinn ergibt. Du Hurensohn, was für ein Scheiß, dir all die richtigen Antworten geben zu wollen, bevor ich krepiere. Was für ein Scheiß.«
All das brachte er zwischen keuchenden Atemzügen und Morphin-Nickerchen hervor. Ich musste lachen, um meine Tränen zu verbergen.
»Hör lieber auf zu fluchen, Dad, sonst lassen sie dich nicht rein.«
»Zur Hölle mit ihnen.«
Mein Vater verzog sein Gesicht vor Schmerz, den er nicht mehr verbergen konnte.
Mitten in seinem stummen Schrei brachte ich die Worte hervor, als er meine Hand drückte, um den Schmerz zu lindern und zu vermeiden, vor Schwäche zu weinen.
»Ich liebe dich, Dad«, sagte ich. Zum Glück habe ich es gesagt.
Er keuchte nach Luft. »Ich liebe dich auch, David. Habe es immer getan.«
Als sie ankam, kannte sie niemanden, und als sie ging, küsste sie alle. Onkel Larry flüsterte mir zu: »Ich weiß nicht, wo du sie gefunden hast, aber sie ist ein echtes Juwel.« Ich schüttelte den Kopf und lachte,als ich mir den Tag in Erinnerung rief und mir vorstellte, wie ich das erzählen könnte. Ein Juwel, in der Tat. Jetzt, im Auto, sah ich ihr beim Fahren zu, sie gab sich dem Tag völlig hin, ich sah ihr gewelltes Haar und ihre glimmenden Augen, die sich in der Stille des Autos und hinter der Dunkelheit der Fenster bewegten. Wir unterhielten uns kaum, aber sie sah mich herzlich an, so wie sie es in der Kirche getan hatte und mit Meredith. Diese grünblauen Murmeln und langen Wimpern nahmen mich mit ihrer Wärme gefangen. Ich fragte mich, ob Frauen sich so fühlten, ob sie so von Männern nach dem Sex vereinnahmt werden wollten, ob sie so mit all ihrer Liebe und in aller Geborgenheit umarmt werden wollten, um die Berührung, nichts als die Berührung zu verspüren. Wie fühlt es sich an? Meinen sie das, wenn sie sagen: »Komm in mich hinein?« Ich musste es einfach wissen.
In der Nacht legte ich mich ins Bett neben sie, atmete den Duft ihrer Haut ein, und einen Moment war ich ganz benommen vor Scheu. Sie roch so gut nach Lavendel und Vanille. Ich hatte schon vorher Nächte mit ihr auf der Couch verbracht, und ich wusste, dass sie immer dem Drang, sich an mich zu kuscheln, widerstehen musste. Jetzt war ich derjenige, der diesen Drang bekämpfte, und ich bebte innerlich. Was war mit mir los? Sollte ich auf dem Sofa schlafen und riskieren, ihre Gefühle zu verletzen? Aber sie würde es sicherlich verstehen. Schließlich war mein Vater gerade gestorben. Niemand erwartete von mir, dass ich mich verhielt, als wäre alles normal, als wäre alles wie immer. Wir sind nie ein Paar gewesen. Ich musste sie immer daran erinnern, wenn sie mir zu tief in die Augen sah, mir fast automatisch durch die Haare strich oder versuchte, mich zu küssen. Verguck dich nicht in mich, Andi, habe ich am ersten Tag zu ihr gesagt. Aber ich wusste, dass es um sie geschehen war, als ich ihr warme Luft hinters Ohr blies und wir uns schließlich küssten, und als ich in sie eindrang. Ich gestand es mir nur nicht ein. Für mich war es alles Teil meiner Arbeit. Auch wenn wir lange Spaziergänge im Park unternahmen und uns stundenlang durch den riesigen Spielzeugladen
Schwartz
treiben ließen. Auch wenn sieunheimlich gerne Thelonious Monk hörte, auch wenn sie mir etwas anderes gab als Geld. Etwas, das viel …
Wir sagten wenig, und als sie das Licht löschte, fühlte ich mich plötzlich allein und hatte Angst. Ohne Vorwarnung begann ich plötzlich in der Dunkelheit unkontrollierbar zu schluchzen, und nur Sekunden später spürte ich Andis weiche Berührung wie einen Seidenschal auf meiner Schulter, und dann beugte sie sich vor und flüsterte: »Es ist in Ordnung.« Und in dem Moment weinte ich nicht mehr nur, weil ich meinen Vater verloren hatte, sondern auch über meine verlorene Kindheit, über die fehlende Zuneigung und über die Entfremdung, die durch die Leere all dieser Jahre widerhallte.
Er hatte mich doch geliebt.
Sie war noch immer über mich gebeugt, streichelte meine Haare und beschützte mich, wie Bäume Kindern in einem Sturm Schutz gewährten. Ich liebe es, wenn sie mit den Finger durch meine Haare streicht.
Eine große Ruhe überkam mich, und mir wurde sehr warm. In der Nacht liebten wir uns, und es fühlte sich so an, als wäre es mein erstes Mal. Später schliefen wir friedlich unter der weichen Decke. Sie hielt mich die ganze Nacht im Arm;
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