Vorkosigan 01 Die Quaddies von Cay Habitat
Untergebenen antisoziales Verhalten zu lehren, dann brauchten wir uns nicht mit dessen Folgen befassen.«
»Ich weiß nicht, worüber Sie jammern. Ich bin ein leitender Angestellter. Es ist meine Aufgabe, streng zu sein. Deshalb hat GalacTech mir die Leitung dieser orbitalen Geldschluckanlage übertragen. Für Verhaltenssteuerung ist Ihre Abteilung verantwortlich, Yei, zumindest haben Sie das behauptet. Also tun Sie Ihren Job.«
»Verhaltensformung«, korrigierte Dr. Yei frostig.
»Was ist, zum Teufel, der Nutzen davon, wenn das Verhalten in dem Augenblick zusammenbricht, wo es ernst wird? Ich möchte etwas haben, was die ganze Zeit funktioniert. Wenn Sie ein Inge91
nieur wären, dann würden Sie nicht an den Zuverlässigkeitsprüfungen vorbeikommen. Stimmt’s, Leo?«
Leo rupfte den Stengel eines Bohnenblattes ab und lächelte kühl.
Seine Augen funkelten. Er mußte an seiner Antwort herumgekaut haben, jedenfalls schluckte er etwas hinunter.
Silver faßte einen einfachen Plan. So einfach, daß sie ihn gewiß ausführen würde. Sie brauchte lediglich nichts zu tun. Nichts tun, nichts sagen; schließlich mußte die Krise vorübergehen. Man konnte ihr körperlich nichts anhaben, letztlich war sie wertvolles Eigentum von GalacTech. Alles andere war bloßes Tamtam. Sie ließ sich in die Sicherheit des Dingseins versinken, und in eisernes Schweigen.
Das Schweigen wurde bedrückend. Sie erstickte fast daran.
»Also«, zischte Van Atta sie an, »so möchtest du es gern haben.
Sehr schön. Deine Entscheidung.« Er wandte sich an Yei. »Haben Sie auf der Krankenstation etwas wie Schnell-Penta, Doktor?«
Yei kräuselte ihre Lippen. »Schnell-Penta ist nur für die Polizei legal, Mr. Van Atta.«
»Braucht man nicht auch einen Gerichtsbeschluß, um es anzuwenden?«, fragte Leo und blickte dabei nicht von dem Bohnenblatt auf, das er zwischen seinen Fingern drehte.
»Bei Staatsbürgern, Leo. Die«, Van Atta zeigte auf Silver, »ist keine Staatsbürgerin. Wie steht’s, Doktor?«
»Um Ihre Frage zu beantworten, Mr. Van Atta, nein, unsere Krankenstation hat keine illegalen Drogen vorrätig!«
»Ich habe nicht von Schnell-Penta gesprochen. Ich habe gesagt, etwas wie Schnell-Penta«, sagte Van Atta gereizt. »Eine Art An
ästhetikum oder so etwas, was man in einer Notlage einsetzt.«
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»Befinden wir uns denn in einer Notlage?«, fragte Leo in einem sanften Ton und drehte dabei immer noch sein Blatt; es begann schon auszufransen. »Pramod springt für Tony ein, und sicher kann eines der anderen Mädchen mit einem Baby Claires Rolle übernehmen. Woher sollte die Vizepräsidentin den Unterschied wissen?«
»Wenn es damit endet, daß wir zwei unserer Arbeiter unten auf dem Planeten von der Straße wegkratzen müssen…«
Silver zuckte bei diesem Echo ihres eigenen grausigen Szenarios zusammen. »… oder sie hier oben irgendwo draußen entdecken, wie sie trockengefroren dahinschweben, dann wird es verdammt hart sein, das vor ihr zu verbergen. Sie sind der Frau noch nicht begegnet, Leo. Sie hat eine Nase für Probleme wie ein Wiesel.«
»Mm«, sagte Leo.
Van Atta wandte sich wieder Yei zu. »Wie steht’s, Doktor? Oder wollen Sie lieber warten, bis jemand uns anruft und fragt, was mit den Leichen geschehen soll?«
»IV Thalizin-5 ist ein bißchen wie Schnell-Penta«, murmelte Dr.
Yei widerstrebend, »in bestimmten Dosierungen. Ihr wird jedoch einen Tag lang davon schlecht sein.«
»Das ist ihre Entscheidung.« Er drehte sich zu Silver um. »Deine letzte Chance, Silver. Ich habe es satt. Ich verabscheue Illoyalität.
Wohin sind sie gegangen? Sag es mir, oder du bekommst jetzt gleich die Nadel.«
Silver wurde endlich aus dem Dingsein zu einem schmerzhafteren, aktiveren menschlichen Mut angetrieben. »Wenn Sie mir das antun«, flüsterte sie mit verzweifelter Würde, »dann ist es aus zwischen uns.«
Van Atta kochte vor Empörung. »Aus zwischen uns? Du und
deine kleinen Freunde verschwören sich, meine Karriere vor den 93
hohen Tieren der Firma zu sabotieren, und du sagst mir, daß es zwischen uns aus ist? Du hast verdammt recht damit, daß es aus ist zwischen uns.«
»GalacTech-Sicherheitsdienst, Shuttlehafen Drei, Captain Bannerji am Apparat«, sagte George Bannerji an seiner Komkonsole sein Sprüchlein auf. »Kann ich Ihnen helfen?«
»Sind Sie dort verantwortlich?«, begann der gutgekleidete Mann im Vid abrupt. Er kämpfte sichtlich mit starken Emotionen und atmete schnell. An seiner verkrampften
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