Vorkosigan 01 Die Quaddies von Cay Habitat
Kinnbacke zuckte ein Muskel.
Bannerji nahm die Füße von seinem Schreibtisch und lehnte sich vor. »Jawohl, Sir.«
»Ich bin Bruce Van Atta, Chef des Projekts auf dem Habitat.
Identifizieren Sie meine Stimme, oder was Sie sonst zur Prüfung machen.«
Bannerji setzte sich aufrecht hin und tippte den Prüfcode ein; einen Moment lang blinkte das Wort ›Freigegeben‹ über Van Attas Gesicht. Bannerji setzte sich noch aufrechter hin. »Jawohl, Sir, fahren Sie fort.«
Van Atta stockte, als suchte er nach Worten, dann sprach er langsam, obwohl sich hinter seinem angespannten Gesicht die Gedanken zu drängeln schienen. »Wir haben hier ein kleines Problem, Captain.«
In Bannerjis Kopf leuchteten rote Lichter auf und heulten Sirenen los. Er hatte einen Riecher für eine Untertreibung, mit der jemand einen Schlamassel zu vertuschen suchte. »So?«
»Drei unserer… ah… Versuchsobjekte sind aus dem Habitat
entkommen. Wir haben ihre Mitverschwörerin verhört und glauben daher, daß sie mit dem Shuttleflug B119 abgehauen sind und 94
sich jetzt irgendwo im Shuttlehafen Drei verborgen halten. Es ist von äußerster Dringlichkeit, daß sie eingefangen und so schnell wie möglich zu uns zurückgebracht werden.«
Bannerjis Augen weiteten sind. Die Firma hielt Informationen über das Habitat streng geheim, aber niemand konnte längere Zeit auf Rodeo arbeiten, ohne zu erfahren, daß dort oben, sorgfältig isoliert, gewisse genetische Experimente an Menschen vorgenommen wurden. Neue Mitarbeiter brauchten gewöhnlich etwas länger, um zu merken, daß die alten Hasen mit den exotischeren Monstergeschichten, die sie erzählten, ihre Leichtgläubigkeit verulkten. Bannerji war vor etwa einem Monat nach Rodeo versetzt worden.
Die Worte des Projektleiters dröhnten durch Bannerjis Kopf.
Entkommen. Eingefangen. Verbrecher entkommen. Gefährliche Zootiere entkommen, wenn ihren Wärtern eine Panne unterläuft, und dann bekommen ein paar arme Trottel von Polypen die Aufgabe, sie wieder einzufangen. Gelegentlich sind auch schon schreckliche biologische Waffen entkommen. Womit hatte er es, verdammt noch mal, zu tun?
»Woran können wir sie erkennen, Sir? Sehen sie«, Bannerji
schluckte, »wie menschliche Wesen aus?«
»Nein.« Van Atta konnte offensichtlich das Entsetzen in Bannerjis Gesicht erkennen, denn er schnaubte ironisch. »Sie werden sie ohne Schwierigkeiten erkennen, das versichere ich Ihnen, Captain. Und wenn Sie sie finden, dann rufen Sie mich sofort unter meinen Privatcode an. Ich möchte nicht, daß diese Geschichte über öffentliche Kanäle geht. Halten Sie es um Himmels willen unter der Decke, verstanden?«
Bannerjis Phantasie malte sich eine öffentliche Panik aus. »Jawohl, Sir. Vollkommen verstanden.«
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Seine eigene Panik war eine Privatangelegenheit. Das üppige Gehalt, das er bekam, würde es nicht geben, wenn der Sicherheitsdienst nur in ausgedehnten Kaffeepausen und angenehmen Abendspaziergängen um völlig menschenleere Grundstücke bestünde. Er hatte immer gewußt, daß einmal der Tag kommen würde, an dem er sich sein Geld verdienen müßte.
Mit einem grimmigen Kopfnicken beendete Van Atta das Gespräch. Bannerji ließ über die Komkonsole seinen Untergebenen aufrufen, ebenso seine beiden dienstfreien Leute. Bei einer Sache, die führende Leute ins Schwitzen brachte, sollte ein erst kürzlich beförderter Sicherheitsmann besser keine Risiken eingehen.
Er öffnete den Waffenschrank und holte Betäuber und Halfter für sich und sein Team heraus. Nachdenklich wiegte er einen Betäuber in der Hand: ein leichtes, kleines, harmlos scheinendes Ding, fast ein Spielzeug. Bei Waffen wie dieser riskierte GalacTech keine Prozesse wegen verirrter Schüsse.
Bannerji blieb einen Moment lang stehen, dann wandte er sich zu seinem Schreibtisch und öffnete die Schublade mit seinem persönlichen Handflächenschloß. In einer eigenen verschlossenen Schachtel ruhte die nichtregistrierte Pistole; das Schulterhalfter war wie eine schlafende Schlange darumgerollt. Als Bannerji das Halfter angelegt und seine Uniformjacke wieder zurechtgerückt hatte, fühlte er sich viel besser. Entschlossen schickte er sich an, seine Wachleute zu begrüßen, die sich zum Dienst meldeten.
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KAPITEL 5
Vor den Türen der Krankenstation des Habitats hielt Leo an, um seine Nerven zu sammeln. Er war insgeheim erleichtert gewesen, als ein verzweifelter Anruf von Pramod ihn, der innerlich zitterte, von Silvers qualvollem Verhör wegrief,
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